Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 14. H. von der vern. Kunst/ böse Affect. etc. Affect starck gemischet ist. Es ist ein grosser Unter-scheid unter dem Cogito, ergo sum: und unter dem Cogito taliter, ergo sum talis. n. 9. Zu Unter- suchung der herrschenden Neigung wird eine auf- richtige intention, und genaue attention erfodert. n. 10. Handgriff/ die herrschende Passion zu un- tersuchen/ durch Vorstellung einer Wahl unter drey- en unterschiedenen Weibes-Personen/ deren eine schön/ die andere vornehm/ die dritte reich/ eine zu heyrathen. n. 11. Bey Formirung der Exempel muß man die proportion wohl in acht nehmen. n. 12. Und zu dem Ende nach andern dergleichen Exem- peln mehr sich prüffen. n. 13. Jedoch sind auch diese Proben so sicher und gewiß nicht. n. 14. Der beste Handgriff ist/ zu betrachten/ mit was für Gedan- cken wir uns in unsern verlohrnen Einfällen belu- stigen. n. 15. Nach der Erkäntnüs der herrschen- den Passion soll ein Mensch die Vorurtheile des Wil- lens bey sich aufsuchen und ablegen. n. 16. Zu Ablegung des Vorurtheils der Nachahmung wird viel contribuiren/ wenn ein Mensch erweget/ daß nichts angenehmers/ geehrteres und nützlichers sey als die Tugend. n. 17. Und daß ein Wohllüsti- ger/ Ehr-Geitziger und Geld-Geitziger ohnmög- lich ein wahres Vergnügen habe. n. 18. Zu Able- gung des Vorurtheils der Ungedult muß er erwe- gen/ daß es nicht möglich sey/ die Besserung auf einmahl und auf einen Tag zu erlangen/ und daß er nicht verdrießlich werde/ wann ihm die Besse- rung erst nicht allzumercklich von statten gehet. n. 19. Hernach muß er die herrschende Begierde durch Ent- ziehung der Nahrung/ das ist durch Meidung bö- ser Gesellschafft und Entziehung der Gelegenheit/ [b]estreiten. n. 20. Die vernünfftige Liebe aber durch gute F f 5
Das 14. H. von der vern. Kunſt/ boͤſe Affect. ꝛc. Affect ſtarck gemiſchet iſt. Es iſt ein groſſer Unter-ſcheid unter dem Cogito, ergo ſum: und unter dem Cogito taliter, ergo ſum talis. n. 9. Zu Unter- ſuchung der herrſchenden Neigung wird eine auf- richtige intention, und genaue attention erfodert. n. 10. Handgriff/ die herrſchende Paſſion zu un- terſuchen/ durch Vorſtellung einer Wahl unter drey- en unterſchiedenen Weibes-Perſonen/ deren eine ſchoͤn/ die andere vornehm/ die dritte reich/ eine zu heyrathen. n. 11. Bey Formirung der Exempel muß man die proportion wohl in acht nehmen. n. 12. Und zu dem Ende nach andern dergleichen Exem- peln mehr ſich pruͤffen. n. 13. Jedoch ſind auch dieſe Proben ſo ſicher und gewiß nicht. n. 14. Der beſte Handgriff iſt/ zu betrachten/ mit was fuͤr Gedan- cken wir uns in unſern verlohrnen Einfaͤllen belu- ſtigen. n. 15. Nach der Erkaͤntnuͤs der herrſchen- den Paſſion ſoll ein Menſch die Vorurtheile des Wil- lens bey ſich aufſuchen und ablegen. n. 16. Zu Ablegung des Vorurtheils der Nachahmung wird viel contribuiren/ wenn ein Menſch erweget/ daß nichts angenehmers/ geehrteres und nuͤtzlichers ſey als die Tugend. n. 17. Und daß ein Wohlluͤſti- ger/ Ehr-Geitziger und Geld-Geitziger ohnmoͤg- lich ein wahres Vergnuͤgen habe. n. 18. Zu Able- gung des Vorurtheils der Ungedult muß er erwe- gen/ daß es nicht moͤglich ſey/ die Beſſerung auf einmahl und auf einen Tag zu erlangen/ und daß er nicht verdrießlich werde/ wann ihm die Beſſe- rung erſt nicht allzumercklich von ſtatten gehet. n. 19. Hernach muß er die herrſchende Begierde durch Ent- ziehung der Nahrung/ das iſt durch Meidung boͤ- ſer Geſellſchafft und Entziehung der Gelegenheit/ [b]eſtreiten. n. 20. Die vernuͤnfftige Liebe aber durch gute F f 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <argument> <p> <pb facs="#f0469" n="357"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 14. H. von der vern. Kunſt/ boͤſe <hi rendition="#aq">Affect.</hi> ꝛc.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Affect</hi> ſtarck gemiſchet iſt. Es iſt ein groſſer Unter-<lb/> ſcheid unter dem <hi rendition="#aq">Cogito, ergo ſum:</hi> und unter dem<lb/><hi rendition="#aq">Cogito taliter, ergo ſum talis. <hi rendition="#i">n.</hi></hi> 9. Zu Unter-<lb/> ſuchung der herrſchenden Neigung wird eine auf-<lb/> richtige <hi rendition="#aq">intention,</hi> und genaue <hi rendition="#aq">attention</hi> erfodert.