Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.der Medicinischen Facultät auf der Churfl. Brandenburgl. Universität zu Franckfurt an der Oder sothane Quaestiones fleißig erwogen, und geben Ihm hiermit unsere Meynung davon wohl bedächtig dergestalt zu vernehmen. 1. Wenn gefeaget wird: an indicium certum aut valde probabile sit, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones fubmergantur in aqua? antworten wir affirmative; also, daß wir sagen: Est valde imo maxime probabile indicium, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones submergantur in aqua. Und dieses darum. Denn einmahl ists gewiß und augenscheinlich allemahl darzuthun, daß jedwede Lungen so wohl von Menschen, als andern Thieren, welche ausserhalb Mutter-Leibe das Leben gehabt haben, nicht untergehen, wenn sie ins Wasser geworffen werden, und geschiehet solches, weil sie leicht und locker seyn, wegen der Lufft, welche sie ausserhalb Mutter-Leibes in denen lebenden und Athmenden Thieren geschöpffet, und davon etwas in sich behalten haben. Nachmahls ist auch theils durch unterschiedene Bekräfftigungen glaubwürdiger und vorsichtiger Naturkündiger, welche in denen Beylagen zur Genüge angeführet seyn, und noch mehr angeführet werden könten, theils durch unsere eigene Anmerckung uns sattsam kund worden, daß die Lungen eines Thieres, von welchem man gewiß weiß, daß es todt aus Mutter-Leibe kommen wäre, genommen sey, wofern es in seiner Umhüllung oder verschlossenen Mutter verstorben ist, wenn sie aufs Wasser geworffen werden, nicht schwimmen, sondern untersincken. Und geschiehet solches, dieweil sie dichte und schwer sind, wegen Mangel der Lufft, als welche sie noch nicht geschöpffet, und dannenhero auch nichts darvon an und in sich behalten haben. Denn ein Kind oder Frucht, so lange es in seinen involucris und verschlossener Mutter lieget, athmet nicht, also, daß es Lufft durch den Mund und Nasen, und ferner durch die Lufftröhren aus- und einlasse. Welches zu behaupten wir uns beziehen auff die rationes und autoritates, welche bereits in denen Beylagen angeführet, und weil wir selbige für gültig erkennen, bemühen wir uns nicht mehrere beyzubringen, ob es wohl daran nicht mangelt. Zwar will von einigen die Gewißheit angezeigter Experimentorum in Zweiffel gezogen werden, und ist in einer ihres Orts wohlbekandter Disputation de Abstruso respirationis Humanae mysterio dergestalt darwieder geschrieben worden: Cum ex Hydrostatices Legibus constet, corpora omnia, in specie, uti loquuntur, aqua ipsa leviora, in eadem supernatare, si sufficienti aquae quantitati imittantur; Pulmones autem uti membranosa & carnosa omnia specifica gravitate aquis cedunt; Hinc tam foetus nondum respirantis, quam nati pulmones supernatare possunt, si modo sat magna aquae quantitas illos circumfluat, adeoque non sequitur: pulmones, quia supernatan: Ergo foetus respiravit; Nec vice versa. Nam quod quorundam experientia velit der Medicinischen Facultät auf der Churfl. Brandenburgl. Universität zu Franckfurt an der Oder sothane Quaestiones fleißig erwogen, und geben Ihm hiermit unsere Meynung davon wohl bedächtig dergestalt zu vernehmen. 1. Wenn gefeaget wird: an indicium certum aut valde probabile sit, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones fubmergantur in aqua? antworten wir affirmative; also, daß wir sagen: Est valde imo maxime probabile indicium, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones submergantur in aqua. Und dieses darum. Denn einmahl ists gewiß und augenscheinlich allemahl darzuthun, daß jedwede Lungen so wohl von Menschen, als andern Thieren, welche ausserhalb Mutter-Leibe das Leben gehabt haben, nicht untergehen, wenn sie ins Wasser geworffen werden, und geschiehet solches, weil sie leicht und locker seyn, wegen der Lufft, welche sie ausserhalb Mutter-Leibes in denen lebenden und Athmenden Thieren geschöpffet, und davon etwas in sich behalten