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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 13. H. Von denen Kennzeichen
tags. Mahlzeit einem Gast frisch helffen zutrin-
cken/ nach der Mahlzeit auf der Drucktaffel oder
Kegelplane sich wieder eine Bewegung gemacht/
in die Comoedie, oder zun Klopffechtern/ Seiltän-
tzern/ von dar auff die Pfännerstube gegangen;
auff den Abend bey Tische wieder seine gute
Mahlzeit gethan/ drauff in Coffee Hause die ü-
berflüßigen Dünste mit etlichen Schälgen Thee
und einer Pfeiffe Toback zerstreuet/ auch damit
er was dabey verrichtet/ mit grossen Nachsinnen
etwa l'hombres gespielet u. s. w. Mein/ wer hat
unter diesen beyden wohl das meiste gethan? und
wer ist unter diesen beyden der Müßiggänger?

13. Das begreiffen wir zwar wohl/ daß
Müßiggang und Arbeitsamkeit einander ent-
gegen gesetzet wird/ aber deßhalben wissen wir
nicht so fort/ was Müßiggang sey/ weil sich bey
der Arbeitsamkeit so viel Scrupel ereignen/ als
bey jenen. Jn vielen oder wenig thun/ als
schon erwehnet/ dürffen wir den Unterscheid nicht
suchen. Vielleicht steckt es in der Art und Wei-
se
des Thuns? Die Arbeit wird mir sauer/
und ich gehe gerne müßig.
So wird wohl die
Arbeit in dem Thun/ das einem Menschen
sauer
wird/ bestehen/ und der Müßiggang in
dem Thun das dem Menschen leichte und mit
Lust
ankömmt. Und wie wolte es auch anders
seyn. Deßhalben ist ja auch der Müßiggang
ein Kind der Wohllust/ weil man Lust an
müßiggehen hat.

14. Aber

Das 13. H. Von denen Kennzeichen
tags. Mahlzeit einem Gaſt friſch helffen zutrin-
cken/ nach der Mahlzeit auf der Drucktaffel oder
Kegelplane ſich wieder eine Bewegung gemacht/
in die Comœdie, oder zun Klopffechteꝛn/ Seiltaͤn-
tzern/ von dar auff die Pfaͤnnerſtube gegangen;
auff den Abend bey Tiſche wieder ſeine gute
Mahlzeit gethan/ drauff in Coffee Hauſe die uͤ-
berfluͤßigen Duͤnſte mit etlichen Schaͤlgen Thee
und einer Pfeiffe Toback zerſtreuet/ auch damit
er was dabey verrichtet/ mit groſſen Nachſinnen
etwa l’hombres geſpielet u. ſ. w. Mein/ wer hat
unter dieſen beyden wohl das meiſte gethan? und
wer iſt unter dieſen beyden der Muͤßiggaͤnger?

13. Das begreiffen wir zwar wohl/ daß
Muͤßiggang und Arbeitſamkeit einander ent-
gegen geſetzet wird/ aber deßhalben wiſſen wir
nicht ſo fort/ was Muͤßiggang ſey/ weil ſich bey
der Arbeitſamkeit ſo viel Scrupel ereignen/ als
bey jenen. Jn vielen oder wenig thun/ als
ſchon erwehnet/ duͤrffen wir den Unterſcheid nicht
ſuchen. Vielleicht ſteckt es in der Art und Wei-
ſe
des Thuns? Die Arbeit wird mir ſauer/
und ich gehe gerne muͤßig.
So wird wohl die
Arbeit in dem Thun/ das einem Menſchen
ſauer
wird/ beſtehen/ und der Muͤßiggang in
dem Thun das dem Menſchen leichte und mit
Luſt
ankoͤmmt. Und wie wolte es auch anders
ſeyn. Deßhalben iſt ja auch der Muͤßiggang
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14. Aber
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[404/0416] Das 13. H. Von denen Kennzeichen tags. Mahlzeit einem Gaſt friſch helffen zutrin- cken/ nach der Mahlzeit auf der Drucktaffel oder Kegelplane ſich wieder eine Bewegung gemacht/ in die Comœdie, oder zun Klopffechteꝛn/ Seiltaͤn- tzern/ von dar auff die Pfaͤnnerſtube gegangen; auff den Abend bey Tiſche wieder ſeine gute Mahlzeit gethan/ drauff in Coffee Hauſe die uͤ- berfluͤßigen Duͤnſte mit etlichen Schaͤlgen Thee und einer Pfeiffe Toback zerſtreuet/ auch damit er was dabey verrichtet/ mit groſſen Nachſinnen etwa l’hombres geſpielet u. ſ. w. Mein/ wer hat unter dieſen beyden wohl das meiſte gethan? und wer iſt unter dieſen beyden der Muͤßiggaͤnger? 13. Das begreiffen wir zwar wohl/ daß Muͤßiggang und Arbeitſamkeit einander ent- gegen geſetzet wird/ aber deßhalben wiſſen wir nicht ſo fort/ was Muͤßiggang ſey/ weil ſich bey der Arbeitſamkeit ſo viel Scrupel ereignen/ als bey jenen. Jn vielen oder wenig thun/ als ſchon erwehnet/ duͤrffen wir den Unterſcheid nicht ſuchen. Vielleicht ſteckt es in der Art und Wei- ſe des Thuns? Die Arbeit wird mir ſauer/ und ich gehe gerne muͤßig. So wird wohl die Arbeit in dem Thun/ das einem Menſchen ſauer wird/ beſtehen/ und der Muͤßiggang in dem Thun das dem Menſchen leichte und mit Luſt ankoͤmmt. Und wie wolte es auch anders ſeyn. Deßhalben iſt ja auch der Muͤßiggang ein Kind der Wohlluſt/ weil man Luſt an muͤßiggehen hat. 14. Aber

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/416>, abgerufen am 03.05.2024.