Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.Unser Herr Jesum mit einem Schwertstreich, und machte sichum einer Frage willen von ihm los; er grif die Wache an, und nahm die Flucht -- vor einer Magd. O Selbstvermessenheit, wie gränzest du so nah an Selbstverachtung, an Verzweiflung! Laß mich, mein guter Engel, nie bis an diese Gränze gerathen! Verlegner kann ich mir nicht leicht einen Indem Petrus sein Schwert zog, oder, auf sei-
Unſer Herr Jeſum mit einem Schwertſtreich, und machte ſichum einer Frage willen von ihm los; er grif die Wache an, und nahm die Flucht — vor einer Magd. O Selbſtvermeſſenheit, wie gränzeſt du ſo nah an Selbſtverachtung, an Verzweiflung! Laß mich, mein guter Engel, nie bis an dieſe Gränze gerathen! Verlegner kann ich mir nicht leicht einen Indem Petrus ſein Schwert zog, oder, auf ſei-
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Unſer Herr
Jeſum mit einem Schwertſtreich, und machte ſich
um einer Frage willen von ihm los; er grif die
Wache an, und nahm die Flucht — vor einer
Magd. O Selbſtvermeſſenheit, wie gränzeſt du
ſo nah an Selbſtverachtung, an Verzweiflung!
Laß mich, mein guter Engel, nie bis an dieſe
Gränze gerathen!
Verlegner kann ich mir nicht leicht einen
Menſchen denken, als wie den Hannas, indem
Jeſus vor ihm ſtand. Wie ſollte er ihn, wie
ſeine Führer anreden? was durfte er fragen,
was konnte er vornehmen, was mußte er be-
fürchten? Wie wollte er Jeſum zum Reden brin-
gen, wenn er ſchwieg, wie zum Schweigen, wenn
er redete? Ein Richter, der nichts ausrichten
kann, auch was er kann, nicht darf, welch eine
traurige, undankbare Rolle ſpielt der! Auch bei
der Freude, die Hannas darüber gewis ſehr leb-
haft empfand, Jeſum gefangen zu ſehn, konnt
er doch ſeine Verlegenheit nicht ganz unterdrük-
ken, auch in der Nacht ſie nicht ganz verbergen.
Unverrichteter Sache übergab er alſo Jeſum an
den Kaiphas.
Indem Petrus ſein Schwert zog, oder, auf
Jeſu Geheiß, es in die Scheide ſtekte, da, in
eben dem Augenblik drang vielleicht ſchon ein
Schwert durch die, mit bangen Ahndungen er-
füllte, Sele der Maria. Es iſt ſehr merkwür-
dig, und es ſichert auch das die heiligen Ge-
ſchichtſchreiber vor allem Verdacht der Künſtelei,
daß ſie bei Auftritten des öffentlichen Lebens
Jeſu, beſonders bei den lezten, den Anftritten
ſei-
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