haben. Nachmahls ist auch theils durch unterschiedene Bekräfftigungen glaubwürdiger und vorsichtiger Naturkündiger, welche in denen Beylagen zur Genüge angeführet seyn, und noch mehr angeführet werden könten, theils durch unsere eigene Anmerckung uns sattsam kund worden, daß die Lungen eines Thieres, von welchem man gewiß weiß, daß es todt aus Mutter-Leibe kommen wäre, genommen sey, wofern es in seiner Umhüllung oder verschlossenen Mutter verstorben ist, wenn sie aufs Wasser geworffen werden, nicht schwimmen, sondern untersincken. Und geschiehet solches, dieweil sie dichte und schwer sind, wegen Mangel der Lufft, als welche sie noch nicht geschöpffet, und dannenhero auch nichts darvon an und in sich behalten haben. Denn ein Kind oder Frucht, so lange es in seinen involucris und verschlossener Mutter lieget, athmet nicht, also, daß es Lufft durch den Mund und Nasen, und ferner durch die Lufftröhren aus- und einlasse. Welches zu behaupten wir uns beziehen auff die rationes und autoritates, welche bereits in denen Beylagen angeführet, und weil wir selbige für gültig erkennen, bemühen wir uns nicht mehrere beyzubringen, ob es wohl daran nicht mangelt. Zwar will von einigen die Gewißheit angezeigter Experimentorum in Zweiffel gezogen werden, und ist in einer ihres Orts wohlbekandter Disputation de Abstruso respirationis Humanae mysterio dergestalt darwieder geschrieben worden: Cum ex Hydrostatices Legibus constet, corpora omnia, in specie, uti loquuntur, aqua ipsa leviora, in eadem supernatare, si sufficienti aquae quantitati imittantur; Pulmones autem uti membranosa & carnosa omnia specifica gravitate aquis cedunt; Hinc tam foetus nondum respirantis, quam nati pulmones supernatare possunt, si modo sat magna aquae quantitas illos circumfluat, adeoque non sequitur: pulmones, quia supernatan: Ergo foetus respiravit; Nec vice versa. Nam quod quorundam experientia velit <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0100" n="84"/> der Medicinischen Facultät auf der Churfl. Brandenburgl. Universität zu Franckfurt an der Oder sothane Quaestiones fleißig erwogen, und geben Ihm hiermit unsere Meynung davon wohl bedächtig dergestalt zu vernehmen.</p> <p>1. Wenn gefeaget wird: an indicium certum aut valde probabile sit, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones fubmergantur in aqua? antworten wir affirmative; also, daß wir sagen: Est valde imo maxime probabile indicium, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones submergantur in aqua. Und dieses darum. Denn einmahl ists gewiß und augenscheinlich allemahl darzuthun, daß jedwede Lungen so wohl von Menschen, als andern Thieren, welche ausserhalb Mutter-Leibe das Leben gehabt haben, nicht untergehen, wenn sie ins Wasser geworffen werden, und geschiehet solches, weil sie leicht und locker seyn, wegen der Lufft, welche sie ausserhalb Mutter-Leibes in denen lebenden und Athmenden Thieren geschöpffet, und davon etwas in sich behalten haben.</p> <p>Nachmahls ist auch theils durch unterschiedene Bekräfftigungen glaubwürdiger und vorsichtiger Naturkündiger, welche in denen Beylagen zur Genüge angeführet seyn, und noch mehr angeführet werden könten, theils durch unsere eigene Anmerckung uns sattsam kund worden, daß die Lungen eines Thieres, von welchem man gewiß weiß, daß es todt aus Mutter-Leibe kommen wäre, genommen sey, wofern es in seiner Umhüllung oder verschlossenen Mutter verstorben ist, wenn sie aufs Wasser geworffen werden, nicht schwimmen, sondern untersincken. Und geschiehet solches, dieweil sie dichte und schwer sind, wegen Mangel der Lufft, als welche sie noch nicht geschöpffet, und dannenhero auch nichts darvon an und in sich behalten haben. Denn ein Kind oder Frucht, so lange es in seinen involucris und verschlossener Mutter lieget, athmet nicht, also, daß es Lufft durch den Mund und Nasen, und ferner durch die Lufftröhren aus- und einlasse. Welches zu behaupten wir