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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
Schaafe, die bis in ihr 3tes Jahr gelte bleiben, mehr auswachsen und eine stärkere
Constitution erhalten, wahrscheinlich auch länger ausdauern. Wer daher einen gro-
ßen und starken Schlag hervorbringen will, der thut besser, sie bis zum 3ten Jahre
von den Widdern abzuhalten.

Widder werden in der Regel nicht von dem 3ten Jahre zugelassen.

§. 106.

Begattungs-
zeit.
Es ist bei jeder Schaafzucht sehr erwünscht, wenn die Lämmer gleichzeitig
und wenigstens in einem Zeitraume von 4 Wochen fallen, bei den Merinos aber
eine unumgängliche Bedingung. Deshalb hauptsächlich muß die Zahl der Wid-
der in einer Heerde nicht zu klein seyn, und man wird den Zweck am sichersten
erreichen, wenn man auf zwanzig Schaafen einen Widder hält.

Die Begattungszeit wird nach der Zeit, wo man die Lämmer zu haben
wünscht, eingerichtet, da die Trächtigkeit einige Tage über 21 Wochen dauert.

Der Begattungstrieb pflegt sich im siebenten Monde nach dem Lammen zuerst
zu äußern. Einige neuere Beobachter, besonders Pictet, rathen diese erste Brunst
gleich wahrzunehmen, weil man dann nicht nur am sichersten auf das Empfan-
gen rechnen könne, sondern auch stärkere Lämmer von dieser ersten Brunst er-
halten werde. Andere sind entgegengesetzter Meinung, und halten es für rath-
samer, die zweite Brunst, welche sich 3 Wochen nachher einstellt, erst zu be-
nutzen, damit die Mütter um so längere Zeit haben, sich vom Saugen zu erholen.

Durch jenes würde man überhaupt die Lammzeit jährlich um einen Monat
vorrücken, überdem aber würden sich besonders die Widder in der heißen Jahreszeit
dabei zu sehr erhitzen.

Die frühe Lammzeit hat in Rücksicht der stärkeren Lämmer, besonders aber
wenn man den Stamm schnell vermehren und die Jährlinge zu Ende des zwei-
ten Sommers begehen lassen will, unbezweifelte Vorzüge. Aber die nothwen-
dige Bedingung ist dabei reichliches und gutes Winterfutter, um die Mütter,
bis sie zureichende Weide haben, in voller Milch erhalten, dann auch den Läm-
mern selbst das ihrer Größe angemessene Nebenfutter geben zu können. Der be-
sorgliche Mangel dieser Winterfütterung ist wohl die Hauptursache, warum die mei-
sten die spätere Lammzeit im März noch vorziehen, denn die Besorgniß, daß die

Die Schaafzucht.
Schaafe, die bis in ihr 3tes Jahr gelte bleiben, mehr auswachſen und eine ſtaͤrkere
Conſtitution erhalten, wahrſcheinlich auch laͤnger ausdauern. Wer daher einen gro-
ßen und ſtarken Schlag hervorbringen will, der thut beſſer, ſie bis zum 3ten Jahre
von den Widdern abzuhalten.

Widder werden in der Regel nicht von dem 3ten Jahre zugelaſſen.

§. 106.

Begattungs-
zeit.
Es iſt bei jeder Schaafzucht ſehr erwuͤnſcht, wenn die Laͤmmer gleichzeitig
und wenigſtens in einem Zeitraume von 4 Wochen fallen, bei den Merinos aber
eine unumgaͤngliche Bedingung. Deshalb hauptſaͤchlich muß die Zahl der Wid-
der in einer Heerde nicht zu klein ſeyn, und man wird den Zweck am ſicherſten
erreichen, wenn man auf zwanzig Schaafen einen Widder haͤlt.

Die Begattungszeit wird nach der Zeit, wo man die Laͤmmer zu haben
wuͤnſcht, eingerichtet, da die Traͤchtigkeit einige Tage uͤber 21 Wochen dauert.

Der Begattungstrieb pflegt ſich im ſiebenten Monde nach dem Lammen zuerſt
zu aͤußern. Einige neuere Beobachter, beſonders Pictet, rathen dieſe erſte Brunſt
gleich wahrzunehmen, weil man dann nicht nur am ſicherſten auf das Empfan-
gen rechnen koͤnne, ſondern auch ſtaͤrkere Laͤmmer von dieſer erſten Brunſt er-
halten werde. Andere ſind entgegengeſetzter Meinung, und halten es fuͤr rath-
ſamer, die zweite Brunſt, welche ſich 3 Wochen nachher einſtellt, erſt zu be-
nutzen, damit die Muͤtter um ſo laͤngere Zeit haben, ſich vom Saugen zu erholen.

