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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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zu nichts mehr/ als Histörgen/ und neue Zeitungen darinnen zu-
schreiben/ nicht aber die Philosophischen oder derer höhern Fa-
cul
täten Lehren und Grund-Regeln in selbiger fürzustellen.
Denn wieviel sind unter uns/ die da meinen/ es sey die Wissen-
schafft der Lateinischen Sprache ein wesentliches Stücke eines
gelehrten Mannes/ und wer selbige nicht gelernet habe/ der kön-
ne ohnmöglich gelehret seyn; ja ich wolte wetten/ daß unter
denen/ so diesen meinen Discurs lesen werden/ fast die helffte die-
ses ihre erste censur werden seyn lassen/ daß ich ungereimt ge-
handelt/ weil ich solchen nicht in Lateinischer Zunge verfertiget;
so gar wird unter uns selbst der verächtlich gehalten der nur im
geringsten in diesen Stück zu beförderung guter Künste etwas in
unserer Sprache versuchen wolte. Dannenhero auch kein Wun-
der ist/ wenn es bey uns in Teutschland an guten übersetzungen
mangelt. Zwar so viel die Frantzösischen Schrifften betrifft/
dörffen wir eben die Exempel geschickter Versionen so gar weit
nicht holen/ so von berühmten Männern nur bey ihren müßi-
gen Nebenstunden verfertiget worden. Denn wer achtet die
Dollmetschung Mosis Amyraldi von Unterscheid der Religio-
nen/ und Jean d' Espagne von allgemeinen Jrrthümern/ nicht
für ein Meisterstück? des Molinaei Seelen-Friede und anderer
mehr anitzo zugeschweigen. Aber was Lateinische und Giiechi-
sche Scribenten betrifft/ werden wir auch wohl einen einigen fin-
den können/ den wir ohne Pralerey dem Vaugelas oder d' A-
blancourt
können entgegen setzen. Sind gleich unter uns ei-
nige/ die hierzu nicht ungeschickt wären/ so wäre es doch denen-
selben höchst vor übel zu halten/ wenn sie mit so grossen Fleiß/
als jene gethan eine recht nette Version ausarbeiteten/ da man
es ihnen doch kaum danck wissen/ oder mit Mühe und Noth die
Ubersetzung ungetadelt lassen würde. Die meisten Ubersetzun-
gen derer Autorum Classicorum sind von Schulleuten ver-

fertiget
C

zu nichts mehr/ als Hiſtoͤrgen/ und neue Zeitungen darinnen zu-
ſchreiben/ nicht aber die Philoſophiſchen oder derer hoͤhern Fa-
cul
taͤten Lehren und Grund-Regeln in ſelbiger fuͤrzuſtellen.
Denn wieviel ſind unter uns/ die da meinen/ es ſey die Wiſſen-
ſchafft der Lateiniſchen Sprache ein weſentliches Stuͤcke eines
gelehrten Mannes/ und wer ſelbige nicht gelernet habe/ der koͤn-
ne ohnmoͤglich gelehret ſeyn; ja ich wolte wetten/ daß unter
denen/ ſo dieſen meinen Diſcurs leſen werden/ faſt die helffte die-
ſes ihre erſte cenſur werden ſeyn laſſen/ daß ich ungereimt ge-
handelt/ weil ich ſolchen nicht in Lateiniſcher Zunge verfertiget;
ſo gar wird unter uns ſelbſt der veraͤchtlich gehalten der nur im
geringſten in dieſen Stuͤck zu befoͤrderung guter Kuͤnſte etwas in
unſerer Sprache verſuchen wolte. Dannenhero auch kein Wun-
der iſt/ wenn es bey uns in Teutſchland an guten uͤberſetzungen
mangelt. Zwar ſo viel die Frantzoͤſiſchen Schrifften betrifft/
doͤrffen wir eben die Exempel geſchickter Verſionen ſo gar weit
nicht holen/ ſo von beruͤhmten Maͤnnern nur bey ihren muͤßi-
gen Nebenſtunden verfertiget worden. Denn wer achtet die
Dollmetſchung Moſis Amyraldi von Unterſcheid der Religio-
nen/ und Jean d’ Eſpagne von allgemeinen Jrrthuͤmern/ nicht
fuͤr ein Meiſterſtuͤck? des Molinæi Seelen-Friede und anderer
mehr anitzo zugeſchweigen. Aber was Lateiniſche und Giiechi-
ſche Scribenten betrifft/ werden wir auch wohl einen einigen fin-
den koͤnnen/ den wir ohne Pralerey dem Vaugelas oder d’ A-
blancourt
koͤnnen entgegen ſetzen. Sind gleich unter uns ei-
nige/ die hierzu nicht ungeſchickt waͤren/ ſo waͤre es doch denen-
ſelben hoͤchſt vor uͤbel zu halten/ wenn ſie mit ſo groſſen Fleiß/
als jene gethan eine recht nette Verſion ausarbeiteten/ da man
es ihnen doch kaum danck wiſſen/ oder mit Muͤhe und Noth die
Uberſetzung ungetadelt laſſen wuͤrde. Die meiſten Uberſetzun-
gen derer Autorum Claſſicorum ſind von Schulleuten ver-

