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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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könte, indem den ersteren expresse & in totum, in selbigen negirte: überdas der Ethnicus a Christiano, der Philosophus a Theologo: von einander gantz genau abgesondert bleiben müsten; beurlaubte mich von denen Herrn Scholarchen mit einer geziemenden Ergebenheit und reiterirter Bitte: keine wiedrige Impressiones von mir und meiner Schrifft, weiter zu hegen, sondern mich wie einen standhafftigen Lutheraner; das Tractätchen aber, wie freymüthige Gedancken eines Heydnischen Philosophi, mit serieusen Erwegungen zu betrachten und denen odieusen Inculpationen kein Gehör zu vergönnen.

Nun hätte ich verhoffet, daß diese redliche Erklährung und naive Explication meiner Absicht, welche bey Druckung dieses Philosophischen Tractätgens intendiret: den löblichen Stadt-Magistrat und die Geistlichkeit zu Frieden würde gesprochen haben; die Consideration, daß ein jeder der beste Dollmetscher seiner Worte, Schrifften und Gedancken sey: auch einer gethanen Bekäntniß so lange guter Glaube beyzumessen; biß das Gegentheil durch unumstößliche Proben erhärtet werden könne: Cum quilibet uti bonus Vir, ita & Christianus verus praesumatur esse, donec per Testimonia sole meridiano clariora, contrarium in fide & maxime in vitae genere probetur.

Ich muste aber, nach Ablauff weniger Tagen, zu meiner Disconsolation vernehmen, wie ich nicht allein auf eine unchristliche und recht heydnische Art, von den Cantzeln verfolget, und nebst dem Tractätchen in einen öffentlichen Kirchen-Bann gleichsam, durch anzügliche Expressionen, erkläret würde: sondern endlich gar erfahren; daß, nachdem ein Hochedler Rath, ihren Zeugschreiber zwo mahl an mich gesand hätten, in dero Nahmen mir etwas zu hinterbringen, selbiger mich aber nicht zu Hause gefunden: Das sub B. angeschlossene Consilium abeundi meinem Herrn Hospiti eingeliefert wäre worden, mir es bey meiner Heimkunfft zu insinuiren.

So bald solches erhalten, habe mit der raisonablen Welt mich zwar ungemein über dieses Procedere verwundern müssen: so fort aber auch (obgleich es gar nicht difficil mir hätte fallen sollen, erwehntes Consilium Abeundi, per implorationem protectionis potentiorum zu eludiren) die Resolution, aus gewissen Ursachen, sonderlich aber wegen der mir zu kurtz praefigirten Zeit, genommen: um dem angedroheten Schimpf so wohl, als dem Odio Politico & Theologico zu entgehen: mich auff eine Zeitlang, wiewohl jure meo per omnia & in omnibus salvo, aus der Stadt zu begeben.

Weil aber durch dieses ungemein hartes, illegitimes, übereiltes und passionirtes Verfahren des Magistrats und der Priesterschafft, da sie

1) weder auff meine Person und den, wegen vormahliger Fürstlichen Dienste, führenden Character: noch

2) auff die vernünfftige oben bereits angeführte Declaration meiner Philoso-

könte, indem den ersteren expresse & in totum, in selbigen negirte: überdas der Ethnicus a Christiano, der Philosophus a Theologo: von einander gantz genau abgesondert bleiben müsten; beurlaubte mich von denen Herrn Scholarchen mit einer geziemenden Ergebenheit und reiterirter Bitte: keine wiedrige Impressiones von mir und meiner Schrifft, weiter zu hegen, sondern mich wie einen standhafftigen Lutheraner; das Tractätchen aber, wie freymüthige Gedancken eines Heydnischen Philosophi, mit serieusen Erwegungen zu betrachten und denen odieusen Inculpationen kein Gehör zu vergönnen.

Nun hätte ich verhoffet, daß diese redliche Erklährung und naive Explication meiner Absicht, welche bey Druckung dieses Philosophischen Tractätgens intendiret: den löblichen Stadt-Magistrat und die Geistlichkeit zu Frieden würde gesprochen haben; die Consideration, daß ein jeder der beste Dollmetscher seiner Worte, Schrifften und Gedancken sey: auch einer gethanen Bekäntniß so lange guter Glaube beyzumessen; biß das Gegentheil durch unumstößliche Proben erhärtet werden könne: Cum quilibet uti bonus Vir, ita & Christianus verus praesumatur esse, donec per Testimonia sole meridiano clariora, contrarium in fide & maxime in vitae genere probetur.

