Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.böse Affecten zu dämpffen. Menschen so gefährlich als das andere/ weil ei-nes so wohl die vernünfftige Liebe bestreitet als das andere. Demnach wil nöthig seyn/ daß man in der Artzeney wider diese drey Affecten/ zuförderst auf die Cur der herrschenden Ge- müths-Neigung bedacht sey; Zumahl diese ohne dem/ so lange sie mit denen andern beyden concurriret/ ordentlicher Weise dieselbe unter sich zu halten pfleget. Wenn nun der herrschen- de Affect gedämpffet worden/ alsdann muß man den nachfolgenden/ und endlich den dritten und schwächsten ausrotten. 4. Dieses/ so vernünfftig als es auch ist/ doch
boͤſe Affecten zu daͤmpffen. Menſchen ſo gefaͤhrlich als das andere/ weil ei-nes ſo wohl die vernuͤnfftige Liebe beſtreitet als das andere. Demnach wil noͤthig ſeyn/ daß man in der Artzeney wider dieſe drey Affecten/ zufoͤrderſt auf die Cur der herrſchenden Ge- muͤths-Neigung bedacht ſey; Zumahl dieſe ohne dem/ ſo lange ſie mit denen andern beyden concurriret/ ordentlicher Weiſe dieſelbe unter ſich zu halten pfleget. Wenn nun der herrſchen- de Affect gedaͤmpffet worden/ alsdann muß man den nachfolgenden/ und endlich den dritten und ſchwaͤchſten ausrotten. 4. Dieſes/ ſo vernuͤnfftig als es auch iſt/ doch
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boͤſe Affecten zu daͤmpffen.
Menſchen ſo gefaͤhrlich als das andere/ weil ei-
nes ſo wohl die vernuͤnfftige Liebe beſtreitet als
das andere. Demnach wil noͤthig ſeyn/ daß
man in der Artzeney wider dieſe drey Affecten/
zufoͤrderſt auf die Cur der herrſchenden Ge-
muͤths-Neigung bedacht ſey; Zumahl dieſe
ohne dem/ ſo lange ſie mit denen andern beyden
concurriret/ ordentlicher Weiſe dieſelbe unter
ſich zu halten pfleget. Wenn nun der herrſchen-
de Affect gedaͤmpffet worden/ alsdann muß man
den nachfolgenden/ und endlich den dritten und
ſchwaͤchſten ausrotten.
4. Dieſes/ ſo vernuͤnfftig als es auch iſt/
muß man ſich doch deſto beſſer und deutlicher im-
primiren/ je mehr entweder ein jeder Menſch
durch ſeine Begierden verfuͤhret/ dar-
wider anzuſtoſſen pfleget/ und je mehr die gemei-
ne Philoſophie dieſe Verfuͤhrungen zuweilen
mit ihrer Autoritæt befeſtiget hat. Denn
weil ein jeder Menſch Gebrechen bey ſich empfin-
det/ und weil ihm die Vernunfft ſaget/ daß er
die Gebrechen abſchaffen ſolle/ ſo betreugt ihn
die Selbſt-Liebe zu der bey ihm herrſchenden
Paſſion, daß er in ſeiner Beſſerung gemeiniglich
nicht die herrſchende Paſſion angreifft/ ſondern
auf die ohne dem geringſte unter denen drey
laſterhafften Begierden faͤllet/ es ſey nun/ daß
ſolches geſchehe/ weil die Menſchen aus allzu
naͤrriſcher Liebe gegen ihre herrſchende Paſſion
dieſelbige fuͤr was Gutes/ oder zum wenigſten
doch
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