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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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auskommen wollen, wenn er gleich in der That sehr alber und absurd ist. Man muß bey wahnwitzigen Leuten, wenn man sie gewinnen will, Ihnen nicht wiedersprechen, und so gewinnet und curiret man selbige am ersten, wenn man sich Ihrer Thorheit in etwas gleich stellt, wie die bekandte Historie von der cur dessen, der sich einbildete, daß er eine Nase drey Ellen lang hätte, sattsam bezeiget.

§. III. Aber dieses ist die Rabulisterey unsers Zungendreschers nichtAbsurde allegation der Gesetze aus dem Corpore juris. alle, die er bey gegenwärtigen Handel begieng, sondern ich fand, als ich Anno 1703. die Acta davon durchgieng, noch mehr specimina davon, unter welchen diese die vornehmsten sind. Er hatte sich verleiten lassen, daß er in einer nomine der Bauren eingegebenen Schrifft auff das jüngste Gericht provociret hatte, weßhalben er nicht unbillig in dem in dieser Sache eingehohlten Urtheil mit 10. Thlr. Straffe war beleget worden. Diese Straffe nun zu vermeiden, hatte er gar ein beweglich Schreiben übergeben, darinnen er dieselbe sehr deprecirte, und zu Erhaltung seines Zwecks waren auch unter andern folgende Worte.

Ich bitte, Sie mögen consideriren, daß 1. etc. 2. quod mandatarius ex delicto non teneatur, si mandatum effectui non datum. Nun aber stehet man ja nicht in judicio extremo, den Herrn von S. zu actioniren, in Gegentheil will ich vor dessen Hoch-Adeliches Wohlseyn als ein Christ bitten.

l. 53. §. 19. de furtis & l. 53. §. 1. de V. S.

Ich bin versichert, der Leser werde sich die Zeit Lebens vorher nicht eingebildet haben, daß in diesen beyden allegirten Texten stehen solte, daß, oder wie man vor Adelicher Personen Wohlseyn Christlich bitten solle; ja ich bin versichert, er werde es auch noch, indem er die Texte auffschlägt, ja wenn er sie schon auffgeschlagen hat, nicht glauben. Zu dem so hat der allegirte lex de furtis nicht 19. paragraphos. Und wenn du auch den Advocatum entschuldigen woltest, er hätte diese allegata nur ein wenig zu weit herunter geruckt, indem sie eigentlich nach denen Worten: si mandatum effectui non datum. hätten gesetzet werden sollen, auch an statt l. 53. §. 19. de furtis l. 52. §. 19. eod. und an statt l, 53. §. 1. de V. S. l. 53. §. ult. in fine eodem gelesen werden müste, so würde doch auch diese Entschuldigung seine Tummheit nicht bedecken, indem die darinnen enthaltenen Worte die allegirte Regul nicht beweisen, vielweniger sich auf den gegenwärtigen Handel schicken, zumahlen da das formale delicti allhier eigentlich in der provocation an das jüngste Gerichte, nicht aber in Stehung für demselben oder in der daselbst angestelleten Anklage bestünde.

auskommen wollen, wenn er gleich in der That sehr alber und absurd ist. Man muß bey wahnwitzigen Leuten, wenn man sie gewinnen will, Ihnen nicht wiedersprechen, und so gewinnet und curiret man selbige am ersten, wenn man sich Ihrer Thorheit in etwas gleich stellt, wie die bekandte Historie von der cur dessen, der sich einbildete, daß er eine Nase drey Ellen lang hätte, sattsam bezeiget.

§. III. Aber dieses ist die Rabulisterey unsers Zungendreschers nichtAbsurde allegation der Gesetze aus dem Corpore juris. alle, die er bey gegenwärtigen Handel begieng, sondern ich fand, als ich Anno 1703. die Acta davon durchgieng, noch mehr specimina davon, unter welchen diese die vornehmsten sind. Er hatte sich verleiten lassen, daß er in einer nomine der Bauren eingegebenen Schrifft auff das jüngste Gericht provociret hatte, weßhalben er nicht unbillig in dem in dieser Sache eingehohlten Urtheil mit 10. Thlr. Straffe war beleget worden. Diese Straffe nun zu vermeiden, hatte er gar ein beweglich Schreiben übergeben, darinnen er dieselbe sehr deprecirte, und zu Erhaltung seines Zwecks waren auch unter andern folgende Worte.

Ich bitte, Sie mögen consideriren, daß 1. etc. 2. quod màndatarius ex delicto non teneatur, si mandatum effectui non datum. Nun aber stehet man ja nicht in judicio extremo, den Herrn von S. zu actioniren, in Gegentheil will ich vor dessen Hoch-Adeliches Wohlseyn als ein Christ bitten.

l. 53. §. 19. de furtis & l. 53. §. 1. de V. S.