Ich muste aber, nach Ablauff weniger Tagen, zu meiner Disconsolation vernehmen, wie ich nicht allein auf eine unchristliche und recht heydnische Art, von den Cantzeln verfolget, und nebst dem Tractätchen in einen öffentlichen Kirchen-Bann gleichsam, durch anzügliche Expressionen, erkläret würde: sondern endlich gar erfahren; daß, nachdem ein Hochedler Rath, ihren Zeugschreiber zwo mahl an mich gesand hätten, in dero Nahmen mir etwas zu hinterbringen, selbiger mich aber nicht zu Hause gefunden: Das sub B. angeschlossene Consilium abeundi meinem Herrn Hospiti eingeliefert wäre worden, mir es bey meiner Heimkunfft zu insinuiren.

So bald solches erhalten, habe mit der raisonablen Welt mich zwar ungemein über dieses Procedere verwundern müssen: so fort aber auch (obgleich es gar nicht difficil mir hätte fallen sollen, erwehntes Consilium Abeundi, per implorationem protectionis potentiorum zu eludiren) die Resolution, aus gewissen Ursachen, sonderlich aber wegen der mir zu kurtz praefigirten Zeit, genommen: um dem angedroheten Schimpf so wohl, als dem Odio Politico & Theologico zu entgehen: mich auff eine Zeitlang, wiewohl jure meo per omnia & in omnibus salvo, aus der Stadt zu begeben.

Weil aber durch dieses ungemein hartes, illegitimes, übereiltes und passionirtes Verfahren des Magistrats und der Priesterschafft, da sie

1) weder auff meine Person und den, wegen vormahliger Fürstlichen Dienste, führenden Character: noch

2) auff die vernünfftige oben bereits angeführte Declaration meiner Philoso-

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[237/0253] könte, indem den ersteren expresse & in totum, in selbigen negirte: überdas der Ethnicus a Christiano, der Philosophus a Theologo: von einander gantz genau abgesondert bleiben müsten; beurlaubte mich von denen Herrn Scholarchen mit einer geziemenden Ergebenheit und reiterirter Bitte: keine wiedrige Impressiones von mir und meiner Schrifft, weiter zu hegen, sondern mich wie einen standhafftigen Lutheraner; das Tractätchen aber, wie freymüthige Gedancken eines Heydnischen Philosophi, mit serieusen Erwegungen zu betrachten und denen odieusen Inculpationen kein Gehör zu vergönnen. Nun hätte ich verhoffet, daß diese redliche Erklährung und naive Explication meiner Absicht, welche bey Druckung dieses Philosophischen Tractätgens intendiret: den löblichen Stadt-Magistrat und die Geistlichkeit zu Frieden würde gesprochen haben; die Consideration, daß ein jeder der beste Dollmetscher seiner Worte, Schrifften und Gedancken sey: auch einer gethanen Bekäntniß so lange guter Glaube beyzumessen; biß das Gegentheil durch unumstößliche Proben erhärtet werden könne: Cum quilibet uti bonus Vir, ita & Christianus verus praesumatur esse, donec per Testimonia sole meridiano clariora, contrarium in fide & maxime in vitae genere probetur. Ich muste aber, nach Ablauff weniger Tagen, zu meiner Disconsolation vernehmen, wie ich nicht allein auf eine unchristliche und recht heydnische Art, von den Cantzeln verfolget, und nebst dem Tractätchen in einen öffentlichen Kirchen-Bann gleichsam, durch anzügliche Expressionen, erkläret würde: sondern endlich gar erfahren; daß, nachdem ein Hochedler Rath, ihren Zeugschreiber zwo mahl an mich gesand hätten, in dero Nahmen mir etwas zu hinterbringen, selbiger mich aber nicht zu Hause gefunden: Das sub B. angeschlossene Consilium abeundi meinem Herrn Hospiti eingeliefert wäre worden, mir es bey meiner Heimkunfft zu insinuiren. So bald solches erhalten, habe mit der raisonablen Welt mich zwar ungemein über dieses Procedere verwundern müssen: so fort aber auch (obgleich es gar nicht difficil mir hätte fallen sollen, erwehntes Consilium Abeundi, per implorationem protectionis potentiorum zu eludiren) die Resolution, aus gewissen Ursachen, sonderlich aber wegen der mir zu kurtz praefigirten Zeit, genommen: um dem angedroheten Schimpf so wohl, als dem Odio Politico & Theologico zu entgehen: mich auff eine Zeitlang, wiewohl jure meo per omnia & in omnibus salvo, aus der Stadt zu begeben. Weil aber durch dieses ungemein hartes, illegitimes, übereiltes und passionirtes Verfahren des Magistrats und der Priesterschafft, da sie 1) weder auff meine Person und den, wegen vormahliger Fürstlichen Dienste, führenden Character: noch 2) auff die vernünfftige oben bereits angeführte Declaration meiner Philoso-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/253>, abgerufen am 22.11.2024.