Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 3. H. wie die Gemüths Neig. te/ und hergegen willkührliche/ deren Beyspie-le man bey denen unvernünfftigen Thieren nicht anträffe. Alleine wenn man die Sache einwenig recht betrachtet/ so wird man bald gewahr wer- den/ daß dieser Unterscheid nicht durchgehends ist/ sondern seine Abfälle hat. Weise einem Hund nur von ferne ein Stück Braten/ oder sonst etwas das er gewohnet ist/ du wirst bald eine den Gemüthsneigungen gleiche Bewegung bey ihme spüren. Man kan auch etliche Bestien mit Lobe und Schmeichelungen besänfftigen/ hergegen ist dem Menschen nichts so natürlich/ als daß seine vernünfftige Liebe durch ein tugendhafftes Hertz erwecket werden soll/ und dennoch findet man da- von kein Beyspiel unter den unvernünfftigen Thieren. 63. Wenn ich ferner oben gesagt/ daß aus 64. Diese Bewegung des Geblütes/ ob sie zer-
Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig. te/ und hergegen willkuͤhrliche/ deren Beyſpie-le man bey denen unvernuͤnfftigen Thieren nicht antꝛaͤffe. Alleine wenn man die Sache einwenig recht betrachtet/ ſo wird man bald gewahr wer- den/ daß dieſer Unterſcheid nicht durchgehends iſt/ ſondern ſeine Abfaͤlle hat. Weiſe einem Hund nur von ferne ein Stuͤck Braten/ oder ſonſt etwas das er gewohnet iſt/ du wirſt bald eine den Gemuͤthsneigungen gleiche Bewegung bey ihme ſpuͤren. Man kan auch etliche Beſtien mit Lobe und Schmeichelungen beſaͤnfftigen/ hergegen iſt dem Menſchen nichts ſo natuͤrlich/ als daß ſeine vernuͤnfftige Liebe durch ein tugendhafftes Hertz erwecket werden ſoll/ und dennoch findet man da- von kein Beyſpiel unter den unvernuͤnfftigen Thieren. 63. Wenn ich ferner oben geſagt/ daß aus 64. Dieſe Bewegung des Gebluͤtes/ ob ſie zer-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0112" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig.</hi></fw><lb/> te/ und hergegen <hi rendition="#fr">willkuͤhrliche/</hi> deren Beyſpie-<lb/> le man bey denen unvernuͤnfftigen Thieren nicht<lb/> antꝛaͤffe. Alleine wenn man die Sache einwenig<lb/> recht betrachtet/ ſo wird man bald gewahr wer-<lb/> den/ daß dieſer Unterſcheid nicht durchgehends<lb/> iſt/ ſondern ſeine Abfaͤlle hat. Weiſe einem<lb/> Hund nur von ferne ein Stuͤck Braten/ oder ſonſt<lb/> etwas das er gewohnet iſt/ du wirſt bald eine den<lb/> Gemuͤthsneigungen gleiche Bewegung bey ihme<lb/> ſpuͤren. Man kan auch etliche <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Beſtien</hi></hi> mit Lobe<lb/> und Schmeichelungen beſaͤnfftigen/ hergegen iſt<lb/> dem Menſchen nichts ſo natuͤrlich/ als daß ſeine<lb/> vernuͤnfftige Liebe durch ein tugendhafftes Hertz<lb/> erwecket werden ſoll/ und dennoch findet man da-<lb/> von kein Beyſpiel unter den unvernuͤnfftigen<lb/> Thieren.</p><lb/> <p>63. Wenn ich ferner oben geſagt/ daß aus<lb/> der ſtarcken Eindruͤckung aͤuſerlicher Dinge ins<lb/> Hertz <hi rendition="#fr">eine auſſerordentliche Bewegung des<lb/> Gebluͤtes</hi> erfolge/ ſo iſt dieſes bey allen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Affecten</hi></hi><lb/> zuſpuͤren/ ja man ſpuͤret auch dergleichen Bewe-<lb/> gung in dem Beyſpiel der <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Affecten</hi></hi> bey den Thie-<lb/> ren.</p><lb/> <p>64. Dieſe Bewegung des Gebluͤtes/ ob ſie<lb/> ſchon jezuweilen von der ſtarcken Eindruͤckung/ die<lb/> im Gehirne geſchiehet/ ſcheinet herzukommen;<lb/> Z. e. wenn der Blitz einen Menſchen erſchrecket;<lb/> Ja obſchon <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Carteſius</hi></hi> alle auſſerordentliche Be-<lb/> wegung des Gebluͤts denen durch die Nerven<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zer-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0112]
Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig.
te/ und hergegen willkuͤhrliche/ deren Beyſpie-
le man bey denen unvernuͤnfftigen Thieren nicht
antꝛaͤffe. Alleine wenn man die Sache einwenig
recht betrachtet/ ſo wird man bald gewahr wer-
den/ daß dieſer Unterſcheid nicht durchgehends
iſt/ ſondern ſeine Abfaͤlle hat. Weiſe einem
Hund nur von ferne ein Stuͤck Braten/ oder ſonſt
etwas das er gewohnet iſt/ du wirſt bald eine den
Gemuͤthsneigungen gleiche Bewegung bey ihme
ſpuͤren. Man kan auch etliche Beſtien mit Lobe
und Schmeichelungen beſaͤnfftigen/ hergegen iſt
dem Menſchen nichts ſo natuͤrlich/ als daß ſeine
vernuͤnfftige Liebe durch ein tugendhafftes Hertz
erwecket werden ſoll/ und dennoch findet man da-
von kein Beyſpiel unter den unvernuͤnfftigen
Thieren.
63. Wenn ich ferner oben geſagt/ daß aus
der ſtarcken Eindruͤckung aͤuſerlicher Dinge ins
Hertz eine auſſerordentliche Bewegung des
Gebluͤtes erfolge/ ſo iſt dieſes bey allen Affecten
zuſpuͤren/ ja man ſpuͤret auch dergleichen Bewe-
gung in dem Beyſpiel der Affecten bey den Thie-
ren.
64. Dieſe Bewegung des Gebluͤtes/ ob ſie
ſchon jezuweilen von der ſtarcken Eindruͤckung/ die
im Gehirne geſchiehet/ ſcheinet herzukommen;
Z. e. wenn der Blitz einen Menſchen erſchrecket;
Ja obſchon Carteſius alle auſſerordentliche Be-
wegung des Gebluͤts denen durch die Nerven
zer-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/112 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/112>, abgerufen am 16.02.2025. |