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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. von der Geschickligkeit
disciplin wohl gelernet habe/ dahin die Schrifft
des Autoris, den wir verstehen wollen/ gehöret/
und daß man die historiam Philosophi-
cam
von denen unterschiedenen Meinungen
der Philosophen wohl verstehe. Jn Erklärung
der Gesetze aber muß man in der Politic, und
in Erklärung der contracte in gemeinen Le-
ben und Wandel
wohl erfahren seyn/ sonst
wird man gewiß wenig oder gar nicht fortkom-
men können.

86. Und gleichwie wir sehr offte erwehnet/
daß man sich in Dingen/ die von der mensch-
lichen Vernunfft dependiren, an keine mensch-
liche autorität binden müsse; also müssen wir
auch in Untersuchung des Grund-Satzes
eines Autoris/ oder der Ursache eines Gese-
tzes nicht hauptsächlich auff dasjenige sehen/
was andere allbereit für eine Auslegung dar-
über gemacht haben/ wenn sie auch noch von
so grosser autorität wären/ sondern auff das/
was uns die Lehrsätze allgemeiner Ver-
nunfft
beybringen/ hauptsächlich unser Ab-
sehen richten.

87. Also muß ich nun z. e. denen Ausle-
gern des
Grotii, denen Commentariis ü-
ber das
Corpus Juris u. s. w. nicht trauen/

son-

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
diſciplin wohl gelernet habe/ dahin die Schrifft
des Autoris, den wir verſtehen wollen/ gehoͤret/
und daß man die hiſtoriam Philoſophi-
cam
von denen unterſchiedenen Meinungen
der Philoſophen wohl verſtehe. Jn Erklaͤrung
der Geſetze aber muß man in der Politic, und
in Erklaͤrung der contracte in gemeinen Le-
ben und Wandel
wohl erfahren ſeyn/ ſonſt
wird man gewiß wenig oder gar nicht fortkom-
men koͤnnen.

86. Und gleichwie wir ſehr offte erwehnet/
daß man ſich in Dingen/ die von der menſch-
lichen Vernunfft dependiren, an keine menſch-
liche autoritaͤt binden muͤſſe; alſo muͤſſen wir
auch in Unterſuchung des Grund-Satzes
eines Autoris/ oder der Urſache eines Geſe-
tzes nicht hauptſaͤchlich auff dasjenige ſehen/
was andere allbereit fuͤr eine Auslegung dar-
uͤber gemacht haben/ wenn ſie auch noch von
ſo groſſer autoritaͤt waͤren/ ſondern auff das/
was uns die Lehrſaͤtze allgemeiner Ver-
nunfft
beybringen/ hauptſaͤchlich unſer Ab-
ſehen richten.

87. Alſo muß ich nun z. e. denen Ausle-
gern des
Grotii, denen Commentariis uͤ-
ber das
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[196/0222] Das 3. H. von der Geſchickligkeit diſciplin wohl gelernet habe/ dahin die Schrifft des Autoris, den wir verſtehen wollen/ gehoͤret/ und daß man die hiſtoriam Philoſophi- cam von denen unterſchiedenen Meinungen der Philoſophen wohl verſtehe. Jn Erklaͤrung der Geſetze aber muß man in der Politic, und in Erklaͤrung der contracte in gemeinen Le- ben und Wandel wohl erfahren ſeyn/ ſonſt wird man gewiß wenig oder gar nicht fortkom- men koͤnnen. 86. Und gleichwie wir ſehr offte erwehnet/ daß man ſich in Dingen/ die von der menſch- lichen Vernunfft dependiren, an keine menſch- liche autoritaͤt binden muͤſſe; alſo muͤſſen wir auch in Unterſuchung des Grund-Satzes eines Autoris/ oder der Urſache eines Geſe- tzes nicht hauptſaͤchlich auff dasjenige ſehen/ was andere allbereit fuͤr eine Auslegung dar- uͤber gemacht haben/ wenn ſie auch noch von ſo groſſer autoritaͤt waͤren/ ſondern auff das/ was uns die Lehrſaͤtze allgemeiner Ver- nunfft beybringen/ hauptſaͤchlich unſer Ab- ſehen richten. 87. Alſo muß ich nun z. e. denen Ausle- gern des Grotii, denen Commentariis uͤ- ber das Corpus Juris u. ſ. w. nicht trauen/ ſon-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/222>, abgerufen am 06.05.2024.