Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Man bittet um geneigte Willfahrung, auch das Responsum wohlversiegelt ehestens aus zufertigen, weil an der Eyl gelegen, und soll dieses alles mit schuldigem Danck hinwieder erkant werden, wie dann auch nechst Göttl. empfehlung verbleibet, etc.

Beantwortung desselben cum allegatis legum & Dd.

§. IV. Nun vergleiche diesen Sempronium mit dem Menschen in ersten paragrapho, und merck wohl an, daß Sempronius ein scharffsinniges Mittel vorschlug, wie man solche unsichtbare injurianten durch den Scharfrichter citiren, und unehrlich machen lassen könne, ingleichen daß er zu uns ein grosses Vertrauen hätte, daß wir dieses heilsame Mittel genungsam mit allegatis legum & Doctorum ausspicken würden, und daß Er endlich höchst vorsichtig besorgt war, daß bey diesem Proces der Gerichtbarkeit zu Dicasteyen keine praejudiz geschähe, und dennoch der Hohen Landes-Obrigkeit Ihr gebührender respect durch diesem unerhörten und tieff ausgesonnenen Proceß nicht verletzet würde. Und ist leichte zu gedencken, daß wir über das gute Vertrauen, das man zu unserer Facultät hatte, nicht weineten, und daß wir es uns blut sauer werden, auch die Mühe wohl bezahlen liessen, unser responsum mit allegatis legum & Doctorum zu versehen. Was aber Sempronius darzu gesagt, als er unser responsum gelesen, kan ich nicht melden, denn ich kenne noch diese Stunde den lieben vornehmen Mann nicht, und noch weniger, als Er den Ihn injurirenden Passagirer kante, zumahl da ich in meiner Land-Charte nicht habe finden können, wo Adicien und Dicasteyen liege. Du kanst dich demnach selber bemühen, ob du des Sempronii Gedancken errathen könnest. Hier hastu unser Responsum, das wir in eben diesem Monat Januario des 1694. Jahrs annoch ausfertigten.

Hat Sempronius auff seinem Adelichen Guthe zu Dicasteyen das merum imperium und Macht wieder Capital delinquenten criminaliter zu verfahren, und ad poenam mortis usque zu inquiriren, massen er denn auch über dieses von vornehmen hohen Eltern gebohren, und auff seinem Guthe in renomirlichen statu, auch bey grossen Herrn in Gnaden lebet. Ist besagter Sempronius eine Zeitlang verreiset gewesen, und als er wieder zurück kommen, hat ihm sein guter Freund in geheim offenbahret, wie zu Adicien und anderswo ein Murmeln gegangen und ausgesprenget worden, daß ein Passagier auf der Post unterwegens gesaget, es hätte Sempronius eine solche schlimme That begangen, weßhalben er wohl das Land räumen oder verlassen müsse, auch hierbey noch andere, wieder Sempronii Ehre lauffende grobe injurien vorgebracht und erzehlet. Hat man von solchem Passagier und dessen Nahmen oder Herkommen, (ob man gleich nach selbigen sehr geforschet, und sich eusserst bemühet, selben zuerkundigen,) dennoch keine gewisse Nachricht erlangen können, und will derselbe berichtet seyn: Wie Sempronius contra den Unbekanten und nicht zu erforschenden diffamanten am be-

Man bittet um geneigte Willfahrung, auch das Responsum wohlversiegelt ehestens aus zufertigen, weil an der Eyl gelegen, und soll dieses alles mit schuldigem Danck hinwieder erkant werden, wie dann auch nechst Göttl. empfehlung verbleibet, etc.

Beantwortung desselben cum allegatis legum & Dd.

§. IV. Nun vergleiche diesen Sempronium mit dem Menschen in ersten paragrapho, und merck wohl an, daß Sempronius ein scharffsinniges Mittel vorschlug, wie man solche unsichtbare injurianten durch den Scharfrichter citiren, und unehrlich machen lassen könne, ingleichen daß er zu uns ein grosses Vertrauen hätte, daß wir dieses heilsame Mittel genungsam mit allegatis legum & Doctorum ausspicken würden, und daß Er endlich höchst vorsichtig besorgt war, daß bey diesem Proces der Gerichtbarkeit zu Dicasteyen keine praejudiz geschähe, und dennoch der Hohen Landes-Obrigkeit Ihr gebührender respect durch diesem unerhörten und tieff ausgesonnenen Proceß nicht verletzet würde. Und ist leichte zu gedencken, daß wir über das gute Vertrauen, das man zu unserer Facultät hatte, nicht weineten, und daß wir es uns blut sauer werden, auch die Mühe wohl bezahlen liessen, unser responsum mit allegatis legum & Doctorum zu versehen. Was aber Sempronius darzu gesagt, als er unser responsum gelesen, kan ich nicht melden, denn ich kenne noch diese Stunde den lieben vornehmen Mann nicht, und noch weniger, als Er den Ihn injurirenden Passagirer kante, zumahl da ich in meiner Land-Charte nicht habe finden können, wo Adicien und Dicasteyen liege. Du kanst dich demnach selber bemühen, ob du des Sempronii Gedancken errathen könnest. Hier hastu unser Responsum, das wir in eben diesem Monat Januario des 1694. Jahrs annoch ausfertigten.

