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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Beackerung.
wären. Je gleichartiger der Boden gelockert und gepulvert ist, um desto gleich-
mäßiger verbreiten sich dagegen die Pflanzenwurzeln; treiben um so mehrere Haar-
büschel aus, und vermeiden es, mit einander in Berührung zu kommen. Jedes
nahrhafte Partikelchen in der Erde kommt folglich in Berührung mit einer
Wurzelnzaser.

Von der großen Wirkung einer feinen Pulverung der Erdkrume durch die Er-
fahrung überzeugt, haben einige, z. B. Jether Tull, die Fruchtbarmachung des
Bodens ausschließlich hierauf beruhen lassen wollen; deren einseitige Ansicht aber
genugsam widerlegt ist. Es kann zwar ein Acker, der völlig erschöpft scheint, durch
eine sehr sorgfältige Bearbeitung zur Abtragung einer oder der andern Frucht noch
geschickt gemacht werden, zumal wenn er vorhin in diesem Stücke vernachlässiget
worden. Es werden dadurch aber nur die in ihm verschlossenen Nahrungstheile ge-
löset, nicht neue, wenigstens nicht zureichende, erzeugt.

Zu sehr gepulvert und gelockert kann der Boden nie seyn. Jedoch kann er zu
lose werden, d. h. es können Zwischenräume in ihm entstehen, wo seine Partikeln
sich gar nicht mit einander berühren. Diese werden den Pflanzen nachtheilig, und
man findet daher, daß manche Saaten leiden, wenn der beackerte Boden nicht
Zeit gehabt hat, sich wieder zu setzen oder zu sacken, so daß diese hohlen Zwischen-
räume dadurch ausgefüllt sind.

Nach der Verschiedenheit der Bodenarten wird diese vollkommene Pulverung
und Zertrümmerung der verballten Erdklöße leichter oder schwerer bewirkt, und
daher müssen die dazu dienenden Operationen auf dem einen Boden kräftiger und
häufiger, wie auf dem andern wiederholt werden. Zugleich kommt es auf die Na-
tur der Pflanze an, welche man darauf bauen will: die Gerste gedeiht nur auf lok-
kerem und gleichmäßig zerkrümelten Boden; der Hafer wird von dem Widerstande
eines mehr zusammengezogenen Bodens minder aufgehalten, und durchdringt ihn
mit mehrerer Kraft.

Der einmal völlig gepulverte Boden behält unterhalb der Oberfläche meh-
rere Jahre hindurch eine zureichende Lockerheit. Er bindet sich bei einem starken
Thongehalte zwar so, daß er zusammenhängt, jedoch nicht so fest, daß ihn
die Wurzeln nicht durchdringen könnten; weswegen die Pulverung der unteren
Ackerkrume nur erst nach einer Reihe von Jahren wiederholt zu werden
braucht.


Beackerung.
waͤren. Je gleichartiger der Boden gelockert und gepulvert iſt, um deſto gleich-
maͤßiger verbreiten ſich dagegen die Pflanzenwurzeln; treiben um ſo mehrere Haar-
buͤſchel aus, und vermeiden es, mit einander in Beruͤhrung zu kommen. Jedes
nahrhafte Partikelchen in der Erde kommt folglich in Beruͤhrung mit einer
Wurzelnzaſer.

Von der großen Wirkung einer feinen Pulverung der Erdkrume durch die Er-
fahrung uͤberzeugt, haben einige, z. B. Jether Tull, die Fruchtbarmachung des
Bodens ausſchließlich hierauf beruhen laſſen wollen; deren einſeitige Anſicht aber
genugſam widerlegt iſt. Es kann zwar ein Acker, der voͤllig erſchoͤpft ſcheint, durch
eine ſehr ſorgfaͤltige Bearbeitung zur Abtragung einer oder der andern Frucht noch
geſchickt gemacht werden, zumal wenn er vorhin in dieſem Stuͤcke vernachlaͤſſiget
worden. Es werden dadurch aber nur die in ihm verſchloſſenen Nahrungstheile ge-
loͤſet, nicht neue, wenigſtens nicht zureichende, erzeugt.

Zu ſehr gepulvert und gelockert kann der Boden nie ſeyn. Jedoch kann er zu
loſe werden, d. h. es koͤnnen Zwiſchenraͤume in ihm entſtehen, wo ſeine Partikeln
ſich gar nicht mit einander beruͤhren. Dieſe werden den Pflanzen nachtheilig, und
man findet daher, daß manche Saaten leiden, wenn der beackerte Boden nicht
Zeit gehabt hat, ſich wieder zu ſetzen oder zu ſacken, ſo daß dieſe hohlen Zwiſchen-
raͤume dadurch ausgefuͤllt ſind.