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[17/0019] zu nichts mehr/ als Hiſtoͤrgen/ und neue Zeitungen darinnen zu- ſchreiben/ nicht aber die Philoſophiſchen oder derer hoͤhern Fa- cultaͤten Lehren und Grund-Regeln in ſelbiger fuͤrzuſtellen. Denn wieviel ſind unter uns/ die da meinen/ es ſey die Wiſſen- ſchafft der Lateiniſchen Sprache ein weſentliches Stuͤcke eines gelehrten Mannes/ und wer ſelbige nicht gelernet habe/ der koͤn- ne ohnmoͤglich gelehret ſeyn; ja ich wolte wetten/ daß unter denen/ ſo dieſen meinen Diſcurs leſen werden/ faſt die helffte die- ſes ihre erſte cenſur werden ſeyn laſſen/ daß ich ungereimt ge- handelt/ weil ich ſolchen nicht in Lateiniſcher Zunge verfertiget; ſo gar wird unter uns ſelbſt der veraͤchtlich gehalten der nur im geringſten in dieſen Stuͤck zu befoͤrderung guter Kuͤnſte etwas in unſerer Sprache verſuchen wolte. Dannenhero auch kein Wun- der iſt/ wenn es bey uns in Teutſchland an guten uͤberſetzungen mangelt. Zwar ſo viel die Frantzoͤſiſchen Schrifften betrifft/ doͤrffen wir eben die Exempel geſchickter Verſionen ſo gar weit nicht holen/ ſo von beruͤhmten Maͤnnern nur bey ihren muͤßi- gen Nebenſtunden verfertiget worden. Denn wer achtet die Dollmetſchung Moſis Amyraldi von Unterſcheid der Religio- nen/ und Jean d’ Eſpagne von allgemeinen Jrrthuͤmern/ nicht fuͤr ein Meiſterſtuͤck? des Molinæi Seelen-Friede und anderer mehr anitzo zugeſchweigen. Aber was Lateiniſche und Giiechi- ſche Scribenten betrifft/ werden wir auch wohl einen einigen fin- den koͤnnen/ den wir ohne Pralerey dem Vaugelas oder d’ A- blancourt koͤnnen entgegen ſetzen. Sind gleich unter uns ei- nige/ die hierzu nicht ungeſchickt waͤren/ ſo waͤre es doch denen- ſelben hoͤchſt vor uͤbel zu halten/ wenn ſie mit ſo groſſen Fleiß/ als jene gethan eine recht nette Verſion ausarbeiteten/ da man es ihnen doch kaum danck wiſſen/ oder mit Muͤhe und Noth die Uberſetzung ungetadelt laſſen wuͤrde. Die meiſten Uberſetzun- gen derer Autorum Claſſicorum ſind von Schulleuten ver- fertiget C

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/19>, abgerufen am 24.11.2024.