Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
Er wütet wie ein Löwe/ und thut in seinem Zorn
nach dem stylo der Ehrgeitzigen über menschliche/
nach der Warheit aber überthierische Thaten/
weil sein Zorn schwerlicher zu begütigen ist als der
Zorn eines wilden Thieres.

41. Die übrigen Laster des Ehrgeitzes sind
nunmehro aus denen drey fürnehmsten leichte
herzuleiten. Die hartnäckigte Stockischheit
ist ein Laster/ durch welches ein Ehrgeitziger
angetrieben wird so wohl von sich als an-
dern alles zu Geheimnussen zu machen/ und
ohne Betrachtung der Zeit und Ort/ oder
ob ihm seine Verschwiegenheit Nutzen oder
Schaden bringen werde/ das geringste
nicht zu offenbahren/ auch sich von diesen
Schweigen weder durch Bitte noch Furcht
abwendig machen zu lassen.
Hierinnen ist
der Ehrgeitzige dem Wohllüstigen haupt-
sächlich zu wider/ indem dieser alles saget/ jener
aber gar nichts offenbahret/ und wenn also in
Betrachtung der offenhertzigen Verschwiegen-
heit der Tugend der Wohllüstige gar zu offen-
hertzig ist/ und Mangel an Verschwiegenheit hat/
so hat der Ehrgeitzige Mangel an Offenhertzigkeit
und ist gar zu verschwiegen.

42. Ein Ehrgeitziger macht aus allen
seinen Sachen ein Geheimniß/
weil er Nie-
mand was gutes zuthun begehret/ und sich also
befahret/ daß andere aus indifferenten Umstän-
den/ die Meinung seines Vorhabens erlernen

möchten/

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
Er wuͤtet wie ein Loͤwe/ und thut in ſeinem Zorn
nach dem ſtylo der Ehrgeitzigen uͤber menſchliche/
nach der Warheit aber uͤberthieriſche Thaten/
weil ſein Zorn ſchwerlicher zu beguͤtigen iſt als der
Zorn eines wilden Thieres.

41. Die uͤbrigen Laſter des Ehrgeitzes ſind
nunmehro aus denen drey fuͤrnehmſten leichte
herzuleiten. Die hartnaͤckigte Stockiſchheit
iſt ein Laſter/ durch welches ein Ehrgeitziger
angetrieben wird ſo wohl von ſich als an-
dern alles zu Geheimnuſſen zu machen/ und
ohne Betrachtung der Zeit und Ort/ oder
ob ihm ſeine Verſchwiegenheit Nutzen oder
Schaden bringen werde/ das geringſte
nicht zu offenbahren/ auch ſich von dieſen
Schweigen weder durch Bitte noch Furcht
abwendig machen zu laſſen.
Hierinnen iſt
der Ehrgeitzige dem Wohlluͤſtigen haupt-
ſaͤchlich zu wider/ indem dieſer alles ſaget/ jener
aber gar nichts offenbahret/ und wenn alſo in
Betrachtung der offenhertzigen Verſchwiegen-
heit der Tugend der Wohlluͤſtige gar zu offen-
hertzig iſt/ und Mangel an Verſchwiegenheit hat/
ſo hat der Ehrgeitzige Mangel an Offenhertzigkeit
und iſt gar zu verſchwiegen.

42. Ein Ehrgeitziger macht aus allen
ſeinen Sachen ein Geheimniß/
weil er Nie-
mand was gutes zuthun begehret/ und ſich alſo
befahret/ daß andere aus indifferenten Umſtaͤn-
den/ die Meinung ſeines Vorhabens erlernen

