Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 9. H. Von der Wohllust will alle neuen Erfindungen ausdencken? AlleTage neue Operen/ neue inventiones von Bil- dern/ neue arien/ neue Täntze/ neue Balsam und parfumen, neue Art von Schnupff-Toback/ neue Geträncke/ neue Erfindungen von Speisen/ neue manieren die böse Lust zu reitzen/ neue charmen an Personen von anderen Geschlechte. 11. Ein Wohllüstiger kan auch in einer 12. Zu geschweigen/ daß eine solche Ver- Ein
Das 9. H. Von der Wohlluſt will alle neuen Erfindungen ausdencken? AlleTage neue Operen/ neue inventiones von Bil- dern/ neue arien/ neue Taͤntze/ neue Balſam und parfumen, neue Art von Schnupff-Toback/ neue Getraͤncke/ neue Erfindungen von Speiſen/ neue manieren die boͤſe Luſt zu reitzen/ neue charmen an Perſonen von anderen Geſchlechte. 11. Ein Wohlluͤſtiger kan auch in einer 12. Zu geſchweigen/ daß eine ſolche Ver- Ein
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Das 9. H. Von der Wohlluſt
will alle neuen Erfindungen ausdencken? Alle
Tage neue Operen/ neue inventiones von Bil-
dern/ neue arien/ neue Taͤntze/ neue Balſam und
parfumen, neue Art von Schnupff-Toback/ neue
Getraͤncke/ neue Erfindungen von Speiſen/ neue
manieren die boͤſe Luſt zu reitzen/ neue charmen
an Perſonen von anderen Geſchlechte.
11. Ein Wohlluͤſtiger kan auch in einer
endlichen Veraͤnderung keine Luſt noch Ruhe
finden/ ſondern muß ſich dieſer unendlichen Un-
ruhe ergeben. Alle ſinnliche Beluſtigung/ wenn
ſie continuiret wird/ macht natuͤrlicher weiſe ein
Unvermoͤgen/ wenn man mit einerley Belu-
ſtigung continuiret/ oder einen Eckel/ wenn man
mit einerley Sache ſich beluſtiget. Wer ſtets
ſtudiret/ verderbet den Verſtand/ wer ſtets ſiehet
oder hoͤret/ u. ſ. w. verderber das Geſicht/ Gehoͤr/
Geruch/ Geſchmack/ Gefuͤhl. Uber das curieu-
ſeſte Buch/ die ſchoͤnſte Comœdie, die artigſte
melodie, den lieblichſten Geruch/ die delicateſte
Speiſe/ das ſchoͤnſte Frauenvolck/ kriegen wir
einen Eckel/ wann wir ſolche taͤglich genieſſen o-
der gebrauchen/ und darinnen unſere Beluſti-
gung ſuchen.
12. Zu geſchweigen/ daß eine ſolche Ver-
aͤnderung nicht allemahl in des Menſchen
vermoͤgen iſt/ ſondern nothwendig entweder we-
gen Schwaͤchung der natuͤrlichen Kraͤffte/ oder
wegen Mangel der Gelegenheit mit vielen Ver-
druß und Unruhe vergefellſchafftet ſeyn muß.
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