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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 13. Hauptstück von denen
gen dannenhero allezeit bey Erblickung einer
Sache: Was ist das?

11. Daraus pflegt ferner zu geschehen/ daß
die Kinder noch nicht fähig sind die signa von
denen Gedancken oder von denen eusserli-
chen Dingen
selbst zu entscheiden/ sondern
sie gläuben/ daß das signum und das Wesen
das es bedeutet/ eines sey. Z. e. das Wort:
Pferd/ Mensch/ Esel/ sey die Idea des Pfer-
des etc.

12. Ferner/ gleich wie alle Wissenschafft
dem Menschen gegeben ist/ seinen warhaffti-
gen Nutzen zu befördern/ und seinen Schaden
zu verhüten; also ist es leider mit dem Men-
schen so bewandt/ daß/ wie die bestien von Na-
tur das was ihnen schädlich ist/ meiden/ und
dem was ihnen nutzet/ nachtrachten/ der
Mensch in seiner Kindheit das böse von
dem guten nicht zu entscheiden weiß.

13. Ein junges Pferdt/ wenn es Berg-
unter gehet/ oder über einen Graben gehen
soll/ gehet sehr langsam/ und richtet die Be-
wegung seines Leibes darnach ein/ daß es nicht
fällt. Das Vieh scheuet gemeiniglich das
Feuer/ und ist wenig Gelegenheit unterworf-
fen sich selbst zu verletzen: Aber die Kinder

lauf-

Das 13. Hauptſtuͤck von denen
gen dannenhero allezeit bey Erblickung einer
Sache: Was iſt das?

11. Daraus pflegt ferner zu geſchehen/ daß
die Kinder noch nicht faͤhig ſind die ſigna von
denen Gedancken oder von denen euſſerli-
chen Dingen
ſelbſt zu entſcheiden/ ſondern
ſie glaͤuben/ daß das ſignum und das Weſen
das es bedeutet/ eines ſey. Z. e. das Wort:
Pferd/ Menſch/ Eſel/ ſey die Idea des Pfer-
des ꝛc.

12. Ferner/ gleich wie alle Wiſſenſchafft
dem Menſchen gegeben iſt/ ſeinen warhaffti-
gen Nutzen zu befoͤrdern/ und ſeinen Schaden
zu verhuͤten; alſo iſt es leider mit dem Men-
ſchen ſo bewandt/ daß/ wie die beſtien von Na-
tur das was ihnen ſchaͤdlich iſt/ meiden/ und
dem was ihnen nutzet/ nachtrachten/ der
Menſch in ſeiner Kindheit das boͤſe von
dem guten nicht zu entſcheiden weiß.

13. Ein junges Pferdt/ wenn es Berg-
unter gehet/ oder uͤber einen Graben gehen
ſoll/ gehet ſehr langſam/ und richtet die Be-
wegung ſeines Leibes darnach ein/ daß es nicht
faͤllt. Das Vieh ſcheuet gemeiniglich das
Feuer/ und iſt wenig Gelegenheit unterworf-
fen ſich ſelbſt zu verletzen: Aber die Kinder

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[292/0310] Das 13. Hauptſtuͤck von denen gen dannenhero allezeit bey Erblickung einer Sache: Was iſt das? 11. Daraus pflegt ferner zu geſchehen/ daß die Kinder noch nicht faͤhig ſind die ſigna von denen Gedancken oder von denen euſſerli- chen Dingen ſelbſt zu entſcheiden/ ſondern ſie glaͤuben/ daß das ſignum und das Weſen das es bedeutet/ eines ſey. Z. e. das Wort: Pferd/ Menſch/ Eſel/ ſey die Idea des Pfer- des ꝛc. 12. Ferner/ gleich wie alle Wiſſenſchafft dem Menſchen gegeben iſt/ ſeinen warhaffti- gen Nutzen zu befoͤrdern/ und ſeinen Schaden zu verhuͤten; alſo iſt es leider mit dem Men- ſchen ſo bewandt/ daß/ wie die beſtien von Na- tur das was ihnen ſchaͤdlich iſt/ meiden/ und dem was ihnen nutzet/ nachtrachten/ der Menſch in ſeiner Kindheit das boͤſe von dem guten nicht zu entſcheiden weiß. 13. Ein junges Pferdt/ wenn es Berg- unter gehet/ oder uͤber einen Graben gehen ſoll/ gehet ſehr langſam/ und richtet die Be- wegung ſeines Leibes darnach ein/ daß es nicht faͤllt. Das Vieh ſcheuet gemeiniglich das Feuer/ und iſt wenig Gelegenheit unterworf- fen ſich ſelbſt zu verletzen: Aber die Kinder lauf-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/310>, abgerufen am 24.11.2024.