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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 12. H. von der Vermischung
men-Christen insgemein in der application
Glücks oder Unglücks offt schlimmer als Heyden/
zum wenigsten als viele heydnische Philosophi
sind. Gehet es einen Menschen nach Hertzens
Wunsch/
daß er reich und geehret in der Welt
wird/ hält man solches vor ein grosses Glücke.
Will es aber mit einem weder hinter sich noch
vor sich fort/ sondern er findet allenthalben Hin-
dernüß/ wird offters mit Kranckheit heimgesucht/
kömmt durch allerhand Zufälle umb das seine
u. s. w. sagt man/ er sey ein unglücklicher Mensch.
Da doch ein Heyde auch aus gesunder Ver-
nunfft begreiffen kan/ daß der warhafftig un-
glücklich
sey/ dem alles in seinen Begierden nach
Hertzens Wunsch gehet/ weil er dadurch von
seiner selbst Erkäntnüß abgehalten und immer
mehr und mehr ein Sclave seiner Begierden
wird/ und daß der jenige glücklich oder doch zum
wenigsten nicht unglücklich sey/ dessen Begier-
den die Göttliche Vorsehung Widerstand thut/
und ihm die Gelegenheiten dieselben zu stillen ent-
ziehet/ oder durch Beraubung derer Dinge/ daran
er mit seinen Hertzen henget/ seine Begierden
mortificiret. Wie mancher würde seinen Be-
gierden nach der Liederlichste und debouchante-
ste Mensch worden seyn/ wenn ihm GOtt nicht
durch Armuth oder Kranckheit/ scharffe Erzie-
hung u. d. g. widerstanden/ und dadurch zu Be-
trachtung u. Erkäntniß seiner Thorheit gebracht.
Wie mancher würde seinem Ehrgeitze nach in die

grösten

Das 12. H. von der Vermiſchung
men-Chriſten insgemein in der application
Gluͤcks oder Ungluͤcks offt ſchlimmer als Heyden/
zum wenigſten als viele heydniſche Philoſophi
ſind. Gehet es einen Menſchen nach Hertzens
Wunſch/
daß er reich und geehret in der Welt
wird/ haͤlt man ſolches vor ein groſſes Gluͤcke.
Will es aber mit einem weder hinter ſich noch
vor ſich fort/ ſondern er findet allenthalben Hin-
dernuͤß/ wird offters mit Kranckheit heimgeſucht/
koͤmmt durch allerhand Zufaͤlle umb das ſeine
u. ſ. w. ſagt man/ er ſey ein ungluͤcklicher Menſch.
Da doch ein Heyde auch aus geſunder Ver-
nunfft begreiffen kan/ daß der warhafftig un-
gluͤcklich
ſey/ dem alles in ſeinen Begierden nach
Hertzens Wunſch gehet/ weil er dadurch von
ſeiner ſelbſt Erkaͤntnuͤß abgehalten und immer
mehr und mehr ein Sclave ſeiner Begierden
wird/ und daß der jenige gluͤcklich oder doch zum
wenigſten nicht ungluͤcklich ſey/ deſſen Begier-
den die Goͤttliche Vorſehung Widerſtand thut/
und ihm die Gelegenheiten dieſelben zu ſtillen ent-
ziehet/ oder durch Beraubung derer Dinge/ daran
er mit ſeinen Hertzen henget/ ſeine Begierden
mortificiret. Wie mancher wuͤrde ſeinen Be-
gierden nach der Liederlichſte und debouchante-
ſte Menſch worden ſeyn/ wenn ihm GOtt nicht
durch Armuth oder Kranckheit/ ſcharffe Erzie-
hung u. d. g. widerſtanden/ und dadurch zu Be-
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[340/0352] Das 12. H. von der Vermiſchung men-Chriſten insgemein in der application Gluͤcks oder Ungluͤcks offt ſchlimmer als Heyden/ zum wenigſten als viele heydniſche Philoſophi ſind. Gehet es einen Menſchen nach Hertzens Wunſch/ daß er reich und geehret in der Welt wird/ haͤlt man ſolches vor ein groſſes Gluͤcke. Will es aber mit einem weder hinter ſich noch vor ſich fort/ ſondern er findet allenthalben Hin- dernuͤß/ wird offters mit Kranckheit heimgeſucht/ koͤmmt durch allerhand Zufaͤlle umb das ſeine u. ſ. w. ſagt man/ er ſey ein ungluͤcklicher Menſch. Da doch ein Heyde auch aus geſunder Ver- nunfft begreiffen kan/ daß der warhafftig un- gluͤcklich ſey/ dem alles in ſeinen Begierden nach Hertzens Wunſch gehet/ weil er dadurch von ſeiner ſelbſt Erkaͤntnuͤß abgehalten und immer mehr und mehr ein Sclave ſeiner Begierden wird/ und daß der jenige gluͤcklich oder doch zum wenigſten nicht ungluͤcklich ſey/ deſſen Begier- den die Goͤttliche Vorſehung Widerſtand thut/ und ihm die Gelegenheiten dieſelben zu ſtillen ent- ziehet/ oder durch Beraubung derer Dinge/ daran er mit ſeinen Hertzen henget/ ſeine Begierden mortificiret. Wie mancher wuͤrde ſeinen Be- gierden nach der Liederlichſte und debouchante- ſte Menſch worden ſeyn/ wenn ihm GOtt nicht durch Armuth oder Kranckheit/ ſcharffe Erzie- hung u. d. g. widerſtanden/ und dadurch zu Be- trachtung u. Erkaͤntniß ſeiner Thorheit gebracht. Wie mancher wuͤrde ſeinem Ehrgeitze nach in die groͤſten

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/352>, abgerufen am 28.11.2024.