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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. von der Geschickligkeit
legung derer Gesetze auff die rubric achtung
geben/ oder wovon der JCtus, daraus das
Gesetze genommen ist/ in dem Buche/ des-
sen die Uberschrifft er wehnet/
gehandelt ha-
be/ oder wenn sie beobachten/ was anders-
wo
Paulus oder Ulpianus von einerley mate-
rie
geschrieben/ weswegen der Labittus seinen
Judicem verfertiget hat.

72. Jch habe aber gesagt/ daß man nicht
leichte muthmasse/ daß ein
Autor seiner
vorigen Meinung werde wiedersprechen.

Denn es ist eine Anzeigung einer Unbestän-
digkeit/ und wäre einem Autori gar selten
rühmlich/ wenn er in einer Schrifft so bald
von einer Meinung zur andern fallen solte.
Gleichwohl aber geschiehet solches zu weilen/
daß ein Gesetzgeber seine Gesetze auffhebet/
ein Hausvater sein Testament ändert/ ein
Scribent, wenn er erkennet/ daß er aus
Menschlicher Schwachheit geirret/ oder wenn
er in wahrscheinlichen Dingen einer Sache
besser nachgedacht/ seiner vorigen Meinung in
einer andern Schrifft wieder spricht/ und die-
ses ist vielmehr höchlich an ihm zu loben/ weil
er dadurch zuverstehen gibt/ daß er bemühet
sey/ seinen Verstand von denen praejudictis

zu

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
legung derer Geſetze auff die rubric achtung
geben/ oder wovon der JCtus, daraus das
Geſetze genommen iſt/ in dem Buche/ deſ-
ſen die Uberſchrifft er wehnet/
gehandelt ha-
be/ oder wenn ſie beobachten/ was anders-
wo
Paulus oder Ulpianus von einerley mate-
rie
geſchrieben/ weswegen der Labittus ſeinen
Judicem verfertiget hat.

72. Jch habe aber geſagt/ daß man nicht
leichte muthmaſſe/ daß ein
Autor ſeiner
vorigen Meinung werde wiederſprechen.

Denn es iſt eine Anzeigung einer Unbeſtaͤn-
digkeit/ und waͤre einem Autori gar ſelten
ruͤhmlich/ wenn er in einer Schrifft ſo bald
von einer Meinung zur andern fallen ſolte.
Gleichwohl aber geſchiehet ſolches zu weilen/
daß ein Geſetzgeber ſeine Geſetze auffhebet/
ein Hausvater ſein Teſtament aͤndert/ ein
Scribent, wenn er erkennet/ daß er aus
Menſchlicher Schwachheit geirret/ oder wenn
er in wahrſcheinlichen Dingen einer Sache
beſſer nachgedacht/ ſeiner vorigen Meinung in
einer andern Schrifft wieder ſpricht/ und die-
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[186/0212] Das 3. H. von der Geſchickligkeit legung derer Geſetze auff die rubric achtung geben/ oder wovon der JCtus, daraus das Geſetze genommen iſt/ in dem Buche/ deſ- ſen die Uberſchrifft er wehnet/ gehandelt ha- be/ oder wenn ſie beobachten/ was anders- wo Paulus oder Ulpianus von einerley mate- rie geſchrieben/ weswegen der Labittus ſeinen Judicem verfertiget hat. 72. Jch habe aber geſagt/ daß man nicht leichte muthmaſſe/ daß ein Autor ſeiner vorigen Meinung werde wiederſprechen. Denn es iſt eine Anzeigung einer Unbeſtaͤn- digkeit/ und waͤre einem Autori gar ſelten ruͤhmlich/ wenn er in einer Schrifft ſo bald von einer Meinung zur andern fallen ſolte. Gleichwohl aber geſchiehet ſolches zu weilen/ daß ein Geſetzgeber ſeine Geſetze auffhebet/ ein Hausvater ſein Teſtament aͤndert/ ein Scribent, wenn er erkennet/ daß er aus Menſchlicher Schwachheit geirret/ oder wenn er in wahrſcheinlichen Dingen einer Sache beſſer nachgedacht/ ſeiner vorigen Meinung in einer andern Schrifft wieder ſpricht/ und die- ſes iſt vielmehr hoͤchlich an ihm zu loben/ weil er dadurch zuverſtehen gibt/ daß er bemuͤhet ſey/ ſeinen Verſtand von denen præjudictis zu

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/212>, abgerufen am 24.11.2024.