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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 2. H. von der Geschickligkeit
bißher von der Erforschung der capacität de-
rer Lehrlinge genung geredet/ uns auch nun-
mehro zu der andern lection wenden. Ge-
brauche dich einer solchen
methode in der
Unterweisung deiner wenigen Zuhörer/
durch die ihre
attention erwecket/ ihre Lust
zur Weißheit gestärcket/ ihr Verstand
geschärffet/ die
praejudicia täglich bestrit-
ten/ und die Grund-Warheiten im Ge-
gentheil täglich befestiget und gleichsam
unbeweglich gemacht werden.

108. Ja sagstu/ diese methode mag wohl ei-
ne vortreffliche gute Lehrart seyn. Aber ich
möchte gerne eine solche Lehrart sehen/ da ohne
Quacksalberichte Pralerey alle diese requisita
zusammen anzutreffen wären. Gewiß/ wenn
man eine solche Lehrart wüste/ sie wäre mit kei-
nem Werth wegen ihrer Vortreffligkeit zu be-
zahlen/ aber weil dieses unmöglich ist/ so
kömstu mir mit deiner Lection nicht anders
für als ein Zigeuner/ der einen blutarmen
Bettler gute Warheit saget/ und ihm nichts
anders sagt/ als: du viel Geld hast/ du reich
bist.

109. Allein mein lieber Freund/ die Sache
ist gantz nicht ohnmöglich/ ja sie ist vielmehr

gantz

Das 2. H. von der Geſchickligkeit
bißher von der Erforſchung der capacitaͤt de-
rer Lehrlinge genung geredet/ uns auch nun-
mehro zu der andern lection wenden. Ge-
brauche dich einer ſolchen
methode in der
Unterweiſung deiner wenigen Zuhoͤrer/
durch die ihre
attention erwecket/ ihre Luſt
zur Weißheit geſtaͤrcket/ ihr Verſtand
geſchaͤrffet/ die
præjudicia taͤglich beſtrit-
ten/ und die Grund-Warheiten im Ge-
gentheil taͤglich befeſtiget und gleichſam
unbeweglich gemacht werden.

108. Ja ſagſtu/ dieſe methode mag wohl ei-
ne vortreffliche gute Lehrart ſeyn. Aber ich
moͤchte gerne eine ſolche Lehrart ſehen/ da ohne
Quackſalberichte Pralerey alle dieſe requiſita
zuſammen anzutreffen waͤren. Gewiß/ wenn
man eine ſolche Lehrart wuͤſte/ ſie waͤre mit kei-
nem Werth wegen ihrer Vortreffligkeit zu be-
zahlen/ aber weil dieſes unmoͤglich iſt/ ſo
koͤmſtu mir mit deiner Lection nicht anders
fuͤr als ein Zigeuner/ der einen blutarmen
Bettler gute Warheit ſaget/ und ihm nichts
anders ſagt/ als: du viel Geld haſt/ du reich
biſt.

109. Allein mein lieber Freund/ die Sache
iſt gantz nicht ohnmoͤglich/ ja ſie iſt vielmehr

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[126/0152] Das 2. H. von der Geſchickligkeit bißher von der Erforſchung der capacitaͤt de- rer Lehrlinge genung geredet/ uns auch nun- mehro zu der andern lection wenden. Ge- brauche dich einer ſolchen methode in der Unterweiſung deiner wenigen Zuhoͤrer/ durch die ihre attention erwecket/ ihre Luſt zur Weißheit geſtaͤrcket/ ihr Verſtand geſchaͤrffet/ die præjudicia taͤglich beſtrit- ten/ und die Grund-Warheiten im Ge- gentheil taͤglich befeſtiget und gleichſam unbeweglich gemacht werden. 108. Ja ſagſtu/ dieſe methode mag wohl ei- ne vortreffliche gute Lehrart ſeyn. Aber ich moͤchte gerne eine ſolche Lehrart ſehen/ da ohne Quackſalberichte Pralerey alle dieſe requiſita zuſammen anzutreffen waͤren. Gewiß/ wenn man eine ſolche Lehrart wuͤſte/ ſie waͤre mit kei- nem Werth wegen ihrer Vortreffligkeit zu be- zahlen/ aber weil dieſes unmoͤglich iſt/ ſo koͤmſtu mir mit deiner Lection nicht anders fuͤr als ein Zigeuner/ der einen blutarmen Bettler gute Warheit ſaget/ und ihm nichts anders ſagt/ als: du viel Geld haſt/ du reich biſt. 109. Allein mein lieber Freund/ die Sache iſt gantz nicht ohnmoͤglich/ ja ſie iſt vielmehr gantz

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/152>, abgerufen am 22.11.2024.