Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

dergleichen Urtheile sprächen. Wenn ich ein souverainer König gewesen wäre, würde ich mir kein Gewissen gemacht haben, den Quaerenten bey denen von ihm selbst angeführten Umbständen zu incarceriren, und noch schärffere Mittel zugebrauchen, ihn seiner Boßheit zu convinciren. Aber als ein Assessor eines Collegii dorffte ich darauff nicht sprechen.

§. IV. Der andre Zweiffel dörffte dieser seyn, warumb ich den TitelUnterschied der Formuln, etwazuthun befugt und unbenommen zu seyn. dieses Handels also eingerichtet, als wenn der Quaerent nicht befugt gewesen wäre, den denuntianten zu belangen, und doch stände zu Ende des responsi, daß es ihme solches zu thun unbenommen bliebe. Aber es ist zwischen diesen beyden Redens-Arten in formulis pronuntiandi ein grosser Unterscheid. Etwas zu thun befugt zu seyn, bedeutet, daß er solches rechtmäßig thun könne, und sich denen Rechten nach eines erfreulichen Urtheils zu getrösten habe, wie dann diese letzte Formul öffters der ersten pflegt beygefügt zu werden. Aber wenn die Collegia nur sprechen, es bleibe einer Parthey unbenommen, ihren Gegentheil zu belangen, heisset es nicht mehr, als es werde ihr entweder per verba antecedentia des Urtheils solches zu thun nicht verboten, oder, es könne es die Parthey versuchen, ob sie mit diesen Klagen etwas ausrichten werde, man wolle ihr aber nach denen Rechten darzu nicht eben rathen, wie in gegenwärtigem responso.

IV. Handel. Ob und wie ferne es einer Unter-Obrigkeit zustehe, den Staupen-Schlag, oder Landes-Verweisung in eine geringere Straffe zu verwandeln.
§. I.

UBer dieser Frage sind die Juristen nicht gleicher Meinung gewesen.Altes Schöppen-Urtheil, darinne diese Frage be- Diejenigen, die die controversias juris publici alleine nach dem Schrot und Korn des Justinianeischen Rechts und dessen doctrin de mero & mixto imperio oder vielmehr nach der Glossatorum einfältiger Auslegung dieser doctrin ausmessen wollen, haben dafür gehalten, daß dergleichen Straffen in geringere

dergleichen Urtheile sprächen. Wenn ich ein souverainer König gewesen wäre, würde ich mir kein Gewissen gemacht haben, den Quaerenten bey denen von ihm selbst angeführten Umbständen zu incarceriren, und noch schärffere Mittel zugebrauchen, ihn seiner Boßheit zu convinciren. Aber als ein Assessor eines Collegii dorffte ich darauff nicht sprechen.

§. IV. Der andre Zweiffel dörffte dieser seyn, warumb ich den TitelUnterschied der Formuln, etwazuthun befugt und unbenommen zu seyn. dieses Handels also eingerichtet, als wenn der Quaerent nicht befugt gewesen wäre, den denuntianten zu belangen, und doch stände zu Ende des responsi, daß es ihme solches zu thun unbenommen bliebe. Aber es ist zwischen diesen beyden Redens-Arten in formulis pronuntiandi ein grosser Unterscheid. Etwas zu thun befugt zu seyn, bedeutet, daß er solches rechtmäßig thun könne, und sich denen Rechten nach eines erfreulichen Urtheils zu getrösten habe, wie dann diese letzte Formul öffters der ersten pflegt beygefügt zu werden. Aber wenn die Collegia nur sprechen, es bleibe einer Parthey unbenommen, ihren Gegentheil zu belangen, heisset es nicht mehr, als es werde ihr entweder per verba antecedentia des Urtheils solches zu thun nicht verboten, oder, es könne es die Parthey versuchen, ob sie mit diesen Klagen etwas ausrichten werde, man wolle ihr aber nach denen Rechten darzu nicht eben rathen, wie in gegenwärtigem responso.

IV. Handel. Ob und wie ferne es einer Unter-Obrigkeit zustehe, den Staupen-Schlag, oder Landes-Verweisung in eine geringere Straffe zu verwandeln.
§. I.