uns beziehen auff die rationes und autoritates, welche bereits in denen Beylagen angeführet, und weil wir selbige für gültig erkennen, bemühen wir uns nicht mehrere beyzubringen, ob es wohl daran nicht mangelt. Zwar will von einigen die Gewißheit angezeigter Experimentorum in Zweiffel gezogen werden, und ist in einer ihres Orts wohlbekandter Disputation de Abstruso respirationis Humanae mysterio dergestalt darwieder geschrieben worden: Cum ex Hydrostatices Legibus constet, corpora omnia, in specie, uti loquuntur, aqua ipsa leviora, in eadem supernatare, si sufficienti aquae quantitati imittantur; Pulmones autem uti membranosa & carnosa omnia specifica gravitate aquis cedunt; Hinc tam foetus nondum respirantis, quam nati pulmones supernatare possunt, si modo sat magna aquae quantitas illos circumfluat, adeoque non sequitur: pulmones, quia supernatan: Ergo foetus respiravit; Nec vice versa. Nam quod quorundam experientia velit </p> </div> </body> </text> </TEI> [84/0100]
der Medicinischen Facultät auf der Churfl. Brandenburgl. Universität zu Franckfurt an der Oder sothane Quaestiones fleißig erwogen, und geben Ihm hiermit unsere Meynung davon wohl bedächtig dergestalt zu vernehmen.
1. Wenn gefeaget wird: an indicium certum aut valde probabile sit, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones fubmergantur in aqua? antworten wir affirmative; also, daß wir sagen: Est valde imo maxime probabile indicium, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones submergantur in aqua. Und dieses darum. Denn einmahl ists gewiß und augenscheinlich allemahl darzuthun, daß jedwede Lungen so wohl von Menschen, als andern Thieren, welche ausserhalb Mutter-Leibe das Leben gehabt haben, nicht untergehen, wenn sie ins Wasser geworffen werden, und geschiehet solches, weil sie leicht und locker seyn, wegen der Lufft, welche sie ausserhalb Mutter-Leibes in denen lebenden und Athmenden Thieren geschöpffet, und davon etwas in sich behalten haben.
Nachmahls ist auch theils durch unterschiedene Bekräfftigungen glaubwürdiger und vorsichtiger Naturkündiger, welche in denen Beylagen zur Genüge angeführet seyn, und noch mehr angeführet werden könten, theils durch unsere eigene Anmerckung uns sattsam kund worden, daß die Lungen eines Thieres, von welchem man gewiß weiß, daß es todt aus Mutter-Leibe kommen wäre, genommen sey, wofern es in seiner Umhüllung oder verschlossenen Mutter verstorben ist, wenn sie aufs Wasser geworffen werden, nicht schwimmen, sondern untersincken. Und geschiehet solches, dieweil sie dichte und schwer sind, wegen Mangel der Lufft, als welche sie noch nicht geschöpffet, und dannenhero auch nichts darvon an und in sich behalten haben. Denn ein Kind oder Frucht, so lange es in seinen involucris und verschlossener Mutter lieget, athmet nicht, also, daß es Lufft durch den Mund und Nasen, und ferner durch die Lufftröhren aus- und einlasse. Welches zu behaupten wir uns beziehen auff die rationes und autoritates, welche bereits in denen Beylagen angeführet, und weil wir selbige für gültig erkennen, bemühen wir uns nicht mehrere beyzubringen, ob es wohl daran nicht mangelt. Zwar will von einigen die Gewißheit angezeigter Experimentorum in Zweiffel gezogen werden, und ist in einer ihres Orts wohlbekandter Disputation de Abstruso respirationis Humanae mysterio dergestalt darwieder geschrieben worden: Cum ex Hydrostatices Legibus constet, corpora omnia, in specie, uti loquuntur, aqua ipsa leviora, in eadem supernatare, si sufficienti aquae quantitati imittantur; Pulmones autem uti membranosa & carnosa omnia specifica gravitate aquis cedunt; Hinc tam foetus nondum respirantis, quam nati pulmones supernatare possunt, si modo sat magna aquae quantitas illos circumfluat, adeoque non sequitur: pulmones, quia supernatan: Ergo foetus respiravit; Nec vice versa. Nam quod quorundam experientia velit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |