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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 2. H. von der Geschickligkeit.
zubringen alsdenn erst dich unterfangen/ wenn
du in deinem Kopffe selbst auffgeräumet.

Dieses nun verstehet sich von sich selbsten.
Denn wie kanstu einen andern die Warheit
beybringen/ die du selbst noch nicht gegründet
weist. Mag auch ein Blinder einen andern
den weg weisen?

17. Jedoch wirstu auch unter hundert Leh-
rern zehen finden die dieses in acht genommen?
Wie viel sind ihrer vielmehr/ die noch allent-
halben alle Augenblicke andere unterwei-
sen/ und doch selbsten nichts verstehen/
weil
alle ihre Wissenschafft/ wenn es hoch kömmt/
darinnen bestehet/ daß sie hersagen/ was sie von
ihren Praeceptoribus gehört und was sie noch
in ihren MSS. oder andern Büchern finden/
und solcher gestalt noch in dem praejudicio au-
toritatis
biß an den Halß stecken.

18. Jch weiß wohl/ es betreugt uns allen ge-
meiniglich/ daß uns von Jugend auff vorgesa-
get wird: Qui nunquam male nunquam
bene. Docendo discimus.
Und was der-
gleichen Weidesprüche mehr sind/ durch die
uns auch wohl unsere Lehrer selbst anfrischen/
daß wir andere lehren ehe wir selbst gelehrt sind.
Aber ich weiß auch wohl/ daß dergleichen

Sprüche

Das 2. H. von der Geſchickligkeit.
zubringen alsdenn erſt dich unterfangen/ wenn
du in deinem Kopffe ſelbſt auffgeraͤumet.

Dieſes nun verſtehet ſich von ſich ſelbſten.
Denn wie kanſtu einen andern die Warheit
beybringen/ die du ſelbſt noch nicht gegruͤndet
weiſt. Mag auch ein Blinder einen andern
den weg weiſen?

17. Jedoch wirſtu auch unter hundert Leh-
rern zehen finden die dieſes in acht genommen?
Wie viel ſind ihrer vielmehr/ die noch allent-
halben alle Augenblicke andere unterwei-
ſen/ und doch ſelbſten nichts verſtehen/
weil
alle ihre Wiſſenſchafft/ wenn es hoch koͤmmt/
darinnen beſtehet/ daß ſie herſagen/ was ſie von
ihren Præceptoribus gehoͤrt und was ſie noch
in ihren MSS. oder andern Buͤchern finden/
und ſolcher geſtalt noch in dem præjudicio au-
toritatis
biß an den Halß ſtecken.

18. Jch weiß wohl/ es betreugt uns allen ge-
meiniglich/ daß uns von Jugend auff vorgeſa-
get wird: Qui nunquam malè nunquam
benè. Docendo diſcimus.
Und was der-
gleichen Weideſpruͤche mehr ſind/ durch die
uns auch wohl unſere Lehrer ſelbſt anfriſchen/
daß wir andere lehren ehe wir ſelbſt gelehrt ſind.
Aber ich weiß auch wohl/ daß dergleichen

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[82/0108] Das 2. H. von der Geſchickligkeit. zubringen alsdenn erſt dich unterfangen/ wenn du in deinem Kopffe ſelbſt auffgeraͤumet. Dieſes nun verſtehet ſich von ſich ſelbſten. Denn wie kanſtu einen andern die Warheit beybringen/ die du ſelbſt noch nicht gegruͤndet weiſt. Mag auch ein Blinder einen andern den weg weiſen? 17. Jedoch wirſtu auch unter hundert Leh- rern zehen finden die dieſes in acht genommen? Wie viel ſind ihrer vielmehr/ die noch allent- halben alle Augenblicke andere unterwei- ſen/ und doch ſelbſten nichts verſtehen/ weil alle ihre Wiſſenſchafft/ wenn es hoch koͤmmt/ darinnen beſtehet/ daß ſie herſagen/ was ſie von ihren Præceptoribus gehoͤrt und was ſie noch in ihren MSS. oder andern Buͤchern finden/ und ſolcher geſtalt noch in dem præjudicio au- toritatis biß an den Halß ſtecken. 18. Jch weiß wohl/ es betreugt uns allen ge- meiniglich/ daß uns von Jugend auff vorgeſa- get wird: Qui nunquam malè nunquam benè. Docendo diſcimus. Und was der- gleichen Weideſpruͤche mehr ſind/ durch die uns auch wohl unſere Lehrer ſelbſt anfriſchen/ daß wir andere lehren ehe wir ſelbſt gelehrt ſind. Aber ich weiß auch wohl/ daß dergleichen Spruͤche

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/108>, abgerufen am 07.05.2024.