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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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absonderlich da die Ehestifftung von Ihme zwey Tage vor der Hochzeit aufgerichtet, da Braut und Bräutigam in praesenti materia schon für Mann und Weib geachtet werden, und also sein Versprechen offenbarlich pro illicita donatione inter virum & uxorem zu halten;

Hiernächst die besagte Ehestifftung pro contractu inter vivos nicht wohl ausgegeben werden mag, indem nicht darinnen enthalten, daß sie als ein Contractunter Lebendigen gemachet seyn solle, auch nicht exprimiret worden, daß eine Ehe-Beredung oder Vergleich, sondern nur daß eine Christliche Ehe abgeredet und beschlossen worden; nach diesem aber die contenta der gesamten Ehestifftung sich mit diesen Worten;

So viel aber die künfftige Succession auf ein oder des andern Todesfall betrifft etc.

anfänget, und also ausdrücklich darinnen der künfftigen Succession gedacht wird; wie nicht weniger.

Daß nach der Braut Tode Ihren Kindern alles erblich anheim fallen solle.

Ingleichen.

Daß die Braut nach des Bräutgams Tode aus seiner Verlassenschfft Jährlich 75. Fl. zu genießen haben solle.

welche Worte einem legato ähnlicher als promissioni inter vivos; auch in fine keine clausulae, daß man die Ehe-pacta steiff und feste halten wolle, oder dergleichen enthalten,

vid. D. Stryk. in tract. de Cautelis sect. 3. cap. 8. §. 23. & 24.

und diese Ehestifftung solcher gestallt vielmehr pro specie ultimae voluntatis als pro contractu inter vivos zu halten wäre, cum in dubio benigniorem sententiam (i. e. quae partem laesam minus gravat) sequi tutius sit; zumahl, da nach den gemeinen Regeln der interpretation dieselbige allezeit wieder denjenigen, der was ungewöhnliches in einem Contract zu seinem Vortheil setzet, geschweige denn wieder den, der eintzig und alleine einen Vortheil aus einem Contracte ungewöhnlicher Weise suchet, gemachet werden, und er sich imputiren soll, daß er nicht deutlicher geredet; Seine Eheliebste auch sich des favoris dotis & pactorum dotalium nicht zu getrösten hat, weil sie demselben nicht einen Heller darinnen zugewendet; Da aber die Ehestifftung ad ultimas voluntates gerechnet werden solte, selbige entweder für unkräfftig, weil nur zwey Zeugen unterschrieben, oder doch dafür zu achten wäre, das Sie, wie alle letzte Willen, von einem Theil auch ohne des andern consens umgestossen werden möchte; Uber dieses, wenn gleich die Ehestifftung pro pacto zu halten wäre, dennoch blanditiae zwar in ultimis voluntatibus zugelassen seyn, aber dergleichen privilegia bey denen contractibus ohne Unterscheid nicht haben, auch die Umstände bey gegenwärtigen casu allenthalben weisen, daß man gefährlich mit Ihm umgegangen, und das tempus praescriptionis in actione doli bey besagten Umständen nicht von

absonderlich da die Ehestifftung von Ihme zwey Tage vor der Hochzeit aufgerichtet, da Braut und Bräutigam in praesenti materia schon für Mann und Weib geachtet werden, und also sein Versprechen offenbarlich pro illicita donatione inter virum & uxorem zu halten;

Hiernächst die besagte Ehestifftung pro contractu inter vivos nicht wohl ausgegeben werden mag, indem nicht darinnen enthalten, daß sie als ein Contractunter Lebendigen gemachet seyn solle, auch nicht exprimiret worden, daß eine Ehe-Beredung oder Vergleich, sondern nur daß eine Christliche Ehe abgeredet und beschlossen worden; nach diesem aber die contenta der gesamten Ehestifftung sich mit diesen Worten;

So viel aber die künfftige Succession auf ein oder des andern Todesfall betrifft etc.

anfänget, und also ausdrücklich darinnen der künfftigen Succession gedacht wird; wie nicht weniger.

Daß nach der Braut Tode Ihren Kindern alles erblich anheim fallen solle.

Ingleichen.