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 10. Handgriff/ die herrſchende <hi rendition="#aq">Paſſion</hi> zu un-<lb/> terſuchen/ durch Vorſtellung einer Wahl unter drey-<lb/> en unterſchiedenen Weibes-Perſonen/ deren eine<lb/> ſchoͤn/ die andere vornehm/ die dritte reich/ eine<lb/> zu heyrathen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 11. Bey Formirung der Exempel<lb/> muß man die <hi rendition="#aq">proportion</hi> wohl in acht nehmen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 12.<lb/> Und zu dem Ende nach andern dergleichen Exem-<lb/> peln mehr ſich pruͤffen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 13. Jedoch ſind auch dieſe<lb/> Proben ſo ſicher und gewiß nicht. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 14. Der beſte<lb/> Handgriff iſt/ zu betrachten/ mit was fuͤr Gedan-<lb/> cken wir uns in unſern verlohrnen Einfaͤllen belu-<lb/> ſtigen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 15. Nach der Erkaͤntnuͤs der herrſchen-<lb/> den <hi rendition="#aq">Paſſion</hi> ſoll ein Menſch die Vorurtheile des Wil-<lb/> lens bey ſich aufſuchen und ablegen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 16. Zu<lb/> Ablegung des Vorurtheils der Nachahmung wird<lb/> viel <hi rendition="#aq">contribuir</hi>en/ wenn ein Menſch erweget/ daß<lb/> nichts angenehmers/ geehrteres und nuͤtzlichers<lb/> ſey als die Tugend. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 17. Und daß ein Wohlluͤſti-<lb/> ger/ Ehr-Geitziger und Geld-Geitziger ohnmoͤg-<lb/> lich ein wahres Vergnuͤgen habe. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 18. Zu Able-<lb/> gung des Vorurtheils der Ungedult muß er erwe-<lb/> gen/ daß es nicht moͤglich ſey/ die Beſſerung auf<lb/> einmahl und auf einen Tag zu erlangen/ und daß<lb/> er nicht verdrießlich werde/ wann ihm die Beſſe-<lb/> rung erſt nicht allzumercklich von ſtatten gehet. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 19.<lb/> Hernach muß er die herrſchende Begierde durch Ent-<lb/> ziehung der Nahrung/ das iſt durch Meidung boͤ-<lb/> ſer Geſellſchafft und Entziehung der Gelegenheit/<lb/><supplied>b</supplied>eſtreiten. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">n.</hi></hi> 20. Die vernuͤnfftige Liebe aber durch</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">F f 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">gute</fw><lb/> </p> </argument> </div> </body> </text> </TEI> [357/0469]
Das 14. H. von der vern. Kunſt/ boͤſe Affect. ꝛc.
Affect ſtarck gemiſchet iſt. Es iſt ein groſſer Unter-
ſcheid unter dem Cogito, ergo ſum: und unter dem
Cogito taliter, ergo ſum talis. n. 9. Zu Unter-
ſuchung der herrſchenden Neigung wird eine auf-
richtige intention, und genaue attention erfodert.
n. 10. Handgriff/ die herrſchende Paſſion zu un-
terſuchen/ durch Vorſtellung einer Wahl unter drey-
en unterſchiedenen Weibes-Perſonen/ deren eine
ſchoͤn/ die andere vornehm/ die dritte reich/ eine
zu heyrathen. n. 11. Bey Formirung der Exempel
muß man die proportion wohl in acht nehmen. n. 12.
Und zu dem Ende nach andern dergleichen Exem-
peln mehr ſich pruͤffen. n. 13. Jedoch ſind auch dieſe
Proben ſo ſicher und gewiß nicht. n. 14. Der beſte
Handgriff iſt/ zu betrachten/ mit was fuͤr Gedan-
cken wir uns in unſern verlohrnen Einfaͤllen belu-
ſtigen. n. 15. Nach der Erkaͤntnuͤs der herrſchen-
den Paſſion ſoll ein Menſch die Vorurtheile des Wil-
lens bey ſich aufſuchen und ablegen. n. 16. Zu
Ablegung des Vorurtheils der Nachahmung wird
viel contribuiren/ wenn ein Menſch erweget/ daß
nichts angenehmers/ geehrteres und nuͤtzlichers
ſey als die Tugend. n. 17. Und daß ein Wohlluͤſti-
ger/ Ehr-Geitziger und Geld-Geitziger ohnmoͤg-
lich ein wahres Vergnuͤgen habe. n. 18. Zu Able-
gung des Vorurtheils der Ungedult muß er erwe-
gen/ daß es nicht moͤglich ſey/ die Beſſerung auf
einmahl und auf einen Tag zu erlangen/ und daß
er nicht verdrießlich werde/ wann ihm die Beſſe-
rung erſt nicht allzumercklich von ſtatten gehet. n. 19.
Hernach muß er die herrſchende Begierde durch Ent-
ziehung der Nahrung/ das iſt durch Meidung boͤ-
ſer Geſellſchafft und Entziehung der Gelegenheit/
beſtreiten. n. 20. Die vernuͤnfftige Liebe aber durch
gute
F f 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/469 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/469>, abgerufen am 23.07.2024. |