Ich bin versichert, der Leser werde sich die Zeit Lebens vorher nicht eingebildet haben, daß in diesen beyden allegirten Texten stehen solte, daß, oder wie man vor Adelicher Personen Wohlseyn Christlich bitten solle; ja ich bin versichert, er werde es auch noch, indem er die Texte auffschlägt, ja wenn er sie schon auffgeschlagen hat, nicht glauben. Zu dem so hat der allegirte lex de furtis nicht 19. paragraphos. Und wenn du auch den Advocatum entschuldigen woltest, er hätte diese allegata nur ein wenig zu weit herunter geruckt, indem sie eigentlich nach denen Worten: si mandatum effectui non datum. hätten gesetzet werden sollen, auch an statt l. 53. §. 19. de furtis l. 52. §. 19. eod. und an statt l, 53. §. 1. de V. S. l. 53. §. ult. in fine eodem gelesen werden müste, so würde doch auch diese Entschuldigung seine Tum̃heit nicht bedecken, indem die darinnen enthaltenen Worte die allegirte Regul nicht beweisen, vielweniger sich auf den gegenwärtigen Handel schicken, zumahlen da das formale delicti allhier eigentlich in der provocation an das jüngste Gerichte, nicht aber in Stehung für demselben oder in der daselbst angestelleten Anklage bestünde.

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[163/0179] auskommen wollen, wenn er gleich in der That sehr alber und absurd ist. Man muß bey wahnwitzigen Leuten, wenn man sie gewinnen will, Ihnen nicht wiedersprechen, und so gewinnet und curiret man selbige am ersten, wenn man sich Ihrer Thorheit in etwas gleich stellt, wie die bekandte Historie von der cur dessen, der sich einbildete, daß er eine Nase drey Ellen lang hätte, sattsam bezeiget. §. III. Aber dieses ist die Rabulisterey unsers Zungendreschers nicht alle, die er bey gegenwärtigen Handel begieng, sondern ich fand, als ich Anno 1703. die Acta davon durchgieng, noch mehr specimina davon, unter welchen diese die vornehmsten sind. Er hatte sich verleiten lassen, daß er in einer nomine der Bauren eingegebenen Schrifft auff das jüngste Gericht provociret hatte, weßhalben er nicht unbillig in dem in dieser Sache eingehohlten Urtheil mit 10. Thlr. Straffe war beleget worden. Diese Straffe nun zu vermeiden, hatte er gar ein beweglich Schreiben übergeben, darinnen er dieselbe sehr deprecirte, und zu Erhaltung seines Zwecks waren auch unter andern folgende Worte. Absurde allegation der Gesetze aus dem Corpore juris. Ich bitte, Sie mögen consideriren, daß 1. etc. 2. quod màndatarius ex delicto non teneatur, si mandatum effectui non datum. Nun aber stehet man ja nicht in judicio extremo, den Herrn von S. zu actioniren, in Gegentheil will ich vor dessen Hoch-Adeliches Wohlseyn als ein Christ bitten. l. 53. §. 19. de furtis & l. 53. §. 1. de V. S. Ich bin versichert, der Leser werde sich die Zeit Lebens vorher nicht eingebildet haben, daß in diesen beyden allegirten Texten stehen solte, daß, oder wie man vor Adelicher Personen Wohlseyn Christlich bitten solle; ja ich bin versichert, er werde es auch noch, indem er die Texte auffschlägt, ja wenn er sie schon auffgeschlagen hat, nicht glauben. Zu dem so hat der allegirte lex de furtis nicht 19. paragraphos. Und wenn du auch den Advocatum entschuldigen woltest, er hätte diese allegata nur ein wenig zu weit herunter geruckt, indem sie eigentlich nach denen Worten: si mandatum effectui non datum. hätten gesetzet werden sollen, auch an statt l. 53. §. 19. de furtis l. 52. §. 19. eod. und an statt l, 53. §. 1. de V. S. l. 53. §. ult. in fine eodem gelesen werden müste, so würde doch auch diese Entschuldigung seine Tum̃heit nicht bedecken, indem die darinnen enthaltenen Worte die allegirte Regul nicht beweisen, vielweniger sich auf den gegenwärtigen Handel schicken, zumahlen da das formale delicti allhier eigentlich in der provocation an das jüngste Gerichte, nicht aber in Stehung für demselben oder in der daselbst angestelleten Anklage bestünde.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/179>, abgerufen am 29.03.2024.