Hat Sempronius auff seinem Adelichen Guthe zu Dicasteyen das merum imperium und Macht wieder Capital delinquenten criminaliter zu verfahren, und ad poenam mortis usque zu inquiriren, massen er denn auch über dieses von vornehmen hohen Eltern gebohren, und auff seinem Guthe in renomirlichen statu, auch bey grossen Herrn in Gnaden lebet. Ist besagter Sempronius eine Zeitlang verreiset gewesen, und als er wieder zurück kommen, hat ihm sein guter Freund in geheim offenbahret, wie zu Adicien und anderswo ein Murmeln gegangen und ausgesprenget worden, daß ein Passagier auf der Post unterwegens gesaget, es hätte Sempronius eine solche schlimme That begangen, weßhalben er wohl das Land räumen oder verlassen müsse, auch hierbey noch andere, wieder Sempronii Ehre lauffende grobe injurien vorgebracht und erzehlet. Hat man von solchem Passagier und dessen Nahmen oder Herkommen, (ob man gleich nach selbigen sehr geforschet, und sich eusserst bemühet, selben zuerkundigen,) dennoch keine gewisse Nachricht erlangen können, und will derselbe berichtet seyn: Wie Sempronius contra den Unbekanten und nicht zu erforschenden diffamanten am be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0172" n="156"/>
        <p>Man bittet um geneigte Willfahrung, auch das Responsum wohlversiegelt ehestens                      aus zufertigen, weil an der Eyl gelegen, und soll dieses alles mit schuldigem                      Danck hinwieder erkant werden, wie dann auch nechst Göttl. empfehlung                      verbleibet, etc.</p>
        <note place="left">Beantwortung desselben <hi rendition="#i">cum allegatis                          legum &amp; Dd.</hi></note>
        <p>§. IV. Nun vergleiche diesen Sempronium mit dem Menschen in ersten paragrapho,                      und merck wohl an, daß Sempronius ein scharffsinniges Mittel vorschlug, wie man                      solche unsichtbare injurianten durch den Scharfrichter citiren, und unehrlich                      machen lassen könne, ingleichen daß er zu uns ein grosses Vertrauen hätte, daß                      wir dieses heilsame Mittel genungsam mit allegatis legum &amp; Doctorum                      ausspicken würden, und daß Er endlich höchst vorsichtig besorgt war, daß bey                      diesem Proces der Gerichtbarkeit zu Dicasteyen keine praejudiz geschähe, und                      dennoch der Hohen Landes-Obrigkeit Ihr gebührender respect durch diesem                      unerhörten und tieff ausgesonnenen Proceß nicht verletzet würde. Und ist leichte                      zu gedencken, daß wir über das gute Vertrauen, das man zu unserer Facultät                      hatte, nicht weineten, und daß wir es uns blut sauer werden, auch die Mühe wohl                      bezahlen liessen, unser responsum mit allegatis legum &amp; Doctorum zu                      versehen. Was aber Sempronius darzu gesagt, als er unser responsum gelesen, kan                      ich nicht melden, denn ich kenne noch diese Stunde den lieben vornehmen Mann                      nicht, und noch weniger, als Er den Ihn injurirenden Passagirer kante, zumahl da                      ich in meiner Land-Charte nicht habe finden können, wo Adicien und Dicasteyen                      liege. Du kanst dich demnach selber bemühen, ob du des Sempronii Gedancken                      errathen könnest. Hier hastu unser Responsum, das wir in eben diesem Monat                      Januario des 1694. Jahrs annoch ausfertigten.</p>
