Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 10. H. von dem Ehrgeitz nenhero darff man darauff/ daß Leute sich mar-tern lassen/ ehe sie dem Begehren ihrer Feinde gewillfahret/ keinen Beweißthumb einer sonder- lichen Tugend machen/ weil man so viel Exem- pel boßhafftiger Leute anführen kan/ als tugend- haffter/ die durch Marter zur Bekäntniß derer Dinge die sie gewust nicht zu bringen gewesen/ und weil das temperament eines hitzigen und zum Ehrgeitz neigenden Geblüts/ natürlicher Weise fähig ist einen Menschen zu einer Ver- schwiegenheit zu disponiren/ dazu das wässe- richte Wesen des Geblüts eines Wohllüstigen gantz ungeschickt/ und ihm unmöglich ist. 43. Die eitele Verschwendung ist ein Leute
Das 10. H. von dem Ehrgeitz nenhero darff man darauff/ daß Leute ſich mar-tern laſſen/ ehe ſie dem Begehren ihrer Feinde gewillfahret/ keinen Beweißthumb einer ſonder- lichen Tugend machen/ weil man ſo viel Exem- pel boßhafftiger Leute anfuͤhren kan/ als tugend- haffter/ die durch Marter zur Bekaͤntniß derer Dinge die ſie gewuſt nicht zu bringen geweſen/ und weil das temperament eines hitzigen und zum Ehrgeitz neigenden Gebluͤts/ natuͤrlicher Weiſe faͤhig iſt einen Menſchen zu einer Ver- ſchwiegenheit zu diſponiren/ dazu das waͤſſe- richte Weſen des Gebluͤts eines Wohlluͤſtigen gantz ungeſchickt/ und ihm unmoͤglich iſt. 43. Die eitele Verſchwendung iſt ein Leute
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Das 10. H. von dem Ehrgeitz
nenhero darff man darauff/ daß Leute ſich mar-
tern laſſen/ ehe ſie dem Begehren ihrer Feinde
gewillfahret/ keinen Beweißthumb einer ſonder-
lichen Tugend machen/ weil man ſo viel Exem-
pel boßhafftiger Leute anfuͤhren kan/ als tugend-
haffter/ die durch Marter zur Bekaͤntniß derer
Dinge die ſie gewuſt nicht zu bringen geweſen/
und weil das temperament eines hitzigen und
zum Ehrgeitz neigenden Gebluͤts/ natuͤrlicher
Weiſe faͤhig iſt einen Menſchen zu einer Ver-
ſchwiegenheit zu diſponiren/ dazu das waͤſſe-
richte Weſen des Gebluͤts eines Wohlluͤſtigen
gantz ungeſchickt/ und ihm unmoͤglich iſt.
43. Die eitele Verſchwendung iſt ein
Laſter das den Ehrgeitzigen antreibet/ ſein
Vermoͤgen willig und da noͤthig/ uͤberfluͤßig
an Leute zu wenden/ die ihm zu Befoͤrde-
rung der Hochachtung und Stillung ſeiner
Herrſchſucht ſcheinen befoͤrderlich zu ſeyn.
Ein Tugendhaffter giebt ſein Vermoͤgen den
Duͤrfftigen und Tugendhafften ohne Anſehen
ob er von denenſelben wieder was zu hoffen habe/
und ohne Begehren uͤber ſelbige zu herrſchen.
Aber ein Ehrgeitziger laͤſt ſolches wohl bleiben/
und denckt/ er habe nichts davon/ wenn er allen
Halluncken was geben ſolle. Sein Hertz iſt eher
zur Unbarmhertzigkeit als Barmhertzigkeit ge-
neigt wegen der Hitze ſeines Gebluͤts/ es waͤre
denn/ daß er ſich es fuͤr eine Schande achtete/
Leute
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