Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Die Schaafzucht. berücksichtiget worden, weil von dieser wenig Bocklämmer gehammelt und nur aus-gediente Schaafe geschlachtet werden. Qualität und Quantität der Wolle bleibt zwar immer die Hauptrücksicht, es frägt sich nur, in wiefern jene Eigenschaften damit in einem oder anderen Verhältnisse stehen. Man wird freilich auch leicht darauf verfallen, diese oder jene Form conventionell schön zu finden, ohne daß man ihr eine besondere Nutzbarkeit beimessen konnte. Aber dieß ist dann Sache der Mode, die schnell wechselt. Eine Eigenheit des Merinoschaafs ist es, daß es sich später ausbildet, meh- Uebrigens muß ich auf mein oben erwähntes, erst kürzlich herausgegebenes §. 105. Einige glauben, daß die Schaafe schon im 2ten Jahre ihres Lebens, oderAlter zur Be- Vierter Theil. E e e
Die Schaafzucht. beruͤckſichtiget worden, weil von dieſer wenig Bocklaͤmmer gehammelt und nur aus-gediente Schaafe geſchlachtet werden. Qualitaͤt und Quantitaͤt der Wolle bleibt zwar immer die Hauptruͤckſicht, es fraͤgt ſich nur, in wiefern jene Eigenſchaften damit in einem oder anderen Verhaͤltniſſe ſtehen. Man wird freilich auch leicht darauf verfallen, dieſe oder jene Form conventionell ſchoͤn zu finden, ohne daß man ihr eine beſondere Nutzbarkeit beimeſſen konnte. Aber dieß iſt dann Sache der Mode, die ſchnell wechſelt. Eine Eigenheit des Merinoſchaafs iſt es, daß es ſich ſpaͤter ausbildet, meh- Uebrigens muß ich auf mein oben erwaͤhntes, erſt kuͤrzlich herausgegebenes §. 105. Einige glauben, daß die Schaafe ſchon im 2ten Jahre ihres Lebens, oderAlter zur Be- Vierter Theil. E e e
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Die Schaafzucht.
beruͤckſichtiget worden, weil von dieſer wenig Bocklaͤmmer gehammelt und nur aus-
gediente Schaafe geſchlachtet werden. Qualitaͤt und Quantitaͤt der Wolle bleibt zwar
immer die Hauptruͤckſicht, es fraͤgt ſich nur, in wiefern jene Eigenſchaften damit
in einem oder anderen Verhaͤltniſſe ſtehen. Man wird freilich auch leicht darauf
verfallen, dieſe oder jene Form conventionell ſchoͤn zu finden, ohne daß man ihr
eine beſondere Nutzbarkeit beimeſſen konnte. Aber dieß iſt dann Sache der Mode,
die ſchnell wechſelt.
Eine Eigenheit des Merinoſchaafs iſt es, daß es ſich ſpaͤter ausbildet, meh-
rentheils ſpaͤter mit den Zaͤhnen wechſelt, den Begattungstrieb ſpaͤter aͤußert und
voͤllig auswaͤchſt. Indeſſen kann durch kraͤftige Nahrung eine fruͤhere Ausbildung
bewirkt werden. Dagegen wird dieſes Schaaf auch aͤlter und laͤnger ausdauernd.
Man hat Schaafe, die bis ins 15te Jahr ihre ſaͤmmtlichen Zaͤhne erhalten und ge-
ſunde Laͤmmer gebracht haben. Dieß iſt indeſſen etwas ungewoͤhnliches, bis ins
10te Jahr kann aber das reine Merinoſchaaf ſehr gut erhalten werden. Auch
durch ihr Temperament zeichnen ſich die Merinos aus, ſie ſind traͤge und ſchon als
Laͤmmer weniger munter. Sie ſollen dummer ſeyn, und das ſchließt man haupt-
ſaͤchlich daraus, daß ſich die Muͤtter von fremden Laͤmmern ihre Milch abſaugen
laſſen, wogegen ein Landſchaaf nicht leicht ein anderes als ſein eigenes Lamm zu-
laͤßt. Dieſer Umſtand iſt allerdings nicht gleichguͤltig, weil die ſtaͤrkeren und mun-
teren Laͤmmer den uͤbrigen leicht die Nahrung rauben. Es kommt daher bei die-
ſer Raçe viel darauf an, gleichzeitige und gleich ſtarke Laͤmmer zu haben.
Uebrigens muß ich auf mein oben erwaͤhntes, erſt kuͤrzlich herausgegebenes
Handbuch fuͤr die feinwollige Schaafzucht verweiſen.
§. 105.
Einige glauben, daß die Schaafe ſchon im 2ten Jahre ihres Lebens, oder
wenn ſie 1½ Jahr vollendet haben, ohne Nachtheil beſprungen werden duͤrfen;
andere wollen dieſes erſt im 3ten Jahre zugeſtehen, insbeſondere bei den ſich ſpaͤ-
ter entwickelnden Merinos. Die Mehrheit ſtimmt fuͤr erſteres, und es iſt gewiß,
daß gut genaͤhrte Schaafe mit 2 Jahren ein gutes Lamm bringen und geſund dabei
bleiben. In Spanien ſelbſt geſchiehet es in der Regel. Wer bey uns einen edlen
Stamm ſchnell vermehren oder in der Veredlung ſchnell fortſchreiten will, fuͤr den
iſt es gewiß rathſam. Auf der anderen Seite iſt es aber nicht zu leugnen, daß
Alter zur Be-
gattung.
Vierter Theil. E e e
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