Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 12. H. von der Vermischung solches zu praetendiren/ und da wir vielmehr unssolten nach denen Umständen richten. Es ist kein Mensch in der Welt/ er sey so geringe und schlecht als er wolle/ der nicht täglich ja augen- blicklich die schönsten Gelegenheiten hat/ wo nicht andern Menschen zu dienen/ doch sich felbsten zu bessern/ und die Wiederwärtigkei- ten zu Tilgung seiner Begierden zu brauchen. Aber gleich wie alle unsere Begierden nach Din- gen trachten die sie noch nicht haben/ und an Din- gen die wir besitzen einen Eckel bey uns erwecken; Also gaffen wir nach anderer Leute Gelegenheit/ und lassen die fahren die uns gegeben wird. 26. So unvernünfftig nun als es ist/ vorzu- rigen
Das 12. H. von der Vermiſchung ſolches zu prætendiren/ und da wir vielmehr unsſolten nach denen Umſtaͤnden richten. Es iſt kein Menſch in der Welt/ er ſey ſo geringe und ſchlecht als er wolle/ der nicht taͤglich ja augen- blicklich die ſchoͤnſten Gelegenheiten hat/ wo nicht andern Menſchen zu dienen/ doch ſich felbſten zu beſſern/ und die Wiederwaͤrtigkei- ten zu Tilgung ſeiner Begierden zu brauchen. Aber gleich wie alle unſere Begierden nach Din- gen trachten die ſie noch nicht haben/ und an Din- gen die wir beſitzen einen Eckel bey uns erwecken; Alſo gaffen wir nach anderer Leute Gelegenheit/ und laſſen die fahren die uns gegeben wird. 26. So unvernuͤnfftig nun als es iſt/ vorzu- rigen
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Das 12. H. von der Vermiſchung
ſolches zu prætendiren/ und da wir vielmehr uns
ſolten nach denen Umſtaͤnden richten. Es iſt kein
Menſch in der Welt/ er ſey ſo geringe und
ſchlecht als er wolle/ der nicht taͤglich ja augen-
blicklich die ſchoͤnſten Gelegenheiten hat/ wo
nicht andern Menſchen zu dienen/ doch ſich
felbſten zu beſſern/ und die Wiederwaͤrtigkei-
ten zu Tilgung ſeiner Begierden zu brauchen.
Aber gleich wie alle unſere Begierden nach Din-
gen trachten die ſie noch nicht haben/ und an Din-
gen die wir beſitzen einen Eckel bey uns erwecken;
Alſo gaffen wir nach anderer Leute Gelegenheit/
und laſſen die fahren die uns gegeben wird.
26. So unvernuͤnfftig nun als es iſt/ vorzu-
geben/ daß ein jeder Menſch ſein eigen Gluͤck
oder Ungluͤck ſich ſelbſten mache/ ſo vernuͤnff-
tig iſt es auch/ nach dem das Wort Gluͤck oder
Ungluͤck genommen wird. Nim̃t man es dafuͤr/
daß man ſeine Begierden ſaͤtigen oder ſeines Her-
tzens Wunſch erlangen koͤnne/ wenn man es
nur recht anfange/ ſo iſt dieſe Rede falſch. Ob
wohl nicht zu laͤugnen daß viel gelehrte und groſſe
Leute dieſelbe im Munde und in der Feder zu fuͤh-
ren pflegen/ auch gantze Buͤcher davon geſchrie-
ben ſeyn/ die man jungen Leuten recommendi-
ret als groſſe wichtige Geheimnuͤße: Hieher ge-
hoͤren Beſſels Schmiede des Politiſchen
Gluͤcks: Des Herrn de Calliere von Gluͤck
fuͤrnehmer Herren und Edelleute/ Gratians
Heros und Homme de Cour &c. Die bishe-
rigen
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