Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

kommen alle wahre Tugenden.
den Beleidiger abhalte/ in seinem Zorn nicht fort
zu fahren. So lernet man auch in der absonder-
lichen
Liebe durch offenhertziges Reden andere
kennen/ und macht sich ihnen angenehm. Zu
rechter Zeit reden ist eine grosse Gutthat/ und
gehöret gleichfalls wiederum zur Gemeinschafft
des vernünfftigen Thun und Lassens.

8. Wir könten auch die andern in der an-
dern Tabelle angeführten Tugenden/ aus denen
Theilen der allgemeinen und absonderlichen Lie-
be herleiten/ denn eine Tugend bietet der andern
immer in etwas die Hand; Jedoch wollen wir
umb Kürtze willen nur zeigen/ aus welcher für-
nehmlich dieselbigen herrühren. Die gutthätige
Freygebigkeit
ist ein Bächlein/ das aus der all-
gemeinen Leutseligkeit und vertraulichen Gut-
thätigkeit
absonderlicher Liebe herfliesset/ auch
nach Anleitung derer Lehren und Anmerckungen/
nach denen wir im ersten Theil diese beyde Tu-
genden erkläret haben/ verstanden werden muß/
damit keine Verschwendung und Schein Gut-
that
daraus werde. Denn die gutthätige
Freygebigkeit ist nichts anders/ als eine Tu-
gend/ die iedweden aus Hertzens-Grunde von
ihren Uberfluß mittheilet/ und denen Freun-
den auch mit Kostbarkeit/ ihren wahren
Nutzen zu befördern/ dienet.

9. Die gleichmüthige Freundligkeit ist
eine Tugend/ die iedweden/ absonderlich
aber Freunden/ freundlich begegnet/ und ied-

we-
M 2

kommen alle wahre Tugenden.
den Beleidiger abhalte/ in ſeinem Zorn nicht fort
zu fahren. So lernet man auch in der abſonder-
lichen
Liebe durch offenhertziges Reden andere
kennen/ und macht ſich ihnen angenehm. Zu
rechter Zeit reden iſt eine groſſe Gutthat/ und
gehoͤret gleichfalls wiederum zur Gemeinſchafft
des vernuͤnfftigen Thun und Laſſens.

8. Wir koͤnten auch die andern in der an-
dern Tabelle angefuͤhrten Tugenden/ aus denen
Theilen der allgemeinen und abſonderlichen Lie-
be herleiten/ denn eine Tugend bietet der andern
immer in etwas die Hand; Jedoch wollen wir
umb Kuͤrtze willen nur zeigen/ aus welcher fuͤr-
nehmlich dieſelbigen herruͤhren. Die gutthaͤtige
Freygebigkeit
iſt ein Baͤchlein/ das aus der all-
gemeinen Leutſeligkeit und vertraulichen Gut-
thaͤtigkeit
abſonderlicher Liebe herflieſſet/ auch
nach Anleitung derer Lehren und Anmerckungen/
nach denen wir im erſten Theil dieſe beyde Tu-
genden erklaͤret haben/ verſtanden werden muß/
damit keine Verſchwendung und Schein Gut-
that
daraus werde. Denn die gutthaͤtige
Freygebigkeit iſt nichts anders/ als eine Tu-
gend/ die iedweden aus Heꝛtzens-Grunde von
ihren Uberfluß mittheilet/ und denen Freun-
den auch mit Koſtbarkeit/ ihren wahren
Nutzen zu befoͤrdern/ dienet.

9. Die gleichmuͤthige Freundligkeit iſt
eine Tugend/ die iedweden/ abſonderlich
aber Freunden/ freundlich begegnet/ und ied-