Durch jenes wuͤrde man uͤberhaupt die Lammzeit jaͤhrlich um einen Monat
vorruͤcken, uͤberdem aber wuͤrden ſich beſonders die Widder in der heißen Jahreszeit
dabei zu ſehr erhitzen.

Die fruͤhe Lammzeit hat in Ruͤckſicht der ſtaͤrkeren Laͤmmer, beſonders aber
wenn man den Stamm ſchnell vermehren und die Jaͤhrlinge zu Ende des zwei-
ten Sommers begehen laſſen will, unbezweifelte Vorzuͤge. Aber die nothwen-
dige Bedingung iſt dabei reichliches und gutes Winterfutter, um die Muͤtter,
bis ſie zureichende Weide haben, in voller Milch erhalten, dann auch den Laͤm-
mern ſelbſt das ihrer Groͤße angemeſſene Nebenfutter geben zu koͤnnen. Der be-
ſorgliche Mangel dieſer Winterfuͤtterung iſt wohl die Haupturſache, warum die mei-
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[402/0426] Die Schaafzucht. Schaafe, die bis in ihr 3tes Jahr gelte bleiben, mehr auswachſen und eine ſtaͤrkere Conſtitution erhalten, wahrſcheinlich auch laͤnger ausdauern. Wer daher einen gro- ßen und ſtarken Schlag hervorbringen will, der thut beſſer, ſie bis zum 3ten Jahre von den Widdern abzuhalten. Widder werden in der Regel nicht von dem 3ten Jahre zugelaſſen. §. 106. Es iſt bei jeder Schaafzucht ſehr erwuͤnſcht, wenn die Laͤmmer gleichzeitig und wenigſtens in einem Zeitraume von 4 Wochen fallen, bei den Merinos aber eine unumgaͤngliche Bedingung. Deshalb hauptſaͤchlich muß die Zahl der Wid- der in einer Heerde nicht zu klein ſeyn, und man wird den Zweck am ſicherſten erreichen, wenn man auf zwanzig Schaafen einen Widder haͤlt. Begattungs- zeit. Die Begattungszeit wird nach der Zeit, wo man die Laͤmmer zu haben wuͤnſcht, eingerichtet, da die Traͤchtigkeit einige Tage uͤber 21 Wochen dauert. Der Begattungstrieb pflegt ſich im ſiebenten Monde nach dem Lammen zuerſt zu aͤußern. Einige neuere Beobachter, beſonders Pictet, rathen dieſe erſte Brunſt gleich wahrzunehmen, weil man dann nicht nur am ſicherſten auf das Empfan- gen rechnen koͤnne, ſondern auch ſtaͤrkere Laͤmmer von dieſer erſten Brunſt er- halten werde. Andere ſind entgegengeſetzter Meinung, und halten es fuͤr rath- ſamer, die zweite Brunſt, welche ſich 3 Wochen nachher einſtellt, erſt zu be- nutzen, damit die Muͤtter um ſo laͤngere Zeit haben, ſich vom Saugen zu erholen. Durch jenes wuͤrde man uͤberhaupt die Lammzeit jaͤhrlich um einen Monat vorruͤcken, uͤberdem aber wuͤrden ſich beſonders die Widder in der heißen Jahreszeit dabei zu ſehr erhitzen. Die fruͤhe Lammzeit hat in Ruͤckſicht der ſtaͤrkeren Laͤmmer, beſonders aber wenn man den Stamm ſchnell vermehren und die Jaͤhrlinge zu Ende des zwei- ten Sommers begehen laſſen will, unbezweifelte Vorzuͤge. Aber die nothwen- dige Bedingung iſt dabei reichliches und gutes Winterfutter, um die Muͤtter, bis ſie zureichende Weide haben, in voller Milch erhalten, dann auch den Laͤm- mern ſelbſt das ihrer Groͤße angemeſſene Nebenfutter geben zu koͤnnen. Der be- ſorgliche Mangel dieſer Winterfuͤtterung iſt wohl die Haupturſache, warum die mei- ſten die ſpaͤtere Lammzeit im Maͤrz noch vorziehen, denn die Beſorgniß, daß die

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/426>, abgerufen am 23.11.2024.