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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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alten Hildebrand gewesen/ da ihn der Riese bey seinem Bart er-
wüschte und über die Achseln schleuderte. Meine Herrn/
wenn sie etwan teutsche Bücher/ so für ein baar hundert Jahren
geschrieben worden/ geles[e]n/ und dabey die herrlichen Holtzschnit-
te bemercket haben; so stellen sie sich nur für/ wenn einer der auff
dieselbe altväterische Art gekleidet wäre/ und den damahlen ge-
bräuchlichen deutschen dialectum (z. e. Es was ein Jung-
mann/ der was ein groß hoffierer der Maydt etc.
) redete/
und sich mit denen zu seiner Zeit gewöhnlichen Complimenten und
Reverentzen nichts geringes zu seyn düncken liesse/ uns itzo refor-
miren
wolte/ oder wenn M. Ortuinus Gratius und M. Jrus
Perlirus
die großen Fackeln jener Zeit eine Visitation auff un-
sern hohen Schulen anstellen wolten; wer würde wohl so dann
für der gantzen erbarn Welt auslachens würdig seyn? So halte
ich auch gäntzlich dafür/ daß die Nachahmung derer Frantzosen für
sich selbst an uns ohne sonderbahre Ursache gescholten werden kön-
ne. Eine Nachahmung ist allezeit lobens würdig/ wenn die
Sache selbst nichts scheltwürdiges an sich hat/ in Mitteldingen
verdienet selbige weder Lob noch Tadel. Bey dieser Bewand-
nüß nun/ gleich wie es mit denen Frantzösichen Sünden und
Kranckheiten seine geweisete Wege hat/ und kein Mensch solche
vertheidigen wird; auch beyde nicht für uns/ sondern jene für
die Herrn Theologos gehören/ diese aber denen Herren Me-
dicis
zu curiren gelassen werden müssen; also sind die Fran-
tzösischen Kleider/ Speisen/ Haußrath/ Sprachen und Sitten
solche Dinge/ welche wenn sie von Hoffarth/ Uppigkeit Uberfluß/
närrischer Affectation und andern Lastern entfernt seyn/ mit
nichten als denen Göttlichen Gesetzen zu wieder ausgeruffen wer-
den können; zum wenigsten würde es mir und meines gleichen
als ein unzeitiger Eyfer ausgedeutet werden/ wenn ich meine
Herren von dem Frantzösichen Sprachmeister an des Schottelii

teutsche
A 3

alten Hildebrand geweſen/ da ihn der Rieſe bey ſeinem Bart er-
wuͤſchte und uͤber die Achſeln ſchleuderte. Meine Herrn/
wenn ſie etwan teutſche Buͤcher/ ſo fuͤr ein baar hundert Jahren
geſchrieben worden/ geleſ[e]n/ und dabey die herrlichen Holtzſchnit-
te bemercket haben; ſo ſtellen ſie ſich nur fuͤr/ wenn einer der auff
dieſelbe altvaͤteriſche Art gekleidet waͤre/ und den damahlen ge-
braͤuchlichen deutſchen dialectum (z. e. Es was ein Jung-
mann/ der was ein groß hoffierer der Maydt ꝛc.
) redete/
und ſich mit denen zu ſeiner Zeit gewoͤhnlichen Complimenten und
Reverentzen nichts geringes zu ſeyn duͤncken lieſſe/ uns itzo refor-
miren
wolte/ oder wenn M. Ortuinus Gratius und M. Jrus
Perlirus
die großen Fackeln jener Zeit eine Viſitation auff un-
ſern hohen Schulen anſtellen wolten; wer wuͤrde wohl ſo dann
fuͤr der gantzen erbarn Welt auslachens wuͤrdig ſeyn? So halte
ich auch gaͤntzlich dafuͤr/ daß die Nachahmung derer Frantzoſen fuͤr
ſich ſelbſt an uns ohne ſonderbahre Urſache geſcholten werden koͤn-
ne. Eine Nachahmung iſt allezeit lobens wuͤrdig/ wenn die
Sache ſelbſt nichts ſcheltwürdiges an ſich hat/ in Mitteldingen
verdienet ſelbige weder Lob noch Tadel. Bey dieſer Bewand-
nuͤß nun/ gleich wie es mit denen Frantzoͤſichen Suͤnden und
Kranckheiten ſeine geweiſete Wege hat/ und kein Menſch ſolche
vertheidigen wird; auch beyde nicht fuͤr uns/ ſondern jene fuͤr
die Herrn Theologos gehoͤren/ dieſe aber denen Herren Me-
dicis
zu curiren gelaſſen werden muͤſſen; alſo ſind die Fran-
tzoͤſiſchen Kleider/ Speiſen/ Haußrath/ Sprachen und Sitten
ſolche Dinge/ welche wenn ſie von Hoffarth/ Uppigkeit Uberfluß/
naͤrriſcher Affectation und andern Laſtern entfernt ſeyn/ mit
nichten als denen Goͤttlichen Geſetzen zu wieder ausgeruffen wer-
den koͤnnen; zum wenigſten wuͤrde es mir und meines gleichen
als ein unzeitiger Eyfer ausgedeutet werden/ wenn ich meine
Herren von dem Frantzoͤſichen Sprachmeiſter an des Schottelii

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/7>, abgerufen am 24.11.2024.