Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 2. Hauptst. von den Gemüths N.
kurtzen Extract gebracht worden; als wollen wir
aus besagten beyden Autoribus kürtzlich die Leh-
re des Epicuri von denen Affecten entwerffen.
Die Seele des Menschen hat nach des Epicuri
Meinung zwey Theile/ einen vernünfftigen/
nemlich das Gemüth/ und einen unvernünffti-
gen/
die Sinnligkeit/ und den Affect oder ap-
petit;
h) das Gemüthe soll mitten in der Brust/
die Sinnligkeit am gantzen Leibe/ der Affect
theils in der Brust/ theils an andern Theilen des
Leibes seinen Sitz haben. i)

22. Die Affecten sind nach dieser Meinung
Bewegungen der Seelen/ die in der Brust oder
einem andern Theile des menschlichen Leibes
entweder aus einer Meinung von guten und bö-
sen/ (z. e. der Zorn) oder aus Empfindung des-
selben/ (z. e. der Schmertz) entstehen. l)

23. Sie halten dafür/ daß man in der Be-
schreibung der Affecten nicht gedencken solle/ ob
der Affect der Natur zuwider sey oder nicht/ denn
dieses gehöre vielmehr zur Sitten-Lehre/ als zur
natürlichen Betrachtung der Affecten. m) Und
scheinet also doch daß sie den Affect an sich selbst
weder für gut noch böse/
sondern für indiffe-
rent
achten.

24. Die Bewegungen der Seele bestehen
in einer Niederlassung und Erhebung/ in einer

Zu-
h) Gassendus in Philos. Epicur. Syntag. f. m. 404.
i) Gassendus d. l. fol. 404. 410. 411.
l) Bernier dans
l' Abrege de la Phil. de Gassendi Tom. VII. p. 487.
m) Id. ibid. p. 488.

Das 2. Hauptſt. von den Gemuͤths N.
kurtzen Extract gebracht worden; als wollen wir
aus beſagten beyden Autoribus kuͤrtzlich die Leh-
re des Epicuri von denen Affecten entwerffen.
Die Seele des Menſchen hat nach des Epicuri
Meinung zwey Theile/ einen vernuͤnfftigen/
nemlich das Gemuͤth/ und einen unvernuͤnffti-
gen/
die Sinnligkeit/ und den Affect oder ap-
petit;
h) das Gemuͤthe ſoll mitten in der Bruſt/
die Sinnligkeit am gantzen Leibe/ der Affect
theils in der Bruſt/ theils an andern Theilen des
Leibes ſeinen Sitz haben. i)

22. Die Affecten ſind nach dieſer Meinung
Bewegungen der Seelen/ die in der Bruſt oder
einem andern Theile des menſchlichen Leibes
entweder aus einer Meinung von guten und boͤ-
ſen/ (z. e. der Zorn) oder aus Empfindung deſ-
ſelben/ (z. e. der Schmertz) entſtehen. l)

23. Sie halten dafuͤr/ daß man in der Be-
ſchreibung der Affecten nicht gedencken ſolle/ ob
der Affect der Natur zuwider ſey oder nicht/ denn
dieſes gehoͤre vielmehr zur Sitten-Lehre/ als zur
natuͤrlichen Betrachtung der Affecten. m) Und
ſcheinet alſo doch daß ſie den Affect an ſich ſelbſt
weder fuͤr gut noch boͤſe/
ſondern fuͤr indiffe-
rent
achten.

