Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. H. wie die Gemüths Neig.
oder eine dem Willen nahe kommenden Be-
gierde/ bis auff Cartesium der Jhn im Verstande/
oder doch zum wenigsten nicht in Willen einlogi-
ret; g] Welche Meinung wie sie gantz paradox ist/
und von eines jeden Menschen Empfindligkeit/
absonderlich aber durch die Exempel der Liebe/
Furcht/ Hoffnung u. s. w. wiederleget wird/ die
offenbahre Neigungen des Willens sind; also
wollen wir nur ein wenig betrachten/ was Carte-
sium
verführet/ daß er auf diese gantz irrige
Meinung gefallen
.

13. Es scheinet solches aus zweyerley Ursachen
hergekommen zuseyn: 1. Weil er alle Thätlig-
keiten der Menschlichen
Seelen dem Willen/
und das Leiden derselben dem Verstande zuge-
schrieben. 2. Weil er die Verwunderung für
einen Affect gehalten/ welches doch beydes ja so
fasch ist/ als daß der Affect nicht im Willen seyn
solle.

14. Die erste falsche Meinung erhellet daraus/
wenn er oben h] gesagt: Daß alles was der
Mensche wolle/ Thätligkeiten der Seele wä-
ren/ das andere aber alles wären Leiden-
schafften und Empfindungen der Seelen/
da
doch einem jeden seine eigene Empfindung zeiget/
daß so wohl der Menschliche Verstand/ als
der
Menschliche Wille seine Leidenschafften
und Thätligkeiten habe
.

15. Die
g] cap. 2. n. 30. 31.
h] supra cap. 2. n. 30. 31.

Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig.
oder eine dem Willen nahe kommenden Be-
gierde/ bis auff Carteſium der Jhn im Verſtande/
oder doch zum wenigſten nicht in Willen einlogi-
ret; g] Welche Meinung wie ſie gantz paradox iſt/
und von eines jeden Menſchen Empfindligkeit/
abſonderlich aber durch die Exempel der Liebe/
Furcht/ Hoffnung u. ſ. w. wiederleget wird/ die
offenbahre Neigungen des Willens ſind; alſo
wollen wir nur ein wenig betrachten/ was Carte-
ſium
verfuͤhret/ daß er auf dieſe gantz irrige
Meinung gefallen
.

13. Es ſcheinet ſolches aus zweyerley Urſachen
hergekommen zuſeyn: 1. Weil er alle Thaͤtlig-
keiten der Menſchlichen
Seelen dem Willen/
und das Leiden derſelben dem Verſtande zuge-
ſchrieben. 2. Weil er die Verwunderung fuͤr
einen Affect gehalten/ welches doch beydes ja ſo
faſch iſt/ als daß der Affect nicht im Willen ſeyn
ſolle.

14. Die erſte falſche Meinung erhellet daraus/
wenn er oben h] geſagt: Daß alles was der
Menſche wolle/ Thaͤtligkeiten der Seele waͤ-
ren/ das andere aber alles waͤren Leiden-
ſchafften und Empfindungen der Seelen/
da
doch einem jeden ſeine eigene Empfindung zeiget/
daß ſo wohl der Menſchliche Verſtand/ als
der
Menſchliche Wille ſeine Leidenſchafften
und Thaͤtligkeiten habe
.

