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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Davids.
schmeichelhaft seyn; aber da er seine Schüler
mehr wie seine Kinder betrachtete; rührten ihn
die aufrichtigen und lebhaften Beweise ihrer
Liebe gewiß mehr, als alle Zeichen ihrer Be-
wunderung und Ehrfurcht. Seine muntern und
kraftvollen Antworten schildern Vien treffender,
als alles, was man darüber sagen kann. Der
Bürger Gautherot hielt eine Rede an ihn, wo
er die großen Verdienste, welche er sich um die
Malerei erworben, ihm ins Gedächtniß rief:
"Ja, meine Kinder," erwiederte der Greis, "als
ich diese Kunst ergriff, sah ich, daß sie auf fal-
schem Wege war. Jch sagte: das muß sich
ändern, und es kann gehen; ich habe gekämpft,
Stand gehalten, und es ist auch gegangen."

Der älteste Sohn Davids hatte auf diesen
Gegenstand ganz artige Verse gemacht. Auf
die Reden und Glückwünsche folgte ein italieni-
sches Concert; aber nichts vermochte diesem Feste
mehr Frohsinn und Herzlichkeit zu verleihen, als
das von aller Anmaßung entfernte liebenswür-
dige Benehmen des gefeierten Greises.

Als Napoleon Kaiser wurde und die Krö-
nung stattfinden sollte, trug er David, den er

Davids.
ſchmeichelhaft ſeyn; aber da er ſeine Schuͤler
mehr wie ſeine Kinder betrachtete; ruͤhrten ihn
die aufrichtigen und lebhaften Beweiſe ihrer
Liebe gewiß mehr, als alle Zeichen ihrer Be-
wunderung und Ehrfurcht. Seine muntern und
kraftvollen Antworten ſchildern Vien treffender,
als alles, was man daruͤber ſagen kann. Der
Buͤrger Gautherot hielt eine Rede an ihn, wo
er die großen Verdienſte, welche er ſich um die
Malerei erworben, ihm ins Gedaͤchtniß rief:
„Ja, meine Kinder,“ erwiederte der Greis, „als
ich dieſe Kunſt ergriff, ſah ich, daß ſie auf fal-
ſchem Wege war. Jch ſagte: das muß ſich
aͤndern, und es kann gehen; ich habe gekaͤmpft,
Stand gehalten, und es iſt auch gegangen.“

Der aͤlteſte Sohn Davids hatte auf dieſen
Gegenſtand ganz artige Verſe gemacht. Auf
die Reden und Gluͤckwuͤnſche folgte ein italieni-
ſches Concert; aber nichts vermochte dieſem Feſte
mehr Frohſinn und Herzlichkeit zu verleihen, als
das von aller Anmaßung entfernte liebenswuͤr-
dige Benehmen des gefeierten Greiſes.

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[123/0137] Davids. ſchmeichelhaft ſeyn; aber da er ſeine Schuͤler mehr wie ſeine Kinder betrachtete; ruͤhrten ihn die aufrichtigen und lebhaften Beweiſe ihrer Liebe gewiß mehr, als alle Zeichen ihrer Be- wunderung und Ehrfurcht. Seine muntern und kraftvollen Antworten ſchildern Vien treffender, als alles, was man daruͤber ſagen kann. Der Buͤrger Gautherot hielt eine Rede an ihn, wo er die großen Verdienſte, welche er ſich um die Malerei erworben, ihm ins Gedaͤchtniß rief: „Ja, meine Kinder,“ erwiederte der Greis, „als ich dieſe Kunſt ergriff, ſah ich, daß ſie auf fal- ſchem Wege war. Jch ſagte: das muß ſich aͤndern, und es kann gehen; ich habe gekaͤmpft, Stand gehalten, und es iſt auch gegangen.“ Der aͤlteſte Sohn Davids hatte auf dieſen Gegenſtand ganz artige Verſe gemacht. Auf die Reden und Gluͤckwuͤnſche folgte ein italieni- ſches Concert; aber nichts vermochte dieſem Feſte mehr Frohſinn und Herzlichkeit zu verleihen, als das von aller Anmaßung entfernte liebenswuͤr- dige Benehmen des gefeierten Greiſes. Als Napoleon Kaiſer wurde und die Kroͤ- nung ſtattfinden ſollte, trug er David, den er

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/137>, abgerufen am 27.11.2024.