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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Kartoffeln.

Wenn Thauwetter eintritt, so ist es immer rathsam, die Mieten oben et-
was zu öffnen, damit die Dünste ausgehen können.

§. 284.

Ueber die Benutzung der Kartoffeln noch etwas zu sagen, wäre überflüssig.Nahrungs-
kraft.

Nur etwas über das Werthsverhältniß, worin sie ihrer Natur und ihren näh-
renden Theilen nach gegeneinander stehen.

Wenn wir sie unter den Körnern mit dem Rocken vergleichen, so enthal-
ten gute Kartoffeln dem Gewickte nach 24 Prozent nahrhafter Theile, der Rok-
ken 70 Prozent. Wenn 1 Scheffel Rocken 82 Pfd. und 1 Scheffel Kartoffeln
100 Pfd. wiegt, so sind dem Maaße nach 64 2/3 Scheffel Kartoffeln gleich 24 Schfl.
Rocken (vergl. Einhof in den Annalen des Ackerbaues Bd. III. S. 357. Bd. IV.
S. 627.). 2 Scheffel 12 Metzen Kartoffeln wären also ungefähr einem Schef-
fel Rocken gleich zu setzen. Dies müssen aber gute, dichte, mehlige, auf trock-
nem Boden gewachsene Kartoffeln seyn, wie sie Einhof bei der genaueren Untersu-
chung bearbeitete. Denn der Unterschied ist, wie nachmalige Untersuchungen
lehrten, unter den Kartoffeln noch größer als er ihn dort annahm, und den
schlechteren Arten kann man nicht mehr als 20 Prozent nahrhafter Theile zu-
schreiben; so daß von diesen 3 Scheffel einem Scheffel Rocken gleich zu setzen sind.

Die Erfahrung bei der Branntweinbrennerei, wo man nicht die bessere Art
von Kartoffeln zu nehmen pflegt, stimmt hiermit überein. Nach der Aussage
der vorzüglichsten praktischen Brenner, geben 3 1/3 Scheffel Kartoffeln zwar nur
so viel Branntwein als 1 Scheffel Rocken, er ist aber stärker im Gehalt.

Mit dem Heu, bei der Viehfütterung verglichen, giebt jedermann zu, daß
2 Scheffel Kartoffeln 1 Centner Heu überwiegen, und daß man wenigstens 1 Schfl.
Kartoffen 1/2 Centner Heu gleich setzen könne; wobei jedoch ein Theil der Füt-
terung aus Heu oder Stroh bestehen muß, um die Verdauung zu befördern.
Bei den großen Ochsenmastungen, die in meiner Gegend betrieben werden, ist
man vollkommen überzeugt, daß wenn ein Ochse täglich 1/2 Scheffel oder 50 Pfd.
Kartoffeln, und dabei gewöhnlich 5 Pfd. Heu erhält, er eben so stark aufsetze,
als wenn er 35 Pfd. Heu bekommt, und die Viehhändler geben die Ochsen lie-
ber in diese Kartoffeln als in bloße Heufutterung. A priori können wir über das
Verhältniß der Kartoffeln zum Heu nicht so entschieden urtheilen, wie über das

Die Kartoffeln.

Wenn Thauwetter eintritt, ſo iſt es immer rathſam, die Mieten oben et-
was zu oͤffnen, damit die Duͤnſte ausgehen koͤnnen.

§. 284.

Ueber die Benutzung der Kartoffeln noch etwas zu ſagen, waͤre uͤberfluͤſſig.Nahrungs-
kraft.

Nur etwas uͤber das Werthsverhaͤltniß, worin ſie ihrer Natur und ihren naͤh-
renden Theilen nach gegeneinander ſtehen.

Wenn wir ſie unter den Koͤrnern mit dem Rocken vergleichen, ſo enthal-
ten gute Kartoffeln dem Gewickte nach 24 Prozent nahrhafter Theile, der Rok-
ken 70 Prozent. Wenn 1 Scheffel Rocken 82 Pfd. und 1 Scheffel Kartoffeln
100 Pfd. wiegt, ſo ſind dem Maaße nach 64⅔ Scheffel Kartoffeln gleich 24 Schfl.
Rocken (vergl. Einhof in den Annalen des Ackerbaues Bd. III. S. 357. Bd. IV.
S. 627.). 2 Scheffel 12 Metzen Kartoffeln waͤren alſo ungefaͤhr einem Schef-
fel Rocken gleich zu ſetzen. Dies muͤſſen aber gute, dichte, mehlige, auf trock-
nem Boden gewachſene Kartoffeln ſeyn, wie ſie Einhof bei der genaueren Unterſu-
chung bearbeitete. Denn der Unterſchied iſt, wie nachmalige Unterſuchungen
lehrten, unter den Kartoffeln noch groͤßer als er ihn dort annahm, und den
ſchlechteren Arten kann man nicht mehr als 20 Prozent nahrhafter Theile zu-
ſchreiben; ſo daß von dieſen 3 Scheffel einem Scheffel Rocken gleich zu ſetzen ſind.