moͤchten/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0260" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 10. H. von dem Ehrgeitz</hi></fw><lb/>
Er wu&#x0364;tet wie ein Lo&#x0364;we/ und thut in &#x017F;einem Zorn<lb/>
nach dem <hi rendition="#aq">&#x017F;tylo</hi> der Ehrgeitzigen u&#x0364;ber men&#x017F;chliche/<lb/>
nach der Warheit aber u&#x0364;berthieri&#x017F;che Thaten/<lb/>
weil &#x017F;ein Zorn &#x017F;chwerlicher zu begu&#x0364;tigen i&#x017F;t als der<lb/>
Zorn eines wilden Thieres.</p><lb/>
        <p>41. Die u&#x0364;brigen La&#x017F;ter des Ehrgeitzes &#x017F;ind<lb/>
nunmehro aus denen drey fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten leichte<lb/>
herzuleiten. <hi rendition="#fr">Die hartna&#x0364;ckigte Stocki&#x017F;chheit</hi><lb/>
i&#x017F;t ein La&#x017F;ter/ <hi rendition="#fr">durch welches ein Ehrgeitziger<lb/>
angetrieben wird &#x017F;o wohl von &#x017F;ich als an-<lb/>
dern alles zu Geheimnu&#x017F;&#x017F;en zu machen/ und<lb/>
ohne Betrachtung der Zeit und Ort/ oder<lb/>
ob ihm &#x017F;eine Ver&#x017F;chwiegenheit Nutzen oder<lb/>
Schaden bringen werde/ das gering&#x017F;te<lb/>
nicht zu offenbahren/ auch &#x017F;ich von die&#x017F;en<lb/>
Schweigen weder durch Bitte noch Furcht<lb/>
abwendig machen zu la&#x017F;&#x017F;en.</hi> Hierinnen i&#x017F;t<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ehrgeitzige</hi> dem <hi rendition="#fr">Wohllu&#x0364;&#x017F;tigen</hi> haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich zu wider/ indem die&#x017F;er alles &#x017F;aget/ jener<lb/>
aber gar nichts offenbahret/ und wenn al&#x017F;o in<lb/>
Betrachtung der offenhertzigen Ver&#x017F;chwiegen-<lb/>
heit der Tugend der Wohllu&#x0364;&#x017F;tige gar zu offen-<lb/>
hertzig i&#x017F;t/ und Mangel an Ver&#x017F;chwiegenheit hat/<lb/>
&#x017F;o hat der Ehrgeitzige Mangel an Offenhertzigkeit<lb/>
und i&#x017F;t gar zu ver&#x017F;chwiegen.</p><lb/>
        <p>42. Ein <hi rendition="#fr">Ehrgeitziger</hi> macht aus <hi rendition="#fr">allen<lb/>
&#x017F;einen Sachen ein Geheimniß/</hi> weil er Nie-<lb/>
mand was gutes zuthun begehret/ und &#x017F;ich al&#x017F;o<lb/>
befahret/ daß andere aus <hi rendition="#aq">indifferen</hi>ten Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den/ die Meinung &#x017F;eines Vorhabens erlernen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mo&#x0364;chten/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0260] Das 10. H. von dem Ehrgeitz Er wuͤtet wie ein Loͤwe/ und thut in ſeinem Zorn nach dem ſtylo der Ehrgeitzigen uͤber menſchliche/ nach der Warheit aber uͤberthieriſche Thaten/ weil ſein Zorn ſchwerlicher zu beguͤtigen iſt als der Zorn eines wilden Thieres. 41. Die uͤbrigen Laſter des Ehrgeitzes ſind nunmehro aus denen drey fuͤrnehmſten leichte herzuleiten. Die hartnaͤckigte Stockiſchheit iſt ein Laſter/ durch welches ein Ehrgeitziger angetrieben wird ſo wohl von ſich als an- dern alles zu Geheimnuſſen zu machen/ und ohne Betrachtung der Zeit und Ort/ oder ob ihm ſeine Verſchwiegenheit Nutzen oder Schaden bringen werde/ das geringſte nicht zu offenbahren/ auch ſich von dieſen Schweigen weder durch Bitte noch Furcht abwendig machen zu laſſen. Hierinnen iſt der Ehrgeitzige dem Wohlluͤſtigen haupt- ſaͤchlich zu wider/ indem dieſer alles ſaget/ jener aber gar nichts offenbahret/ und wenn alſo in Betrachtung der offenhertzigen Verſchwiegen- heit der Tugend der Wohlluͤſtige gar zu offen- hertzig iſt/ und Mangel an Verſchwiegenheit hat/ ſo hat der Ehrgeitzige Mangel an Offenhertzigkeit und iſt gar zu verſchwiegen. 42. Ein Ehrgeitziger macht aus allen ſeinen Sachen ein Geheimniß/ weil er Nie- mand was gutes zuthun begehret/ und ſich alſo befahret/ daß andere aus indifferenten Umſtaͤn- den/ die Meinung ſeines Vorhabens erlernen moͤchten/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/260
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/260>, abgerufen am 22.11.2024.