24. Die Bewegungen der Seele beſtehen
in einer Niederlaſſung und Erhebung/ in einer

Zu-
h) Gaſſendus in Philoſ. Epicur. Syntag. f. m. 404.
i) Gaſſendus d. l. fol. 404. 410. 411.
l) Bernier dans
l’ Abrege de la Phil. de Gaſſendi Tom. VII. p. 487.
m) Id. ibid. p. 488.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 2. Haupt&#x017F;t. von den Gemu&#x0364;ths N.</hi></fw><lb/>
kurtzen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Extract</hi></hi> gebracht worden; als wollen wir<lb/>
aus be&#x017F;agten beyden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Autoribus</hi></hi> ku&#x0364;rtzlich die Leh-<lb/>
re des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Epicuri</hi></hi> von denen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi>en entwerffen.<lb/>
Die <hi rendition="#fr">Seele</hi> des Men&#x017F;chen hat nach des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Epicuri</hi></hi><lb/>
Meinung zwey Theile/ einen <hi rendition="#fr">vernu&#x0364;nfftigen/</hi><lb/>
nemlich das Gemu&#x0364;th/ und einen <hi rendition="#fr">unvernu&#x0364;nffti-<lb/>
gen/</hi> die <hi rendition="#fr">Sinnligkeit/</hi> und <hi rendition="#fr">den</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> oder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ap-<lb/>
petit;</hi></hi> <note place="foot" n="h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ga&#x017F;&#x017F;endus in Philo&#x017F;. Epicur. Syntag. f. m. 404.</hi></hi></note> das Gemu&#x0364;the &#x017F;oll mitten in der Bru&#x017F;t/<lb/>
die Sinnligkeit am gantzen Leibe/ der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi><lb/>
theils in der Bru&#x017F;t/ theils an andern Theilen des<lb/>
Leibes &#x017F;einen Sitz haben. <note place="foot" n="i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ga&#x017F;&#x017F;endus d. l. fol. 404. 410. 411.</hi></hi></note></p><lb/>
        <p>22. <hi rendition="#fr">Die</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi><hi rendition="#fr">en &#x017F;ind</hi> nach die&#x017F;er Meinung<lb/>
Bewegungen der Seelen/ die in der Bru&#x017F;t oder<lb/>
einem andern Theile des men&#x017F;chlichen Leibes<lb/>
entweder aus einer Meinung von guten und bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en/ (z. e. der Zorn) oder aus Empfindung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben/ (z. e. der Schmertz) ent&#x017F;tehen. <note place="foot" n="l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bernier dans<lb/>
l&#x2019; Abrege de la Phil. de Ga&#x017F;&#x017F;endi Tom. VII. p. 487.</hi></hi></note></p><lb/>
        <p>23. Sie halten dafu&#x0364;r/ daß man in der Be-<lb/>
&#x017F;chreibung der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi>en nicht gedencken &#x017F;olle/ ob<lb/>
der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> der Natur zuwider &#x017F;ey oder nicht/ denn<lb/>
die&#x017F;es geho&#x0364;re vielmehr zur Sitten-Lehre/ als zur<lb/>
natu&#x0364;rlichen Betrachtung der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi>en. <note place="foot" n="m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Id. ibid. p. 488.</hi></hi></note> Und<lb/>
&#x017F;cheinet al&#x017F;o doch daß &#x017F;ie den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> <hi rendition="#fr">an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
weder fu&#x0364;r gut noch bo&#x0364;&#x017F;e/</hi> &#x017F;ondern fu&#x0364;r <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">indiffe-<lb/>
rent</hi></hi> achten.</p><lb/>
        <p>24. Die B<hi rendition="#fr">ewegungen der Seele</hi> be&#x017F;tehen<lb/>
in einer Niederla&#x017F;&#x017F;ung und Erhebung/ in einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zu-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0064] Das 2. Hauptſt. von den Gemuͤths N. kurtzen Extract gebracht worden; als wollen wir aus beſagten beyden Autoribus kuͤrtzlich die Leh- re des Epicuri von denen Affecten entwerffen. Die Seele des Menſchen hat nach des Epicuri Meinung zwey Theile/ einen vernuͤnfftigen/ nemlich das Gemuͤth/ und einen unvernuͤnffti- gen/ die Sinnligkeit/ und den Affect oder ap- petit; h) das Gemuͤthe ſoll mitten in der Bruſt/ die Sinnligkeit am gantzen Leibe/ der Affect theils in der Bruſt/ theils an andern Theilen des Leibes ſeinen Sitz haben. i) 22. Die Affecten ſind nach dieſer Meinung Bewegungen der Seelen/ die in der Bruſt oder einem andern Theile des menſchlichen Leibes entweder aus einer Meinung von guten und boͤ- ſen/ (z. e. der Zorn) oder aus Empfindung deſ- ſelben/ (z. e. der Schmertz) entſtehen. l) 23. Sie halten dafuͤr/ daß man in der Be- ſchreibung der Affecten nicht gedencken ſolle/ ob der Affect der Natur zuwider ſey oder nicht/ denn dieſes gehoͤre vielmehr zur Sitten-Lehre/ als zur natuͤrlichen Betrachtung der Affecten. m) Und ſcheinet alſo doch daß ſie den Affect an ſich ſelbſt weder fuͤr gut noch boͤſe/ ſondern fuͤr indiffe- rent achten. 24. Die Bewegungen der Seele beſtehen in einer Niederlaſſung und Erhebung/ in einer Zu- h) Gaſſendus in Philoſ. Epicur. Syntag. f. m. 404. i) Gaſſendus d. l. fol. 404. 410. 411. l) Bernier dans l’ Abrege de la Phil. de Gaſſendi Tom. VII. p. 487. m) Id. ibid. p. 488.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/64
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/64>, abgerufen am 22.11.2024.