Die Erfahrung bei der Branntweinbrennerei, wo man nicht die beſſere Art
von Kartoffeln zu nehmen pflegt, ſtimmt hiermit uͤberein. Nach der Ausſage
der vorzuͤglichſten praktiſchen Brenner, geben 3⅓ Scheffel Kartoffeln zwar nur
ſo viel Branntwein als 1 Scheffel Rocken, er iſt aber ſtaͤrker im Gehalt.

Mit dem Heu, bei der Viehfuͤtterung verglichen, giebt jedermann zu, daß
2 Scheffel Kartoffeln 1 Centner Heu uͤberwiegen, und daß man wenigſtens 1 Schfl.
Kartoffen ½ Centner Heu gleich ſetzen koͤnne; wobei jedoch ein Theil der Fuͤt-
terung aus Heu oder Stroh beſtehen muß, um die Verdauung zu befoͤrdern.
Bei den großen Ochſenmaſtungen, die in meiner Gegend betrieben werden, iſt
man vollkommen uͤberzeugt, daß wenn ein Ochſe taͤglich ½ Scheffel oder 50 Pfd.
Kartoffeln, und dabei gewoͤhnlich 5 Pfd. Heu erhaͤlt, er eben ſo ſtark aufſetze,
als wenn er 35 Pfd. Heu bekommt, und die Viehhaͤndler geben die Ochſen lie-
ber in dieſe Kartoffeln als in bloße Heufutterung. A priori koͤnnen wir uͤber das
Verhaͤltniß der Kartoffeln zum Heu nicht ſo entſchieden urtheilen, wie uͤber das

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[221/0245] Die Kartoffeln. Wenn Thauwetter eintritt, ſo iſt es immer rathſam, die Mieten oben et- was zu oͤffnen, damit die Duͤnſte ausgehen koͤnnen. §. 284. Ueber die Benutzung der Kartoffeln noch etwas zu ſagen, waͤre uͤberfluͤſſig. Nur etwas uͤber das Werthsverhaͤltniß, worin ſie ihrer Natur und ihren naͤh- renden Theilen nach gegeneinander ſtehen. Nahrungs- kraft. Wenn wir ſie unter den Koͤrnern mit dem Rocken vergleichen, ſo enthal- ten gute Kartoffeln dem Gewickte nach 24 Prozent nahrhafter Theile, der Rok- ken 70 Prozent. Wenn 1 Scheffel Rocken 82 Pfd. und 1 Scheffel Kartoffeln 100 Pfd. wiegt, ſo ſind dem Maaße nach 64⅔ Scheffel Kartoffeln gleich 24 Schfl. Rocken (vergl. Einhof in den Annalen des Ackerbaues Bd. III. S. 357. Bd. IV. S. 627.). 2 Scheffel 12 Metzen Kartoffeln waͤren alſo ungefaͤhr einem Schef- fel Rocken gleich zu ſetzen. Dies muͤſſen aber gute, dichte, mehlige, auf trock- nem Boden gewachſene Kartoffeln ſeyn, wie ſie Einhof bei der genaueren Unterſu- chung bearbeitete. Denn der Unterſchied iſt, wie nachmalige Unterſuchungen lehrten, unter den Kartoffeln noch groͤßer als er ihn dort annahm, und den ſchlechteren Arten kann man nicht mehr als 20 Prozent nahrhafter Theile zu- ſchreiben; ſo daß von dieſen 3 Scheffel einem Scheffel Rocken gleich zu ſetzen ſind. Die Erfahrung bei der Branntweinbrennerei, wo man nicht die beſſere Art von Kartoffeln zu nehmen pflegt, ſtimmt hiermit uͤberein. Nach der Ausſage der vorzuͤglichſten praktiſchen Brenner, geben 3⅓ Scheffel Kartoffeln zwar nur ſo viel Branntwein als 1 Scheffel Rocken, er iſt aber ſtaͤrker im Gehalt. Mit dem Heu, bei der Viehfuͤtterung verglichen, giebt jedermann zu, daß 2 Scheffel Kartoffeln 1 Centner Heu uͤberwiegen, und daß man wenigſtens 1 Schfl. Kartoffen ½ Centner Heu gleich ſetzen koͤnne; wobei jedoch ein Theil der Fuͤt- terung aus Heu oder Stroh beſtehen muß, um die Verdauung zu befoͤrdern. Bei den großen Ochſenmaſtungen, die in meiner Gegend betrieben werden, iſt man vollkommen uͤberzeugt, daß wenn ein Ochſe taͤglich ½ Scheffel oder 50 Pfd. Kartoffeln, und dabei gewoͤhnlich 5 Pfd. Heu erhaͤlt, er eben ſo ſtark aufſetze, als wenn er 35 Pfd. Heu bekommt, und die Viehhaͤndler geben die Ochſen lie- ber in dieſe Kartoffeln als in bloße Heufutterung. A priori koͤnnen wir uͤber das Verhaͤltniß der Kartoffeln zum Heu nicht ſo entſchieden urtheilen, wie uͤber das

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/245>, abgerufen am 23.11.2024.