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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 1. Hauptst. von denen Ursachen
gezwungen werden; Ja sie hat mehrentheils
keine Würckung/ zum wenigsten auff der einen
Seite/ indem nicht alle beyde Ehegatten solcher
gemeinen Güter nach ihren Gefallen gebrauchen/
sondern gemeiniglich der eine den andern dahin
bringet/ daß Er ohne seine Einwilligung nicht
das geringste gebrauchen darff/ welches denn
dem Wesen der wahren Gemeinschafft der Gü-
ter schnur stracks zu wieder und viel ärger ist/ als
wenn ein jedes seine Güter eigenthümblich be-
säße. Zugeschweigen/ daß die continuirliche
Eyffersucht und Mißtrauen der Ehe-Leute ge-
gen einander/ oder die viel zu kaltsinnige gefälli-
ge Sorgfältigkeit/ die in dem Ehestande von vie-
len gepriesen wird/ genugsamb zuverstehen ge-
ben/ daß auch keine rechtschaffene Gemein-
schafft des vernünfftigen
Thun und Laßens
unter Ehe-Leuten anzutreffen sey.

19. Jn der Väterlichen Gesellschafft ver-
derben entweder die Eltern ihre Kinder mit ei-
ner unvernünfftigen Affen-Liebe/ und da sie die-
ser Thun und Laßen vernünfftig moderiren solten/
sind sie Sclaven auch ihrer unverständigsten Kin-
der; oder aber sie empfinden auch nicht einmahl
eine vernünfftige Liebe gegen ihre Kinder/ son-
dern tractiren Sie viel härter als die Leibeige-
nen. Beyderley Weise verursachet/ daß auch
die Kinder/ sonderlich wenn Sie erwachsen sind/
wiederumb Jhre Eltern entweder nichts achten/

oder

Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen
gezwungen werden; Ja ſie hat mehrentheils
keine Wuͤrckung/ zum wenigſten auff der einen
Seite/ indem nicht alle beyde Ehegatten ſolcher
gemeinen Guͤter nach ihren Gefallen gebrauchen/
ſondern gemeiniglich der eine den andern dahin
bringet/ daß Er ohne ſeine Einwilligung nicht
das geringſte gebrauchen darff/ welches denn
dem Weſen der wahren Gemeinſchafft der Guͤ-
ter ſchnur ſtracks zu wieder und viel aͤrger iſt/ als
wenn ein jedes ſeine Guͤter eigenthuͤmblich be-
ſaͤße. Zugeſchweigen/ daß die continuirliche
Eyfferſucht und Mißtrauen der Ehe-Leute ge-
gen einander/ oder die viel zu kaltſinnige gefaͤlli-
ge Sorgfaͤltigkeit/ die in dem Eheſtande von vie-
len geprieſen wird/ genugſamb zuverſtehen ge-
ben/ daß auch keine rechtſchaffene Gemein-
ſchafft des vernuͤnfftigen
Thun und Laßens
unter Ehe-Leuten anzutreffen ſey.

19. Jn der Vaͤterlichen Geſellſchafft ver-
derben entweder die Eltern ihre Kinder mit ei-
ner unvernuͤnfftigen Affen-Liebe/ und da ſie die-
ſer Thun und Laßen vernuͤnfftig moderiren ſolten/
ſind ſie Sclaven auch ihrer unverſtaͤndigſten Kin-
der; oder aber ſie empfinden auch nicht einmahl
eine vernuͤnfftige Liebe gegen ihre Kinder/ ſon-
dern tractiren Sie viel haͤrter als die Leibeige-
nen. Beyderley Weiſe verurſachet/ daß auch
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wiederumb Jhre Eltern entweder nichts achten/

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[12/0024] Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen gezwungen werden; Ja ſie hat mehrentheils keine Wuͤrckung/ zum wenigſten auff der einen Seite/ indem nicht alle beyde Ehegatten ſolcher gemeinen Guͤter nach ihren Gefallen gebrauchen/ ſondern gemeiniglich der eine den andern dahin bringet/ daß Er ohne ſeine Einwilligung nicht das geringſte gebrauchen darff/ welches denn dem Weſen der wahren Gemeinſchafft der Guͤ- ter ſchnur ſtracks zu wieder und viel aͤrger iſt/ als wenn ein jedes ſeine Guͤter eigenthuͤmblich be- ſaͤße. Zugeſchweigen/ daß die continuirliche Eyfferſucht und Mißtrauen der Ehe-Leute ge- gen einander/ oder die viel zu kaltſinnige gefaͤlli- ge Sorgfaͤltigkeit/ die in dem Eheſtande von vie- len geprieſen wird/ genugſamb zuverſtehen ge- ben/ daß auch keine rechtſchaffene Gemein- ſchafft des vernuͤnfftigen Thun und Laßens unter Ehe-Leuten anzutreffen ſey. 19. Jn der Vaͤterlichen Geſellſchafft ver- derben entweder die Eltern ihre Kinder mit ei- ner unvernuͤnfftigen Affen-Liebe/ und da ſie die- ſer Thun und Laßen vernuͤnfftig moderiren ſolten/ ſind ſie Sclaven auch ihrer unverſtaͤndigſten Kin- der; oder aber ſie empfinden auch nicht einmahl eine vernuͤnfftige Liebe gegen ihre Kinder/ ſon- dern tractiren Sie viel haͤrter als die Leibeige- nen. Beyderley Weiſe verurſachet/ daß auch die Kinder/ ſonderlich wenn Sie erwachſen ſind/ wiederumb Jhre Eltern entweder nichts achten/ oder

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/24>, abgerufen am 25.11.2024.