UBer dieser Frage sind die Juristen nicht gleicher Meinung gewesen.Altes Schöppen-Urtheil, darinne diese Frage be- Diejenigen, die die controversias juris publici alleine nach dem Schrot und Korn des Justinianeischen Rechts und dessen doctrin de mero & mixto imperio oder vielmehr nach der Glossatorum einfältiger Auslegung dieser doctrin ausmessen wollen, haben dafür gehalten, daß dergleichen Straffen in geringere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0141" n="125"/>
dergleichen Urtheile sprächen. Wenn ich ein souverainer König gewesen wäre,                      würde ich mir kein Gewissen gemacht haben, den Quaerenten bey denen von ihm                      selbst angeführten Umbständen zu incarceriren, und noch schärffere Mittel                      zugebrauchen, ihn seiner Boßheit zu convinciren. Aber als ein Assessor eines                      Collegii dorffte ich darauff nicht sprechen.</p>
        <p>§. IV. Der andre Zweiffel dörffte dieser seyn, warumb ich den Titel<note place="right">Unterschied der Formuln, etwazuthun befugt und                          unbenommen zu seyn.</note> dieses Handels also eingerichtet, als wenn der                      Quaerent nicht befugt gewesen wäre, den denuntianten zu belangen, und doch                      stände zu Ende des responsi, daß es ihme solches zu thun unbenommen bliebe. Aber                      es ist zwischen diesen beyden Redens-Arten in formulis pronuntiandi ein grosser                      Unterscheid. Etwas zu thun befugt zu seyn, bedeutet, daß er solches rechtmäßig                      thun könne, und sich denen Rechten nach eines erfreulichen Urtheils zu getrösten                      habe, wie dann diese letzte Formul öffters der ersten pflegt beygefügt zu                      werden. Aber wenn die Collegia nur sprechen, es bleibe einer Parthey unbenommen,                      ihren Gegentheil zu belangen, heisset es nicht mehr, als es werde ihr entweder                      per verba antecedentia des Urtheils solches zu thun nicht verboten, oder, es                      könne es die Parthey versuchen, ob sie mit diesen Klagen etwas ausrichten werde,                      man wolle ihr aber nach denen Rechten darzu nicht eben rathen, wie in                      gegenwärtigem responso.</p>
      </div>
      <div>
        <head>IV. Handel. Ob und wie ferne es einer Unter-Obrigkeit zustehe, den                      Staupen-Schlag, oder Landes-Verweisung in eine geringere Straffe zu                  verwandeln.</head><lb/>
      </div>
      <div>
        <head>§. I.</head><lb/>
        <p>UBer dieser Frage sind die Juristen nicht gleicher Meinung gewesen.<note place="right">Altes Schöppen-Urtheil, darinne diese Frage be-</note>                      Diejenigen, die die controversias juris publici alleine nach dem Schrot und Korn                      des Justinianeischen Rechts und dessen doctrin de mero &amp; mixto imperio                      oder vielmehr nach der Glossatorum einfältiger Auslegung dieser doctrin                      ausmessen wollen, haben dafür gehalten, daß dergleichen Straffen in geringere
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0141] dergleichen Urtheile sprächen. Wenn ich ein souverainer König gewesen wäre, würde ich mir kein Gewissen gemacht haben, den Quaerenten bey denen von ihm selbst angeführten Umbständen zu incarceriren, und noch schärffere Mittel zugebrauchen, ihn seiner Boßheit zu convinciren. Aber als ein Assessor eines Collegii dorffte ich darauff nicht sprechen. §. IV. Der andre Zweiffel dörffte dieser seyn, warumb ich den Titel dieses Handels also eingerichtet, als wenn der Quaerent nicht befugt gewesen wäre, den denuntianten zu belangen, und doch stände zu Ende des responsi, daß es ihme solches zu thun unbenommen bliebe. Aber es ist zwischen diesen beyden Redens-Arten in formulis pronuntiandi ein grosser Unterscheid. Etwas zu thun befugt zu seyn, bedeutet, daß er solches rechtmäßig thun könne, und sich denen Rechten nach eines erfreulichen Urtheils zu getrösten habe, wie dann diese letzte Formul öffters der ersten pflegt beygefügt zu werden. Aber wenn die Collegia nur sprechen, es bleibe einer Parthey unbenommen, ihren Gegentheil zu belangen, heisset es nicht mehr, als es werde ihr entweder per verba antecedentia des Urtheils solches zu thun nicht verboten, oder, es könne es die Parthey versuchen, ob sie mit diesen Klagen etwas ausrichten werde, man wolle ihr aber nach denen Rechten darzu nicht eben rathen, wie in gegenwärtigem responso. Unterschied der Formuln, etwazuthun befugt und unbenommen zu seyn. IV. Handel. Ob und wie ferne es einer Unter-Obrigkeit zustehe, den Staupen-Schlag, oder Landes-Verweisung in eine geringere Straffe zu verwandeln. §. I. UBer dieser Frage sind die Juristen nicht gleicher Meinung gewesen. Diejenigen, die die controversias juris publici alleine nach dem Schrot und Korn des Justinianeischen Rechts und dessen doctrin de mero & mixto imperio oder vielmehr nach der Glossatorum einfältiger Auslegung dieser doctrin ausmessen wollen, haben dafür gehalten, daß dergleichen Straffen in geringere Altes Schöppen-Urtheil, darinne diese Frage be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/141
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/141>, abgerufen am 24.04.2024.