Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.der drey Haupt-Laster. tze blutet/ bis er seine Gelegenheit ersiehet/ daß erdas ihn drückende Ubel vom Halse loß werden kan/ da er dann sich anstellet/ als wenn er wenig dabey interessiret wäre/ und durch die dritte oder vierdte Hand solches nachdrücklich von sich weltzet/ und seine darüber geschöpffte Freude so wenig als möglich ist bezeiget/ wiewohl ihm den- noch einige Zeichen davon wo nicht in Worten/ doch in Minen mehrentheils entfahren. Jst nun der Ehrgeitz oben an/ so ist mehr Grimm und offenbahre Gewalt/ bey mehreren Geld- geitz aber mehr hämische Verstellung zu spüren. Jedoch nennet die Welt eine solche mixtur ein sonderlich ungemein phlegma oder löbliche Großmuth: Und sind diese Gemüther sehr tüchtig bey Hofe die grossen Pillen/ daran ein ander Gemüthe erworgen möchte/ zu verdauen. Kömmt nun Wollust noch mit einer guten dosi in die mixtur, wird die Furcht vergrössert/ und die kühne Ausbrechung eher gemindert/ die Ver- stellung ist gleichfalls nicht so groß/ man spüret aber auch die Grausamkeit daß sie in offenbah- rere Zeichen ausbreche. 10. Grosse Leute in der Welt sind dem geitzes-
der drey Haupt-Laſter. tze blutet/ bis er ſeine Gelegenheit erſiehet/ daß erdas ihn druͤckende Ubel vom Halſe loß werden kan/ da er dann ſich anſtellet/ als wenn er wenig dabey intereſſiret waͤre/ und durch die dritte oder vierdte Hand ſolches nachdruͤcklich von ſich weltzet/ und ſeine daruͤber geſchoͤpffte Freude ſo wenig als moͤglich iſt bezeiget/ wiewohl ihm den- noch einige Zeichen davon wo nicht in Worten/ doch in Minen mehrentheils entfahren. Jſt nun der Ehrgeitz oben an/ ſo iſt mehr Grimm und offenbahre Gewalt/ bey mehreren Geld- geitz aber mehr haͤmiſche Verſtellung zu ſpuͤren. Jedoch nennet die Welt eine ſolche mixtur ein ſonderlich ungemein phlegma oder loͤbliche Großmuth: Und ſind dieſe Gemuͤther ſehr tuͤchtig bey Hofe die groſſen Pillen/ daran ein ander Gemuͤthe erworgen moͤchte/ zu verdauen. Koͤm̃t nun Wolluſt noch mit einer guten doſi in die mixtur, wird die Furcht vergroͤſſert/ und die kuͤhne Ausbrechung eher gemindert/ die Ver- ſtellung iſt gleichfalls nicht ſo groß/ man ſpuͤret aber auch die Grauſamkeit daß ſie in offenbah- rere Zeichen ausbreche. 10. Groſſe Leute in der Welt ſind dem geitzes-
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der drey Haupt-Laſter.
tze blutet/ bis er ſeine Gelegenheit erſiehet/ daß er
das ihn druͤckende Ubel vom Halſe loß werden
kan/ da er dann ſich anſtellet/ als wenn er wenig
dabey intereſſiret waͤre/ und durch die dritte
oder vierdte Hand ſolches nachdruͤcklich von ſich
weltzet/ und ſeine daruͤber geſchoͤpffte Freude ſo
wenig als moͤglich iſt bezeiget/ wiewohl ihm den-
noch einige Zeichen davon wo nicht in Worten/
doch in Minen mehrentheils entfahren. Jſt
nun der Ehrgeitz oben an/ ſo iſt mehr Grimm
und offenbahre Gewalt/ bey mehreren Geld-
geitz aber mehr haͤmiſche Verſtellung zu ſpuͤren.
Jedoch nennet die Welt eine ſolche mixtur
ein ſonderlich ungemein phlegma oder loͤbliche
Großmuth: Und ſind dieſe Gemuͤther ſehr
tuͤchtig bey Hofe die groſſen Pillen/ daran ein
ander Gemuͤthe erworgen moͤchte/ zu verdauen.
Koͤm̃t nun Wolluſt noch mit einer guten doſi
in die mixtur, wird die Furcht vergroͤſſert/ und
die kuͤhne Ausbrechung eher gemindert/ die Ver-
ſtellung iſt gleichfalls nicht ſo groß/ man ſpuͤret
aber auch die Grauſamkeit daß ſie in offenbah-
rere Zeichen ausbreche.
10. Groſſe Leute in der Welt ſind dem
freſſen und ſauffen feind/ und ſpotten der Liebe
des Weibesvolcks. Jhr Gemuͤthe iſt viel zu hoch
geſinnt/ als daß es von der Wolluſt ſolte beflecket
werden koͤnnen. Dieſe opinion erwecket bey
denen Unverſtaͤndigen die ſtarcke mixtur der
Stoiſchen Faſte und Unempfindligkeit des Ehr/
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