Nach der Verſchiedenheit der Bodenarten wird dieſe vollkommene Pulverung
und Zertruͤmmerung der verballten Erdkloͤße leichter oder ſchwerer bewirkt, und
daher muͤſſen die dazu dienenden Operationen auf dem einen Boden kraͤftiger und
haͤufiger, wie auf dem andern wiederholt werden. Zugleich kommt es auf die Na-
tur der Pflanze an, welche man darauf bauen will: die Gerſte gedeiht nur auf lok-
kerem und gleichmaͤßig zerkruͤmelten Boden; der Hafer wird von dem Widerſtande
eines mehr zuſammengezogenen Bodens minder aufgehalten, und durchdringt ihn
mit mehrerer Kraft.

Der einmal voͤllig gepulverte Boden behaͤlt unterhalb der Oberflaͤche meh-
rere Jahre hindurch eine zureichende Lockerheit. Er bindet ſich bei einem ſtarken
Thongehalte zwar ſo, daß er zuſammenhaͤngt, jedoch nicht ſo feſt, daß ihn
die Wurzeln nicht durchdringen koͤnnten; weswegen die Pulverung der unteren
Ackerkrume nur erſt nach einer Reihe von Jahren wiederholt zu werden
braucht.


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[5/0027] Beackerung. waͤren. Je gleichartiger der Boden gelockert und gepulvert iſt, um deſto gleich- maͤßiger verbreiten ſich dagegen die Pflanzenwurzeln; treiben um ſo mehrere Haar- buͤſchel aus, und vermeiden es, mit einander in Beruͤhrung zu kommen. Jedes nahrhafte Partikelchen in der Erde kommt folglich in Beruͤhrung mit einer Wurzelnzaſer. Von der großen Wirkung einer feinen Pulverung der Erdkrume durch die Er- fahrung uͤberzeugt, haben einige, z. B. Jether Tull, die Fruchtbarmachung des Bodens ausſchließlich hierauf beruhen laſſen wollen; deren einſeitige Anſicht aber genugſam widerlegt iſt. Es kann zwar ein Acker, der voͤllig erſchoͤpft ſcheint, durch eine ſehr ſorgfaͤltige Bearbeitung zur Abtragung einer oder der andern Frucht noch geſchickt gemacht werden, zumal wenn er vorhin in dieſem Stuͤcke vernachlaͤſſiget worden. Es werden dadurch aber nur die in ihm verſchloſſenen Nahrungstheile ge- loͤſet, nicht neue, wenigſtens nicht zureichende, erzeugt. Zu ſehr gepulvert und gelockert kann der Boden nie ſeyn. Jedoch kann er zu loſe werden, d. h. es koͤnnen Zwiſchenraͤume in ihm entſtehen, wo ſeine Partikeln ſich gar nicht mit einander beruͤhren. Dieſe werden den Pflanzen nachtheilig, und man findet daher, daß manche Saaten leiden, wenn der beackerte Boden nicht Zeit gehabt hat, ſich wieder zu ſetzen oder zu ſacken, ſo daß dieſe hohlen Zwiſchen- raͤume dadurch ausgefuͤllt ſind. Nach der Verſchiedenheit der Bodenarten wird dieſe vollkommene Pulverung und Zertruͤmmerung der verballten Erdkloͤße leichter oder ſchwerer bewirkt, und daher muͤſſen die dazu dienenden Operationen auf dem einen Boden kraͤftiger und haͤufiger, wie auf dem andern wiederholt werden. Zugleich kommt es auf die Na- tur der Pflanze an, welche man darauf bauen will: die Gerſte gedeiht nur auf lok- kerem und gleichmaͤßig zerkruͤmelten Boden; der Hafer wird von dem Widerſtande eines mehr zuſammengezogenen Bodens minder aufgehalten, und durchdringt ihn mit mehrerer Kraft. Der einmal voͤllig gepulverte Boden behaͤlt unterhalb der Oberflaͤche meh- rere Jahre hindurch eine zureichende Lockerheit. Er bindet ſich bei einem ſtarken Thongehalte zwar ſo, daß er zuſammenhaͤngt, jedoch nicht ſo feſt, daß ihn die Wurzeln nicht durchdringen koͤnnten; weswegen die Pulverung der unteren Ackerkrume nur erſt nach einer Reihe von Jahren wiederholt zu werden braucht.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/27>, abgerufen am 19.04.2024.