Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 13. H. Von dem Zorn des Menschen doch sagt/ daß die Rache sein sey/ gar deutlich se-hen/ daß der Lehrsatz nicht richtig sey/ sondern vielleicht aus der Scholastischen Metaphysic o- der Pnevmatic herrühre/ wenn man vorwendet: Daß zwar die Schrifft/ wenn sie GOTT Affecten beyleget/ auff Menschliche Weise rede/ aber es würde doch der Heiligkeit sei- ner Majestät zu wider seyn/ wenn man GOtt einiges Wort beylegen wolte/ das bey uns in seiner eigenen Bedeutung etwas sündliches einschlösse. Denn dieser Satz fliesset offenbahr aus der anderswo weitläuss- tig wiederlegten Meinung der Scholasticker her/ daß Gottes heiliges Wesen die Richt- schnur des Menschlichen Thun und Lassens sey/ so ferne selbiges nach dem Recht der Na- tur einzurichten ist. Da doch zwischen Gottes Natur und der Menschen Natur/ auch in An- sehen der Tugend und Laster/ dieser merckli- che Unterscheid ist/ daß gleich wie der Mensch etliche Tugenden hat/ die nicht einmahl Mensch- licher Weise von GOtt können gesagt werden: als der Gehorsam/ die Danckbarkeit u. s. w. also auch etliche Dinge sind/ die bey dem Men- schen Laster seyn (weil sie der durchgehends gleichen Menschlichen Natur zu wider sind) die doch von GOTT/ weil er weit über den Menschen ist/ gar wohl können gesagt werden; unter welchen vornehmlich die Rache und Zorn ist/
Das 13. H. Von dem Zorn des Menſchen doch ſagt/ daß die Rache ſein ſey/ gar deutlich ſe-hen/ daß der Lehrſatz nicht richtig ſey/ ſondern vielleicht aus der Scholaſtiſchen Metaphyſic o- der Pnevmatic herruͤhre/ wenn man vorwendet: Daß zwar die Schrifft/ wenn ſie GOTT Affecten beyleget/ auff Menſchliche Weiſe rede/ aber es wuͤrde doch der Heiligkeit ſei- ner Majeſtaͤt zu wider ſeyn/ wenn man GOtt einiges Wort beylegen wolte/ das bey uns in ſeiner eigenen Bedeutung etwas ſuͤndliches einſchloͤſſe. Denn dieſer Satz flieſſet offenbahr aus der anderswo weitlaͤuſſ- tig wiederlegten Meinung der Scholaſticker her/ daß Gottes heiliges Weſen die Richt- ſchnur des Menſchlichen Thun und Laſſens ſey/ ſo ferne ſelbiges nach dem Recht der Na- tur einzurichten iſt. Da doch zwiſchen Gottes Natur und der Menſchen Natur/ auch in An- ſehen der Tugend und Laſter/ dieſer merckli- che Unterſcheid iſt/ daß gleich wie der Menſch etliche Tugenden hat/ die nicht einmahl Menſch- licher Weiſe von GOtt koͤnnen geſagt werden: als der Gehorſam/ die Danckbarkeit u. ſ. w. alſo auch etliche Dinge ſind/ die bey dem Men- ſchen Laſter ſeyn (weil ſie der durchgehends gleichen Menſchlichen Natur zu wider ſind) die doch von GOTT/ weil er weit uͤber den Menſchen iſt/ gar wohl koͤnnen geſagt werden; unter welchen vornehmlich die Rache und Zorn iſt/
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Das 13. H. Von dem Zorn des Menſchen
doch ſagt/ daß die Rache ſein ſey/ gar deutlich ſe-
hen/ daß der Lehrſatz nicht richtig ſey/ ſondern
vielleicht aus der Scholaſtiſchen Metaphyſic o-
der Pnevmatic herruͤhre/ wenn man vorwendet:
Daß zwar die Schrifft/ wenn ſie GOTT
Affecten beyleget/ auff Menſchliche Weiſe
rede/ aber es wuͤrde doch der Heiligkeit ſei-
ner Majeſtaͤt zu wider ſeyn/ wenn man
GOtt einiges Wort beylegen wolte/ das
bey uns in ſeiner eigenen Bedeutung etwas
ſuͤndliches einſchloͤſſe. Denn dieſer Satz
flieſſet offenbahr aus der anderswo weitlaͤuſſ-
tig wiederlegten Meinung der Scholaſticker
her/ daß Gottes heiliges Weſen die Richt-
ſchnur des Menſchlichen Thun und Laſſens
ſey/ ſo ferne ſelbiges nach dem Recht der Na-
tur einzurichten iſt. Da doch zwiſchen Gottes
Natur und der Menſchen Natur/ auch in An-
ſehen der Tugend und Laſter/ dieſer merckli-
che Unterſcheid iſt/ daß gleich wie der Menſch
etliche Tugenden hat/ die nicht einmahl Menſch-
licher Weiſe von GOtt koͤnnen geſagt werden:
als der Gehorſam/ die Danckbarkeit u. ſ. w.
alſo auch etliche Dinge ſind/ die bey dem Men-
ſchen Laſter ſeyn (weil ſie der durchgehends
gleichen Menſchlichen Natur zu wider ſind)
die doch von GOTT/ weil er weit uͤber den
Menſchen iſt/ gar wohl koͤnnen geſagt werden;
unter welchen vornehmlich die Rache und Zorn
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