15. Die
g] cap. 2. n. 30. 31.
h] ſuprà cap. 2. n. 30. 31.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 3. H. wie die Gemu&#x0364;ths Neig.</hi></fw><lb/>
oder eine dem Willen nahe kommenden Be-<lb/>
gierde/ bis auff <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Carte&#x017F;ium</hi></hi> der Jhn im Ver&#x017F;tande/<lb/>
oder doch zum wenig&#x017F;ten <hi rendition="#fr">nicht in Willen</hi> einlogi-<lb/>
ret; <note place="foot" n="g]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">cap. 2. n. 30. 31.</hi></hi></note> Welche Meinung wie &#x017F;ie gantz <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">paradox</hi></hi> i&#x017F;t/<lb/>
und von eines jeden Men&#x017F;chen Empfindligkeit/<lb/>
ab&#x017F;onderlich aber durch die Exempel der Liebe/<lb/>
Furcht/ Hoffnung u. &#x017F;. w. wiederleget wird/ die<lb/>
offenbahre Neigungen des Willens &#x017F;ind; al&#x017F;o<lb/>
wollen wir nur ein wenig betrachten/ <hi rendition="#fr">was</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Carte-<lb/>
&#x017F;ium</hi></hi> <hi rendition="#fr">verfu&#x0364;hret/ daß er auf die&#x017F;e gantz irrige<lb/>
Meinung gefallen</hi>.</p><lb/>
        <p>13. Es &#x017F;cheinet &#x017F;olches aus zweyerley Ur&#x017F;achen<lb/>
hergekommen zu&#x017F;eyn: 1. Weil er <hi rendition="#fr">alle Tha&#x0364;tlig-<lb/>
keiten der Men&#x017F;chlichen</hi> S<hi rendition="#fr">eelen dem Willen/</hi><lb/>
und das Leiden der&#x017F;elben dem Ver&#x017F;tande zuge-<lb/>
&#x017F;chrieben. 2. Weil <hi rendition="#fr">er die Verwunderung</hi> fu&#x0364;r<lb/><hi rendition="#fr">einen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> <hi rendition="#fr">gehalten/</hi> welches doch beydes ja &#x017F;o<lb/>
fa&#x017F;ch i&#x017F;t/ als daß der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> nicht im Willen &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;olle.</p><lb/>
        <p>14. Die er&#x017F;te fal&#x017F;che Meinung erhellet daraus/<lb/>
wenn er oben <note place="foot" n="h]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;uprà cap. 2. n. 30. 31.</hi></hi></note> ge&#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Daß alles was der<lb/>
Men&#x017F;che wolle/ Tha&#x0364;tligkeiten der Seele wa&#x0364;-<lb/>
ren/ das andere aber alles wa&#x0364;ren Leiden-<lb/>
&#x017F;chafften und Empfindungen der Seelen/</hi> da<lb/>
doch einem jeden &#x017F;eine eigene Empfindung zeiget/<lb/>
daß <hi rendition="#fr">&#x017F;o wohl der Men&#x017F;chliche Ver&#x017F;tand/ als<lb/>
der</hi> M<hi rendition="#fr">en&#x017F;chliche Wille &#x017F;eine Leiden&#x017F;chafften<lb/>
und Tha&#x0364;tligkeiten habe</hi>.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">15. Die</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0090] Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig. oder eine dem Willen nahe kommenden Be- gierde/ bis auff Carteſium der Jhn im Verſtande/ oder doch zum wenigſten nicht in Willen einlogi- ret; g] Welche Meinung wie ſie gantz paradox iſt/ und von eines jeden Menſchen Empfindligkeit/ abſonderlich aber durch die Exempel der Liebe/ Furcht/ Hoffnung u. ſ. w. wiederleget wird/ die offenbahre Neigungen des Willens ſind; alſo wollen wir nur ein wenig betrachten/ was Carte- ſium verfuͤhret/ daß er auf dieſe gantz irrige Meinung gefallen. 13. Es ſcheinet ſolches aus zweyerley Urſachen hergekommen zuſeyn: 1. Weil er alle Thaͤtlig- keiten der Menſchlichen Seelen dem Willen/ und das Leiden derſelben dem Verſtande zuge- ſchrieben. 2. Weil er die Verwunderung fuͤr einen Affect gehalten/ welches doch beydes ja ſo faſch iſt/ als daß der Affect nicht im Willen ſeyn ſolle. 14. Die erſte falſche Meinung erhellet daraus/ wenn er oben h] geſagt: Daß alles was der Menſche wolle/ Thaͤtligkeiten der Seele waͤ- ren/ das andere aber alles waͤren Leiden- ſchafften und Empfindungen der Seelen/ da doch einem jeden ſeine eigene Empfindung zeiget/ daß ſo wohl der Menſchliche Verſtand/ als der Menſchliche Wille ſeine Leidenſchafften und Thaͤtligkeiten habe. 15. Die g] cap. 2. n. 30. 31. h] ſuprà cap. 2. n. 30. 31.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/90
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/90>, abgerufen am 30.04.2024.