Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Menschl. Vern. u. deren Wirckung.
richten. Diese Mittel aber werden dir selbst
zu erkennen geben/ daß das Thier bey der Er-
lernung keine Gedancken brauche.

53. Die manier, mit welcher jener vor al-
ters seinem Esel tantzen lehrete/ ist bekant/ und
auff was masse man heut zu Tage denen Pfer-
den und Hunden die Schulen beybringe/ be-
kräfftigen das/ was ich gesagt.

54. So folget auch aus diesen/ daß die Thie-
re zwar nach gemeiner Redens-Art sehen und
hören/ so ferne diese Dinge von denen Ein-
druckungen in das Gehirne gebraucht wer-
den/ aber eigentlich darvon zu reden sehen und
hören sie nicht/ denn es mangelt ihnen der sen-
sus communis,
der nichts anders ist als die
Gedancke/ daß ich sehe und höre.

55. Die Thiere können auch nicht träumen
denn die Träume sind Gedancken. Und wenn
ein Thier in Schlaffe bellet/ oder sonsten was
vornimmet/ gehet es auff gleiche Art zu/ als wie
mit denen Nachtgängern/ die des Morgens
nicht wissen/ was sie gethan.

56. Am aller unglaublichsten aber ist es/ daß
die Thiere ein Gedächtnüß haben solten.
Denn wie wilst du dir ein Gedächtnüß ohne
Gedancken einbilden.

57. Je-

Menſchl. Vern. u. deren Wirckung.
richten. Dieſe Mittel aber werden dir ſelbſt
zu erkennen geben/ daß das Thier bey der Er-
lernung keine Gedancken brauche.

53. Die manier, mit welcher jener vor al-
ters ſeinem Eſel tantzen lehrete/ iſt bekant/ und
auff was maſſe man heut zu Tage denen Pfer-
den und Hunden die Schulen beybringe/ be-
kraͤfftigen das/ was ich geſagt.

54. So folget auch aus dieſen/ daß die Thie-
re zwar nach gemeiner Redens-Art ſehen und
hoͤren/ ſo ferne dieſe Dinge von denen Ein-
druckungen in das Gehirne gebraucht wer-
den/ aber eigentlich darvon zu reden ſehen und
hoͤren ſie nicht/ denn es mangelt ihnen der ſen-
ſus communis,
der nichts anders iſt als die
Gedancke/ daß ich ſehe und hoͤre.

55. Die Thiere koͤnnen auch nicht traͤumen
denn die Traͤume ſind Gedancken. Und wenn
ein Thier in Schlaffe bellet/ oder ſonſten was
vornimmet/ gehet es auff gleiche Art zu/ als wie
mit denen Nachtgaͤngern/ die des Morgens
nicht wiſſen/ was ſie gethan.

56. Am aller unglaublichſten aber iſt es/ daß
die Thiere ein Gedaͤchtnuͤß haben ſolten.
Denn wie wilſt du dir ein Gedaͤchtnuͤß ohne
Gedancken einbilden.

57. Je-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0129" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Men&#x017F;chl. Vern. u. deren Wirckung.</hi></fw><lb/>
richten. Die&#x017F;e Mittel aber werden dir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu erkennen geben/ daß das Thier bey der Er-<lb/>
lernung keine Gedancken brauche.</p><lb/>
        <p>53. Die <hi rendition="#aq">manier,</hi> mit welcher jener vor al-<lb/>
ters &#x017F;einem E&#x017F;el tantzen lehrete/ i&#x017F;t bekant/ und<lb/>
auff was ma&#x017F;&#x017F;e man heut zu Tage denen Pfer-<lb/>
den und Hunden die Schulen beybringe/ be-<lb/>
kra&#x0364;fftigen das/ was ich ge&#x017F;agt.</p><lb/>
        <p>54. So folget auch aus die&#x017F;en/ daß die Thie-<lb/>
re zwar nach gemeiner Redens-Art <hi rendition="#fr">&#x017F;ehen</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">ho&#x0364;ren/</hi> &#x017F;o ferne die&#x017F;e Dinge von denen Ein-<lb/>
druckungen in das Gehirne gebraucht wer-<lb/>
den/ aber eigentlich darvon zu reden &#x017F;ehen und<lb/>
ho&#x0364;ren &#x017F;ie nicht/ denn es mangelt ihnen der <hi rendition="#aq">&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;us communis,</hi> der nichts anders i&#x017F;t als die<lb/>
Gedancke/ daß ich &#x017F;ehe und ho&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>55. Die Thiere ko&#x0364;nnen auch nicht <hi rendition="#fr">tra&#x0364;umen</hi><lb/>
denn die Tra&#x0364;ume &#x017F;ind Gedancken. Und wenn<lb/>
ein Thier in Schlaffe bellet/ oder &#x017F;on&#x017F;ten was<lb/>
vornimmet/ gehet es auff gleiche Art zu/ als wie<lb/>
mit denen Nachtga&#x0364;ngern/ die des Morgens<lb/>
nicht wi&#x017F;&#x017F;en/ was &#x017F;ie gethan.</p><lb/>
        <p>56. Am aller unglaublich&#x017F;ten aber i&#x017F;t es/ daß<lb/>
die Thiere ein <hi rendition="#fr">Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß</hi> haben &#x017F;olten.<lb/>
Denn wie wil&#x017F;t du dir ein Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß ohne<lb/>
Gedancken einbilden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">57. Je-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0129] Menſchl. Vern. u. deren Wirckung. richten. Dieſe Mittel aber werden dir ſelbſt zu erkennen geben/ daß das Thier bey der Er- lernung keine Gedancken brauche. 53. Die manier, mit welcher jener vor al- ters ſeinem Eſel tantzen lehrete/ iſt bekant/ und auff was maſſe man heut zu Tage denen Pfer- den und Hunden die Schulen beybringe/ be- kraͤfftigen das/ was ich geſagt. 54. So folget auch aus dieſen/ daß die Thie- re zwar nach gemeiner Redens-Art ſehen und hoͤren/ ſo ferne dieſe Dinge von denen Ein- druckungen in das Gehirne gebraucht wer- den/ aber eigentlich darvon zu reden ſehen und hoͤren ſie nicht/ denn es mangelt ihnen der ſen- ſus communis, der nichts anders iſt als die Gedancke/ daß ich ſehe und hoͤre. 55. Die Thiere koͤnnen auch nicht traͤumen denn die Traͤume ſind Gedancken. Und wenn ein Thier in Schlaffe bellet/ oder ſonſten was vornimmet/ gehet es auff gleiche Art zu/ als wie mit denen Nachtgaͤngern/ die des Morgens nicht wiſſen/ was ſie gethan. 56. Am aller unglaublichſten aber iſt es/ daß die Thiere ein Gedaͤchtnuͤß haben ſolten. Denn wie wilſt du dir ein Gedaͤchtnuͤß ohne Gedancken einbilden. 57. Je-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/129
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/129>, abgerufen am 17.05.2024.