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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben
legenheit zu setzen; ich bitte um einige Tage Be-
denkzeit."

Sein Entschluß war, wie man weiß, längst
gefaßt; aber ehe er eine entscheidende Antwort
ertheilte, wollte er doch die Gesinnungen seiner
Mitverwiesenen darüber erforschen. Zwei von
ihnen fragte er deshalb um Rath; zeigte ihnen
die erhaltenen Briefe, und erzählte ihnen die
mit dem Fürsten gehabte Unterredung. Jeder
derselben sprach seinem Charakter gemäß; Cam-
baceres munterte David zur Annahme der Stelle
auf; Sieyes rieth ihm das Gegentheil und sagte:
"Warum wollten Sie, frei, unabhängig, geehrt
und in guten Vermögensumständen, wie Sie
sind, alle diese Vorzüge hier aufgeben?"

Dieser Rath entsprach Davids geheimen
Wünschen und er befolgte ihn. Des andern
Tages ging er zum Gesandten, ihm seinen Ent-
schluß zu melden und sagte ihm: "Jch empfinde
ganz den Werth der mir so ehrenvollen Güte
Jhres Monarchen. Die Beweise derselben ge-
hören zu den angenehmsten Ereignissen meines
Lebens und die Nachwelt wird den König von
Preußen, als Freund der Kunst und Gönner

Leben
legenheit zu ſetzen; ich bitte um einige Tage Be-
denkzeit.“

Sein Entſchluß war, wie man weiß, laͤngſt
gefaßt; aber ehe er eine entſcheidende Antwort
ertheilte, wollte er doch die Geſinnungen ſeiner
Mitverwieſenen daruͤber erforſchen. Zwei von
ihnen fragte er deshalb um Rath; zeigte ihnen
die erhaltenen Briefe, und erzaͤhlte ihnen die
mit dem Fuͤrſten gehabte Unterredung. Jeder
derſelben ſprach ſeinem Charakter gemaͤß; Cam-
baceres munterte David zur Annahme der Stelle
auf; Sieyes rieth ihm das Gegentheil und ſagte:
„Warum wollten Sie, frei, unabhaͤngig, geehrt
und in guten Vermoͤgensumſtaͤnden, wie Sie
ſind, alle dieſe Vorzuͤge hier aufgeben?“

Dieſer Rath entſprach Davids geheimen
Wuͤnſchen und er befolgte ihn. Des andern
Tages ging er zum Geſandten, ihm ſeinen Ent-
ſchluß zu melden und ſagte ihm: „Jch empfinde
ganz den Werth der mir ſo ehrenvollen Guͤte
Jhres Monarchen. Die Beweiſe derſelben ge-
hoͤren zu den angenehmſten Ereigniſſen meines
Lebens und die Nachwelt wird den Koͤnig von
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[154/0168] Leben legenheit zu ſetzen; ich bitte um einige Tage Be- denkzeit.“ Sein Entſchluß war, wie man weiß, laͤngſt gefaßt; aber ehe er eine entſcheidende Antwort ertheilte, wollte er doch die Geſinnungen ſeiner Mitverwieſenen daruͤber erforſchen. Zwei von ihnen fragte er deshalb um Rath; zeigte ihnen die erhaltenen Briefe, und erzaͤhlte ihnen die mit dem Fuͤrſten gehabte Unterredung. Jeder derſelben ſprach ſeinem Charakter gemaͤß; Cam- baceres munterte David zur Annahme der Stelle auf; Sieyes rieth ihm das Gegentheil und ſagte: „Warum wollten Sie, frei, unabhaͤngig, geehrt und in guten Vermoͤgensumſtaͤnden, wie Sie ſind, alle dieſe Vorzuͤge hier aufgeben?“ Dieſer Rath entſprach Davids geheimen Wuͤnſchen und er befolgte ihn. Des andern Tages ging er zum Geſandten, ihm ſeinen Ent- ſchluß zu melden und ſagte ihm: „Jch empfinde ganz den Werth der mir ſo ehrenvollen Guͤte Jhres Monarchen. Die Beweiſe derſelben ge- hoͤren zu den angenehmſten Ereigniſſen meines Lebens und die Nachwelt wird den Koͤnig von Preußen, als Freund der Kunſt und Goͤnner

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/168>, abgerufen am 07.05.2024.