we-
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">kommen alle wahre Tugenden.</hi></fw><lb/>
den Beleidiger abhalte/ in &#x017F;einem Zorn nicht fort<lb/>
zu fahren. So lernet man auch in der <hi rendition="#fr">ab&#x017F;onder-<lb/>
lichen</hi> Liebe durch offenhertziges Reden andere<lb/><hi rendition="#fr">kennen/</hi> und macht &#x017F;ich ihnen <hi rendition="#fr">angenehm.</hi> Zu<lb/>
rechter Zeit reden i&#x017F;t eine gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Gutthat/</hi> und<lb/>
geho&#x0364;ret gleichfalls wiederum zur <hi rendition="#fr">Gemein&#x017F;chafft</hi><lb/>
des vernu&#x0364;nfftigen Thun und La&#x017F;&#x017F;ens.</p><lb/>
        <p>8. Wir ko&#x0364;nten auch die andern in der an-<lb/>
dern Tabelle angefu&#x0364;hrten Tugenden/ aus denen<lb/>
Theilen der allgemeinen und ab&#x017F;onderlichen Lie-<lb/>
be herleiten/ denn eine Tugend bietet der andern<lb/>
immer in etwas die Hand; Jedoch wollen wir<lb/>
umb Ku&#x0364;rtze willen nur zeigen/ aus welcher fu&#x0364;r-<lb/>
nehmlich die&#x017F;elbigen herru&#x0364;hren. Die <hi rendition="#fr">guttha&#x0364;tige<lb/>
Freygebigkeit</hi> i&#x017F;t ein Ba&#x0364;chlein/ das aus der all-<lb/>
gemeinen <hi rendition="#fr">Leut&#x017F;eligkeit</hi> und vertraulichen <hi rendition="#fr">Gut-<lb/>
tha&#x0364;tigkeit</hi> ab&#x017F;onderlicher Liebe herflie&#x017F;&#x017F;et/ auch<lb/>
nach Anleitung derer Lehren und Anmerckungen/<lb/>
nach denen wir im er&#x017F;ten Theil die&#x017F;e beyde Tu-<lb/>
genden erkla&#x0364;ret haben/ ver&#x017F;tanden werden muß/<lb/>
damit keine <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;chwendung</hi> und <hi rendition="#fr">Schein Gut-<lb/>
that</hi> daraus werde. <hi rendition="#fr">Denn die guttha&#x0364;tige<lb/>
Freygebigkeit i&#x017F;t nichts anders/ als eine Tu-<lb/>
gend/ die iedweden aus He&#xA75B;tzens-Grunde von<lb/>
ihren Uberfluß mittheilet/ und denen Freun-<lb/>
den auch mit Ko&#x017F;tbarkeit/ ihren wahren<lb/>
Nutzen zu befo&#x0364;rdern/ dienet.</hi></p><lb/>
        <p>9. <hi rendition="#fr">Die gleichmu&#x0364;thige Freundligkeit i&#x017F;t<lb/>
eine Tugend/ die iedweden/ ab&#x017F;onderlich<lb/>
aber Freunden/ freundlich begegnet/ und ied-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">we-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0191] kommen alle wahre Tugenden. den Beleidiger abhalte/ in ſeinem Zorn nicht fort zu fahren. So lernet man auch in der abſonder- lichen Liebe durch offenhertziges Reden andere kennen/ und macht ſich ihnen angenehm. Zu rechter Zeit reden iſt eine groſſe Gutthat/ und gehoͤret gleichfalls wiederum zur Gemeinſchafft des vernuͤnfftigen Thun und Laſſens. 8. Wir koͤnten auch die andern in der an- dern Tabelle angefuͤhrten Tugenden/ aus denen Theilen der allgemeinen und abſonderlichen Lie- be herleiten/ denn eine Tugend bietet der andern immer in etwas die Hand; Jedoch wollen wir umb Kuͤrtze willen nur zeigen/ aus welcher fuͤr- nehmlich dieſelbigen herruͤhren. Die gutthaͤtige Freygebigkeit iſt ein Baͤchlein/ das aus der all- gemeinen Leutſeligkeit und vertraulichen Gut- thaͤtigkeit abſonderlicher Liebe herflieſſet/ auch nach Anleitung derer Lehren und Anmerckungen/ nach denen wir im erſten Theil dieſe beyde Tu- genden erklaͤret haben/ verſtanden werden muß/ damit keine Verſchwendung und Schein Gut- that daraus werde. Denn die gutthaͤtige Freygebigkeit iſt nichts anders/ als eine Tu- gend/ die iedweden aus Heꝛtzens-Grunde von ihren Uberfluß mittheilet/ und denen Freun- den auch mit Koſtbarkeit/ ihren wahren Nutzen zu befoͤrdern/ dienet. 9. Die gleichmuͤthige Freundligkeit iſt eine Tugend/ die iedweden/ abſonderlich aber Freunden/ freundlich begegnet/ und ied- we- M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/191
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/191>, abgerufen am 24.11.2024.