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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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Unterhalt seines Staats und zur Nothwendigkeit des ge-
meinen Bestens vonnöthen/ auch was dererselben ihr Amt
sey? Wie die Gerechtigkeit gehandhabet werden müsse/ daß
keinem zu kurtz geschehe/ noch die Unterthanen durch lang-
weilige
Processe ausgesogen und mürbe gemacht werden?
Wie Zölle und
Contributiones ohne grosse Beschwerung
derer Unterthanen oder Hinderung der
Commercien an-
zulegen/ auch wie solche löblich und wohl angewendet wer-
den sollen? Und wie endlich derer Unterthanen Nahrung
mercklich gehäuffet und befördert werden könne?
Wenn
sage ich/ ein Fürst nicht allein dieses alles wohl verstünde/ und hier-
nechst so wohl in alten als neuen, so wohl in Kirchen-als pro-
fan-
Historien wohl versiret wäre/ auch fürnehmlich den
Zustand des H. Römischen Reichs deutlich innen hätte/ und
mit guter Art von allen durch eine geschickte Rede nach dem
kurtzen Hof-
stylo seine Gedancken eröffnen/ oder einen net-
ten und artigen Brieff verfertigen könte;
sondern uber dieses
dasjenige/ was insgemein zu dem Amte eines Fursten gehöret/
auff sich und seine Unterthanen insonderheit wohl zu appli-
ci
ren wüste; Die intention seiner Benachbarten; Seiner
Unterthanen
naturell/ das Thun und Verhalten seiner
Clerisey und Bedienten/ das Vermögen seiner Untertha-
nen/ die Nutzbarkeit seines Landes etc. genau bemerckete/
und aus diesem allen dienliche Mittel zu suchen wüste/
die gemeine Ruhe und Wohlfahrt zu befördern etc.

so halte ich gäntzlich dafür/ man würde einen solchen Herrn mit
gutem Fug für einen gelehrten Fürsten passiren lassen müssen/
und wo mir recht ist/ so hat Plato auff einen solchen gezielet/ wann
er gesaget: Daß alsdenn die Republiqven höchst glückselig seyn
würden/ wenn entweder die Fürsten philosophirten oder denen
Philosophis die Regiments-Last auffgetragen würde. Aber ist

denn

Unterhalt ſeines Staats und zur Nothwendigkeit des ge-
meinen Beſtens vonnoͤthen/ auch was dererſelben ihr Amt
ſey? Wie die Gerechtigkeit gehandhabet werden muͤſſe/ daß
keinem zu kurtz geſchehe/ noch die Unterthanen durch lang-
weilige
Proceſſe ausgeſogen und muͤrbe gemacht werden?
Wie Zoͤlle und
Contributiones ohne groſſe Beſchwerung
derer Unterthanen oder Hinderung der
Commercien an-
zulegen/ auch wie ſolche loͤblich und wohl angewendet wer-
den ſollen? Und wie endlich derer Unterthanen Nahrung
mercklich gehaͤuffet und befoͤrdert werden koͤnne?
Wenn
ſage ich/ ein Fuͤrſt nicht allein dieſes alles wohl verſtuͤnde/ und hier-
nechſt ſo wohl in alten als neuen, ſo wohl in Kirchen-als pro-
fan-
Hiſtorien wohl verſiret waͤre/ auch fuͤrnehmlich den
Zuſtand des H. Roͤmiſchen Reichs deutlich innen haͤtte/ und
mit guter Art von allen durch eine geſchickte Rede nach dem
kurtzen Hof-
ſtylo ſeine Gedancken eroͤffnen/ oder einen net-
ten und artigen Brieff verfertigen koͤnte;
ſondern uber dieſes
dasjenige/ was insgemein zu dem Amte eines Furſten gehoͤret/
auff ſich und ſeine Unterthanen inſonderheit wohl zu appli-
ci
ren wuͤſte; Die intention ſeiner Benachbarten; Seiner
Unterthanen
naturell/ das Thun und Verhalten ſeiner
Cleriſey und Bedienten/ das Vermoͤgen ſeiner Untertha-
nen/ die Nutzbarkeit ſeines Landes etc. genau bemerckete/
und aus dieſem allen dienliche Mittel zu ſuchen wuͤſte/
die gemeine Ruhe und Wohlfahrt zu befoͤrdern etc.

ſo halte ich gaͤntzlich dafuͤr/ man wuͤrde einen ſolchen Herrn mit
gutem Fug fuͤr einen gelehrten Fuͤrſten paſſiren laſſen muͤſſen/
und wo mir recht iſt/ ſo hat Plato auff einen ſolchen gezielet/ wann
er geſaget: Daß alsdenn die Republiqven hoͤchſt gluͤckſelig ſeyn
wuͤrden/ wenn entweder die Fuͤrſten philoſophirten oder denen
Philoſophis die Regiments-Laſt auffgetragen wuͤrde. Aber iſt

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[23/0025] Unterhalt ſeines Staats und zur Nothwendigkeit des ge- meinen Beſtens vonnoͤthen/ auch was dererſelben ihr Amt ſey? Wie die Gerechtigkeit gehandhabet werden muͤſſe/ daß keinem zu kurtz geſchehe/ noch die Unterthanen durch lang- weilige Proceſſe ausgeſogen und muͤrbe gemacht werden? Wie Zoͤlle und Contributiones ohne groſſe Beſchwerung derer Unterthanen oder Hinderung der Commercien an- zulegen/ auch wie ſolche loͤblich und wohl angewendet wer- den ſollen? Und wie endlich derer Unterthanen Nahrung mercklich gehaͤuffet und befoͤrdert werden koͤnne? Wenn ſage ich/ ein Fuͤrſt nicht allein dieſes alles wohl verſtuͤnde/ und hier- nechſt ſo wohl in alten als neuen, ſo wohl in Kirchen-als pro- fan-Hiſtorien wohl verſiret waͤre/ auch fuͤrnehmlich den Zuſtand des H. Roͤmiſchen Reichs deutlich innen haͤtte/ und mit guter Art von allen durch eine geſchickte Rede nach dem kurtzen Hof-ſtylo ſeine Gedancken eroͤffnen/ oder einen net- ten und artigen Brieff verfertigen koͤnte; ſondern uber dieſes dasjenige/ was insgemein zu dem Amte eines Furſten gehoͤret/ auff ſich und ſeine Unterthanen inſonderheit wohl zu appli- ciren wuͤſte; Die intention ſeiner Benachbarten; Seiner Unterthanen naturell/ das Thun und Verhalten ſeiner Cleriſey und Bedienten/ das Vermoͤgen ſeiner Untertha- nen/ die Nutzbarkeit ſeines Landes etc. genau bemerckete/ und aus dieſem allen dienliche Mittel zu ſuchen wuͤſte/ die gemeine Ruhe und Wohlfahrt zu befoͤrdern etc. ſo halte ich gaͤntzlich dafuͤr/ man wuͤrde einen ſolchen Herrn mit gutem Fug fuͤr einen gelehrten Fuͤrſten paſſiren laſſen muͤſſen/ und wo mir recht iſt/ ſo hat Plato auff einen ſolchen gezielet/ wann er geſaget: Daß alsdenn die Republiqven hoͤchſt gluͤckſelig ſeyn wuͤrden/ wenn entweder die Fuͤrſten philoſophirten oder denen Philoſophis die Regiments-Laſt auffgetragen wuͤrde. Aber iſt denn

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/25>, abgerufen am 25.11.2024.