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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 10. H. von dem Ehrgeitz
stalt doch in der Herrschafft der gantzen Welt
seine Ruhe suchen.

4. Ein jeder Ehrgeitziger suchet seine
Ruhe in der Veränderung.
Jst die eine Ar-
beit
gethan/ es ist ihm ohnmöglich/ er kan nicht
müßig gehen/ so muß er nohtwendig eine andere
anfangen/ oder er hat gemeiniglich so grosse Lust
zur Veränderung/ daß er mit einerley Arbeit auf
einmahl nicht zu frieden ist/ sondern vielerley zu-
gleich anfängt/ auch so bald die eine fertig/ wie-
derumb was anders an deren statt vornimt/ ob
schon die andern noch nicht vollendet sind. Also
ist es auch mit der Macht und Aemptern/ ist er
Küster/ so wil er Diaconus, dann Archi-Diaco-
nus,
dann Pastor, dann Superintendent, dann
General Superintendent, dann Generalissimus,
dann Ober-Hoff-Prediger/ dann Pabst u. s. w.
seyn. Jst er Schreiber/ so wil er Secretarius,
dann Geheimer Secretarius, dann Rath/ dann
Cantzler/ dann Geheimer Rath/ dann Premier
Ministre
u. s. w. seyn;

5. Ein Ehrgeitziger trachtet darnach
wie er stetswährend gleich geartete Men-
schen mit sich vereinigen möge.
Er ist zwar
nicht in allen Gesellschafften wie ein Wollüsti-
ger/
er ist geschickt die Zeit mit Dencken zu ver-
treiben wenn er allein ist/ aber sein Zweck gehet
doch dahin/ diese Gedancken in Gesellschafft an-
derer Menschen seines gleichen an zu wenden.
Er besucht seine Collegia fleißig/ er wartet fleißig

seinem

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
ſtalt doch in der Herrſchafft der gantzen Welt
ſeine Ruhe ſuchen.

4. Ein jeder Ehrgeitziger ſuchet ſeine
Ruhe in der Veraͤnderung.
Jſt die eine Ar-
beit
gethan/ es iſt ihm ohnmoͤglich/ er kan nicht
muͤßig gehen/ ſo muß er nohtwendig eine andere
anfangen/ oder er hat gemeiniglich ſo groſſe Luſt
zur Veraͤnderung/ daß er mit einerley Arbeit auf
einmahl nicht zu frieden iſt/ ſondern vielerley zu-
gleich anfaͤngt/ auch ſo bald die eine fertig/ wie-
derumb was anders an deren ſtatt vornimt/ ob
ſchon die andern noch nicht vollendet ſind. Alſo
iſt es auch mit der Macht und Aemptern/ iſt er
Kuͤſter/ ſo wil er Diaconus, dann Archi-Diaco-
nus,
dann Paſtor, dann Superintendent, dann
General Superintendent, dann Generaliſſimus,
dann Ober-Hoff-Prediger/ dann Pabſt u. ſ. w.
ſeyn. Jſt er Schreiber/ ſo wil er Secretarius,
dann Geheimer Secretarius, dann Rath/ dann
Cantzler/ dann Geheimer Rath/ dann Premier
Miniſtre
u. ſ. w. ſeyn;

5. Ein Ehrgeitziger trachtet darnach
wie er ſtetswaͤhrend gleich geartete Men-
ſchen mit ſich vereinigen moͤge.
Er iſt zwar
nicht in allen Geſellſchafften wie ein Wolluͤſti-
ger/
er iſt geſchickt die Zeit mit Dencken zu ver-
treiben wenn er allein iſt/ aber ſein Zweck gehet
doch dahin/ dieſe Gedancken in Geſellſchafft an-
derer Menſchen ſeines gleichen an zu wenden.
Er beſucht ſeine Collegia fleißig/ er wartet fleißig

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[222/0234] Das 10. H. von dem Ehrgeitz ſtalt doch in der Herrſchafft der gantzen Welt ſeine Ruhe ſuchen. 4. Ein jeder Ehrgeitziger ſuchet ſeine Ruhe in der Veraͤnderung. Jſt die eine Ar- beit gethan/ es iſt ihm ohnmoͤglich/ er kan nicht muͤßig gehen/ ſo muß er nohtwendig eine andere anfangen/ oder er hat gemeiniglich ſo groſſe Luſt zur Veraͤnderung/ daß er mit einerley Arbeit auf einmahl nicht zu frieden iſt/ ſondern vielerley zu- gleich anfaͤngt/ auch ſo bald die eine fertig/ wie- derumb was anders an deren ſtatt vornimt/ ob ſchon die andern noch nicht vollendet ſind. Alſo iſt es auch mit der Macht und Aemptern/ iſt er Kuͤſter/ ſo wil er Diaconus, dann Archi-Diaco- nus, dann Paſtor, dann Superintendent, dann General Superintendent, dann Generaliſſimus, dann Ober-Hoff-Prediger/ dann Pabſt u. ſ. w. ſeyn. Jſt er Schreiber/ ſo wil er Secretarius, dann Geheimer Secretarius, dann Rath/ dann Cantzler/ dann Geheimer Rath/ dann Premier Miniſtre u. ſ. w. ſeyn; 5. Ein Ehrgeitziger trachtet darnach wie er ſtetswaͤhrend gleich geartete Men- ſchen mit ſich vereinigen moͤge. Er iſt zwar nicht in allen Geſellſchafften wie ein Wolluͤſti- ger/ er iſt geſchickt die Zeit mit Dencken zu ver- treiben wenn er allein iſt/ aber ſein Zweck gehet doch dahin/ dieſe Gedancken in Geſellſchafft an- derer Menſchen ſeines gleichen an zu wenden. Er beſucht ſeine Collegia fleißig/ er wartet fleißig ſeinem

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/234>, abgerufen am 25.11.2024.