Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.Das 13. Hauptstück von denen se obligation der Kinder nicht weiter erstre-cken/ als dieselbige gehet. Denn sie will nicht mehr sagen/ als daß die Kinder dasjenige was ihnen die Eltern u. s. w. beybringen/ nur so lange für wahrscheinlich halten/ biß ihr Verstand selbst reiff wird die Warheit zu un- tersuchen; nicht aber/ daß sie glauben/ daß sol- ches unstreitig wahr sey/ vielweniger/ daß sie sich solches täglich iemehr und mehr bere- den. Denn wir haben oben verhoffentlich ge- nugsam erwiesen/ daß die eusserliche Versiche- rung von andern Menschen/ ohne unserer eige- nen innerlichen Vergewisserung/ nach Gele- genheit der Umstände zwar eine Wahrschein- ligkeit/ niemahls aber eine unstreitige Wahr- heit zuwege bringen könne. 21. Wenn dannenhero der Zustand des doch
Das 13. Hauptſtuͤck von denen ſe obligation der Kinder nicht weiter erſtre-cken/ als dieſelbige gehet. Denn ſie will nicht mehr ſagen/ als daß die Kinder dasjenige was ihnen die Eltern u. ſ. w. beybringen/ nur ſo lange fuͤr wahrſcheinlich halten/ biß ihr Verſtand ſelbſt reiff wird die Warheit zu un- terſuchen; nicht aber/ daß ſie glauben/ daß ſol- ches unſtreitig wahr ſey/ vielweniger/ daß ſie ſich ſolches taͤglich iemehr und mehr bere- den. Denn wir haben oben verhoffentlich ge- nugſam erwieſen/ daß die euſſerliche Verſiche- rung von andern Menſchen/ ohne unſerer eige- nen innerlichen Vergewiſſerung/ nach Gele- genheit der Umſtaͤnde zwar eine Wahrſchein- ligkeit/ niemahls aber eine unſtreitige Wahr- heit zuwege bringen koͤnne. 21. Wenn dannenhero der Zuſtand des doch
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Das 13. Hauptſtuͤck von denen
ſe obligation der Kinder nicht weiter erſtre-
cken/ als dieſelbige gehet. Denn ſie will nicht
mehr ſagen/ als daß die Kinder dasjenige was
ihnen die Eltern u. ſ. w. beybringen/ nur
ſo lange fuͤr wahrſcheinlich halten/ biß ihr
Verſtand ſelbſt reiff wird die Warheit zu un-
terſuchen; nicht aber/ daß ſie glauben/ daß ſol-
ches unſtreitig wahr ſey/ vielweniger/ daß
ſie ſich ſolches taͤglich iemehr und mehr bere-
den. Denn wir haben oben verhoffentlich ge-
nugſam erwieſen/ daß die euſſerliche Verſiche-
rung von andern Menſchen/ ohne unſerer eige-
nen innerlichen Vergewiſſerung/ nach Gele-
genheit der Umſtaͤnde zwar eine Wahrſchein-
ligkeit/ niemahls aber eine unſtreitige Wahr-
heit zuwege bringen koͤnne.
21. Wenn dannenhero der Zuſtand des
menſchlichen Geſchlechts zulieſe: daß eines
Theils die Eltern oder andere Menſchen de-
nen Kindern die wahre Errkaͤntniß des We-
ſens der Dinge und des guten beybraͤchten;
anders theils die Kinder alles das was ihnen
von verſtaͤndigen Leuten geſagt wird/ fuͤr be-
kant annaͤhmen/ auch ihren Eltern und Præ-
ceptoribus mehr glaubten als andern/ die ſie
von der Lehre dieſer abzufuͤhren trachten/ oder
doch
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