        <p>Hat Sempronius auff seinem Adelichen Guthe zu Dicasteyen das merum imperium und                      Macht wieder Capital delinquenten criminaliter zu verfahren, und ad poenam                      mortis usque zu inquiriren, massen er denn auch über dieses von vornehmen hohen                      Eltern gebohren, und auff seinem Guthe in renomirlichen statu, auch bey grossen                      Herrn in Gnaden lebet. Ist besagter Sempronius eine Zeitlang verreiset gewesen,                      und als er wieder zurück kommen, hat ihm sein guter Freund in geheim                      offenbahret, wie zu Adicien und anderswo ein Murmeln gegangen und ausgesprenget                      worden, daß ein Passagier auf der Post unterwegens gesaget, es hätte Sempronius                      eine solche schlimme That begangen, weßhalben er wohl das Land räumen oder                      verlassen müsse, auch hierbey noch andere, wieder Sempronii Ehre lauffende grobe                      injurien vorgebracht und erzehlet. Hat man von solchem Passagier und dessen                      Nahmen oder Herkommen, (ob man gleich nach selbigen sehr geforschet, und sich                      eusserst bemühet, selben zuerkundigen,) dennoch keine gewisse Nachricht erlangen                      können, und will derselbe berichtet seyn: Wie Sempronius contra den Unbekanten                      und nicht zu erforschenden diffamanten am be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0172] Man bittet um geneigte Willfahrung, auch das Responsum wohlversiegelt ehestens aus zufertigen, weil an der Eyl gelegen, und soll dieses alles mit schuldigem Danck hinwieder erkant werden, wie dann auch nechst Göttl. empfehlung verbleibet, etc. §. IV. Nun vergleiche diesen Sempronium mit dem Menschen in ersten paragrapho, und merck wohl an, daß Sempronius ein scharffsinniges Mittel vorschlug, wie man solche unsichtbare injurianten durch den Scharfrichter citiren, und unehrlich machen lassen könne, ingleichen daß er zu uns ein grosses Vertrauen hätte, daß wir dieses heilsame Mittel genungsam mit allegatis legum & Doctorum ausspicken würden, und daß Er endlich höchst vorsichtig besorgt war, daß bey diesem Proces der Gerichtbarkeit zu Dicasteyen keine praejudiz geschähe, und dennoch der Hohen Landes-Obrigkeit Ihr gebührender respect durch diesem unerhörten und tieff ausgesonnenen Proceß nicht verletzet würde. Und ist leichte zu gedencken, daß wir über das gute Vertrauen, das man zu unserer Facultät hatte, nicht weineten, und daß wir es uns blut sauer werden, auch die Mühe wohl bezahlen liessen, unser responsum mit allegatis legum & Doctorum zu versehen. Was aber Sempronius darzu gesagt, als er unser responsum gelesen, kan ich nicht melden, denn ich kenne noch diese Stunde den lieben vornehmen Mann nicht, und noch weniger, als Er den Ihn injurirenden Passagirer kante, zumahl da ich in meiner Land-Charte nicht habe finden können, wo Adicien und Dicasteyen liege. Du kanst dich demnach selber bemühen, ob du des Sempronii Gedancken errathen könnest. Hier hastu unser Responsum, das wir in eben diesem Monat Januario des 1694. Jahrs annoch ausfertigten. Hat Sempronius auff seinem Adelichen Guthe zu Dicasteyen das merum imperium und Macht wieder Capital delinquenten criminaliter zu verfahren, und ad poenam mortis usque zu inquiriren, massen er denn auch über dieses von vornehmen hohen Eltern gebohren, und auff seinem Guthe in renomirlichen statu, auch bey grossen Herrn in Gnaden lebet. Ist besagter Sempronius eine Zeitlang verreiset gewesen, und als er wieder zurück kommen, hat ihm sein guter Freund in geheim offenbahret, wie zu Adicien und anderswo ein Murmeln gegangen und ausgesprenget worden, daß ein Passagier auf der Post unterwegens gesaget, es hätte Sempronius eine solche schlimme That begangen, weßhalben er wohl das Land räumen oder verlassen müsse, auch hierbey noch andere, wieder Sempronii Ehre lauffende grobe injurien vorgebracht und erzehlet. Hat man von solchem Passagier und dessen Nahmen oder Herkommen, (ob man gleich nach selbigen sehr geforschet, und sich eusserst bemühet, selben zuerkundigen,) dennoch keine gewisse Nachricht erlangen können, und will derselbe berichtet seyn: Wie Sempronius contra den Unbekanten und nicht zu erforschenden diffamanten am be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/172
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/172>, abgerufen am 23.11.2024.