Daß die Braut nach des Bräutgams Tode aus seiner Verlassenschfft Jährlich 75. Fl. zu genießen haben solle.

welche Worte einem legato ähnlicher als promissioni inter vivos; auch in fine keine clausulae, daß man die Ehe-pacta steiff und feste halten wolle, oder dergleichen enthalten,

vid. D. Stryk. in tract. de Cautelis sect. 3. cap. 8. §. 23. & 24.

und diese Ehestifftung solcher gestallt vielmehr pro specie ultimae voluntatis als pro contractu inter vivos zu halten wäre, cum in dubio benigniorem sententiam (i. e. quae partem laesam minus gravat) sequi tutius sit; zumahl, da nach den gemeinen Regeln der interpretation dieselbige allezeit wieder denjenigen, der was ungewöhnliches in einem Contract zu seinem Vortheil setzet, geschweige denn wieder den, der eintzig und alleine einen Vortheil aus einem Contracte ungewöhnlicher Weise suchet, gemachet werden, und er sich imputiren soll, daß er nicht deutlicher geredet; Seine Eheliebste auch sich des favoris dotis & pactorum dotalium nicht zu getrösten hat, weil sie demselben nicht einen Heller darinnen zugewendet; Da aber die Ehestifftung ad ultimas voluntates gerechnet werden solte, selbige entweder für unkräfftig, weil nur zwey Zeugen unterschrieben, oder doch dafür zu achten wäre, das Sie, wie alle letzte Willen, von einem Theil auch ohne des andern consens umgestossen werden möchte; Uber dieses, wenn gleich die Ehestifftung pro pacto zu halten wäre, dennoch blanditiae zwar in ultimis voluntatibus zugelassen seyn, aber dergleichen privilegia bey denen contractibus ohne Unterscheid nicht haben, auch die Umstände bey gegenwärtigen casu allenthalben weisen, daß man gefährlich mit Ihm umgegangen, und das tempus praescriptionis in actione doli bey besagten Umständen nicht von

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[145/0161] absonderlich da die Ehestifftung von Ihme zwey Tage vor der Hochzeit aufgerichtet, da Braut und Bräutigam in praesenti materia schon für Mann und Weib geachtet werden, und also sein Versprechen offenbarlich pro illicita donatione inter virum & uxorem zu halten; Hiernächst die besagte Ehestifftung pro contractu inter vivos nicht wohl ausgegeben werden mag, indem nicht darinnen enthalten, daß sie als ein Contractunter Lebendigen gemachet seyn solle, auch nicht exprimiret worden, daß eine Ehe-Beredung oder Vergleich, sondern nur daß eine Christliche Ehe abgeredet und beschlossen worden; nach diesem aber die contenta der gesamten Ehestifftung sich mit diesen Worten; So viel aber die künfftige Succession auf ein oder des andern Todesfall betrifft etc. anfänget, und also ausdrücklich darinnen der künfftigen Succession gedacht wird; wie nicht weniger. Daß nach der Braut Tode Ihren Kindern alles erblich anheim fallen solle. Ingleichen. Daß die Braut nach des Bräutgams Tode aus seiner Verlassenschfft Jährlich 75. Fl. zu genießen haben solle. welche Worte einem legato ähnlicher als promissioni inter vivos; auch in fine keine clausulae, daß man die Ehe-pacta steiff und feste halten wolle, oder dergleichen enthalten, vid. D. Stryk. in tract. de Cautelis sect. 3. cap. 8. §. 23. & 24. und diese Ehestifftung solcher gestallt vielmehr pro specie ultimae voluntatis als pro contractu inter vivos zu halten wäre, cum in dubio benigniorem sententiam (i. e. quae partem laesam minus gravat) sequi tutius sit; zumahl, da nach den gemeinen Regeln der interpretation dieselbige allezeit wieder denjenigen, der was ungewöhnliches in einem Contract zu seinem Vortheil setzet, geschweige denn wieder den, der eintzig und alleine einen Vortheil aus einem Contracte ungewöhnlicher Weise suchet, gemachet werden, und er sich imputiren soll, daß er nicht deutlicher geredet; Seine Eheliebste auch sich des favoris dotis & pactorum dotalium nicht zu getrösten hat, weil sie demselben nicht einen Heller darinnen zugewendet; Da aber die Ehestifftung ad ultimas voluntates gerechnet werden solte, selbige entweder für unkräfftig, weil nur zwey Zeugen unterschrieben, oder doch dafür zu achten wäre, das Sie, wie alle letzte Willen, von einem Theil auch ohne des andern consens umgestossen werden möchte; Uber dieses, wenn gleich die Ehestifftung pro pacto zu halten wäre, dennoch blanditiae zwar in ultimis voluntatibus zugelassen seyn, aber dergleichen privilegia bey denen contractibus ohne Unterscheid nicht haben, auch die Umstände bey gegenwärtigen casu allenthalben weisen, daß man gefährlich mit Ihm umgegangen, und das tempus praescriptionis in actione doli bey besagten Umständen nicht von

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/161>, abgerufen am 29.03.2024.