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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 12. H. von der Vermischung
herrühren kan/ und Grausamkeit so wohl von
einem Ehr-Geitzigen als Geld-Geitzigen kan
gesaget werden/ und also die Laster etliche af-
fect
en mit einander gemeine haben; also auch
aus unterschiedener proportion der Mischung
der Haupt-Passionen unterschiedene affecten
herfür kommen/ z. e. aus der Mischung der
Wohllust und Ehr-Geitz bald eine Sittsam-
keit/
wenn die Wohllust schwächer ist/ bald
eine Fröligkeit/ wenn die Wohllust stärcker ist/
u. s. w.

3. Was nun anfänglich die Mischung der
Wohllust
und des Ehr-Geitzes betrifft/ so
verursacht selbige/ wenn die Mischung fast in
gleicher proportion ist/ daß hieraus ein sehr
vernünfftiges
temperament dem Scheine
nach entstehet/ so gar/ daß man sich gar leichte
betriegen kan/ diese mixtur für die vernünff-
tige Liebe
selbst zu halten/ weil der vernünff-
tigen Liebe diese beyden passiones auf eine fast
widerwärtige Art entgegen gesetzt sind/ durch die
Mischung aber diese Entgegensetzung auf bey-
den Seiten gedämpfft wird/ daß sie ein Bild
der Tugend von aussen vorstellen/ wie z. e. bey
denen Mahlern die wohl proportionirte mixtur
vom Licht und Schatten das Tages-Licht ab-
bildet/ oder überhaupt die Nachaffung der
Natur manche Sachen/ als wenn sie lebe-

ten/

Das 12. H. von der Vermiſchung
herruͤhren kan/ und Grauſamkeit ſo wohl von
einem Ehr-Geitzigen als Geld-Geitzigen kan
geſaget werden/ und alſo die Laſter etliche af-
fect
en mit einander gemeine haben; alſo auch
aus unterſchiedener proportion der Miſchung
der Haupt-Paſſionen unterſchiedene affecten
herfuͤr kommen/ z. e. aus der Miſchung der
Wohlluſt und Ehr-Geitz bald eine Sittſam-
keit/
wenn die Wohlluſt ſchwaͤcher iſt/ bald
eine Froͤligkeit/ wenn die Wohlluſt ſtaͤrcker iſt/
u. ſ. w.

3. Was nun anfaͤnglich die Miſchung der
Wohlluſt
und des Ehr-Geitzes betrifft/ ſo
verurſacht ſelbige/ wenn die Miſchung faſt in
gleicher proportion iſt/ daß hieraus ein ſehr
vernuͤnfftiges
temperament dem Scheine
nach entſtehet/ ſo gar/ daß man ſich gar leichte
betriegen kan/ dieſe mixtur fuͤr die vernuͤnff-
tige Liebe
ſelbſt zu halten/ weil der vernuͤnff-
tigen Liebe dieſe beyden paſſiones auf eine faſt
widerwaͤrtige Art entgegen geſetzt ſind/ durch die
Miſchung aber dieſe Entgegenſetzung auf bey-
den Seiten gedaͤmpfft wird/ daß ſie ein Bild
der Tugend von auſſen vorſtellen/ wie z. e. bey
denen Mahlern die wohl proportionirte mixtur
vom Licht und Schatten das Tages-Licht ab-
bildet/ oder uͤberhaupt die Nachaffung der
Natur manche Sachen/ als wenn ſie lebe-

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[310/0322] Das 12. H. von der Vermiſchung herruͤhren kan/ und Grauſamkeit ſo wohl von einem Ehr-Geitzigen als Geld-Geitzigen kan geſaget werden/ und alſo die Laſter etliche af- fecten mit einander gemeine haben; alſo auch aus unterſchiedener proportion der Miſchung der Haupt-Paſſionen unterſchiedene affecten herfuͤr kommen/ z. e. aus der Miſchung der Wohlluſt und Ehr-Geitz bald eine Sittſam- keit/ wenn die Wohlluſt ſchwaͤcher iſt/ bald eine Froͤligkeit/ wenn die Wohlluſt ſtaͤrcker iſt/ u. ſ. w. 3. Was nun anfaͤnglich die Miſchung der Wohlluſt und des Ehr-Geitzes betrifft/ ſo verurſacht ſelbige/ wenn die Miſchung faſt in gleicher proportion iſt/ daß hieraus ein ſehr vernuͤnfftiges temperament dem Scheine nach entſtehet/ ſo gar/ daß man ſich gar leichte betriegen kan/ dieſe mixtur fuͤr die vernuͤnff- tige Liebe ſelbſt zu halten/ weil der vernuͤnff- tigen Liebe dieſe beyden paſſiones auf eine faſt widerwaͤrtige Art entgegen geſetzt ſind/ durch die Miſchung aber dieſe Entgegenſetzung auf bey- den Seiten gedaͤmpfft wird/ daß ſie ein Bild der Tugend von auſſen vorſtellen/ wie z. e. bey denen Mahlern die wohl proportionirte mixtur vom Licht und Schatten das Tages-Licht ab- bildet/ oder uͤberhaupt die Nachaffung der Natur manche Sachen/ als wenn ſie lebe- ten/

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/322>, abgerufen am 27.11.2024.