Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 4. H. Von der Geschickligkeit dieselben zu practiciren ermangelt. Der gu-te Wille aber wird durch die Affecten verhin- dert. Denn gleich wie ein Richter/ der in bür- gerlichen Sachen ein rechtes Urtheil sprechen wil/ nicht allein in der Rechts-Gelahrheit er- fahren/ sondern auch zu keiner Parthey Liebe o- der Haß tragen muß. Also hindern auch der- gleichen Affecten einen Wahrheit-liebenden/ daß er weder eine rechte Auslegung eines Auto- ris, noch ein tüchtiges Urtheil von einer Schrifft geben kan. 48. Derowegen mercke dieses als die V. Le- 49. Die vornehmsten Affecten die uns an 50. Und
Das 4. H. Von der Geſchickligkeit dieſelben zu practiciren ermangelt. Der gu-te Wille aber wird durch die Affecten verhin- dert. Denn gleich wie ein Richter/ der in buͤr- gerlichen Sachen ein rechtes Urtheil ſprechen wil/ nicht allein in der Rechts-Gelahrheit er- fahren/ ſondern auch zu keiner Parthey Liebe o- der Haß tragen muß. Alſo hindern auch der- gleichen Affecten einen Wahrheit-liebenden/ daß er weder eine rechte Auslegung eines Auto- ris, noch ein tuͤchtiges Urtheil von einer Schrifft geben kan. 48. Derowegen mercke dieſes als die V. Le- 49. Die vornehmſten Affecten die uns an 50. Und
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Das 4. H. Von der Geſchickligkeit
dieſelben zu practiciren ermangelt. Der gu-
te Wille aber wird durch die Affecten verhin-
dert. Denn gleich wie ein Richter/ der in buͤr-
gerlichen Sachen ein rechtes Urtheil ſprechen
wil/ nicht allein in der Rechts-Gelahrheit er-
fahren/ ſondern auch zu keiner Parthey Liebe o-
der Haß tragen muß. Alſo hindern auch der-
gleichen Affecten einen Wahrheit-liebenden/
daß er weder eine rechte Auslegung eines Auto-
ris, noch ein tuͤchtiges Urtheil von einer Schrifft
geben kan.
48. Derowegen mercke dieſes als die V. Le-
ction. Urtheile nicht von einem Bu-
che/ wenn du ſelbiges nicht mit einer
geziemen den Gleichguͤltigkeit und
ohne Affecten durchleſen haſt. Und
mercke dieſes wiederumb mit deſto groͤſſerer At-
tention, weil dich die Erfahrung uͤberzeugen
wird/ daß kaum unter tauſend Judiciis von Au-
toribus vier oder noch weniger ſich befinden/ die
nicht dieſer Regel zuwider lauffen.
49. Die vornehmſten Affecten die uns an
rechtſchaffener Beurtheilung und Auslegung
hindern/ ſind die gemeiniglich aus einer unzeiti-
gen Hochachtung oder Verachtung/ entſte-
henden Liebe oder Haß eines Autoris.
50. Und
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