Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.böse Affecten zu dämpffen. trösten würde. Ja man kan auch von denen Gü-tern/ die man allbereit würcklich besitzet/ in gleicher Proportion aus allen dreyen Classen einige/ die uns lieb seyn/ sich vorstellen/ und sein Hertze prü- fen/ bey welches Verlust man den grösten Schmertz und Widerstand empfinden würde. Spüret er dann/ daß in diesen vielen Exempeln die Decision nicht allemahl auf einen Affect fal- len solte/ so würde ihm das ein Zeichen seyn/ daß er in Formirung derselben die gehörige Propor- tion nicht allemahl in acht genommen/ oder sich sonsten auf eine andere Weise übereilet hätte. Daferne aber allemahl die Decision auf einen Affect fallen solte/ würde er ehe hoffen dürffen/ daß er den herrschenden Affect gefunden. 14. Jedoch kan ich nicht leugnen/ daß meh- gung G g 4
boͤſe Affecten zu daͤmpffen. troͤſten wuͤrde. Ja man kan auch von denen Guͤ-tern/ die man allbereit wuͤꝛcklich beſitzet/ in gleicher Proportion aus allen dreyen Claſſen einige/ die uns lieb ſeyn/ ſich vorſtellen/ und ſein Hertze pruͤ- fen/ bey welches Verluſt man den groͤſten Schmertz und Widerſtand empfinden wuͤrde. Spuͤret er dann/ daß in dieſen vielen Exempeln die Deciſion nicht allemahl auf einen Affect fal- len ſolte/ ſo wuͤrde ihm das ein Zeichen ſeyn/ daß er in Formirung derſelben die gehoͤrige Propor- tion nicht allemahl in acht genommen/ oder ſich ſonſten auf eine andere Weiſe uͤbereilet haͤtte. Daferne aber allemahl die Deciſion auf einen Affect fallen ſolte/ wuͤrde er ehe hoffen duͤrffen/ daß er den herrſchenden Affect gefunden. 14. Jedoch kan ich nicht leugnen/ daß meh- gung G g 4
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boͤſe Affecten zu daͤmpffen.
troͤſten wuͤrde. Ja man kan auch von denen Guͤ-
tern/ die man allbereit wuͤꝛcklich beſitzet/ in gleicher
Proportion aus allen dreyen Claſſen einige/ die
uns lieb ſeyn/ ſich vorſtellen/ und ſein Hertze pruͤ-
fen/ bey welches Verluſt man den groͤſten
Schmertz und Widerſtand empfinden wuͤrde.
Spuͤret er dann/ daß in dieſen vielen Exempeln
die Deciſion nicht allemahl auf einen Affect fal-
len ſolte/ ſo wuͤrde ihm das ein Zeichen ſeyn/ daß
er in Formirung derſelben die gehoͤrige Propor-
tion nicht allemahl in acht genommen/ oder ſich
ſonſten auf eine andere Weiſe uͤbereilet haͤtte.
Daferne aber allemahl die Deciſion auf einen
Affect fallen ſolte/ wuͤrde er ehe hoffen duͤrffen/
daß er den herrſchenden Affect gefunden.
14. Jedoch kan ich nicht leugnen/ daß meh-
rentheils bey Vorſtellung dergleichen Exem-
pel der herrſchende Affect, eben weil wir ſolches
mit der intention thun/ denſelben zu entdecken/
und doch gleichwohl mit dem Hertzen an ihn han-
gen/ entweder uns verfuͤhren werde/ daß wir
in Vorſtellung der Exempel die jetzo erforderte
Proportion nicht genau obſerviren/ oder doch/
daß wir in der Deciſion ſelbſt/ weil die Sache
nur fingiret iſt/ dieſelbe nicht ſo decidiren wer-
den/ als ſolches geſchehen wuͤrde/ wenn uns die-
ſelbe in der That betraͤffe/ oder wenn man uns
die Exempel vorlegte/ da wir nicht des Sinnes
waͤren/ uns ſelbſt zu erkennen. Derowegen iſt
noch zuletzt uͤbrig/ daß wir unſere Grund-Nei-
gung
G g 4
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