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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.

Ein großer Vorzug dieser schmalen Beete ist, bei so fleißigen Ackerbauern und
bei einer so großen ländlichen Population, wie in Belgien, die Erleichterung des
Jätens und Bearbeitens der Früchte. Wo dieses aber nicht statt finden kann, wird
an den Kanten und in den Furchen sich um so mehr Unkraut erzeugen, und die Ernte
verunreinigen. Bei diesen schmalen Beeten scheint mir Tulls Drillmethode
vorzüglich anwendbar, indem er den Saamen in zwei oder drei Reihen auf der Mitte
dieser Beete mit seiner Maschine säete, die Furchen und Kanten aber durch wechsels-
weises Ab- und Anpflügen lockerte und reinigte, und so den ganzen Ackerboden die
atmosphärische Einwirkung um so mehr zuströmen ließ.

Zur Ableitung der Feuchtigkeit bedarf es der vielen Beetfurchen nicht, sondern
man kann folches weit zweckmäßiger durch Wasserfurchen, die nach jeder Richtung
hingezogen werden können, bewirken, wenn anders das Feld eine gehörige Ebnung
und nicht moldenförmige Vertiefungen hat. In dem Falle, wo dem Wasser kein
Gefälle gegeben werden kann, werden die hohen Beete zwar einige, aber doch sehr
unvollständige Hülfe leisten, und nur bei einer mäßigen Feuchtigkeit die Früchte gegen
den nachtheiligen Einfluß derselben schützen.

Ob nicht zuweilen beim Aufthauen des Schnees im Frühjahr von der Sonne
und scharfen Frösten in der Nacht die wahrscheinlich mehr entblößten hohen Beete
weit mehr, wie ein ebenes Feld leiden, wage ich nicht zu bestimmen. Es scheint mir
aber so, indem in solchen Frühjahren, wie z. B. das von 1804 war, gerade die er-
hobenen Mittelrücken der breiten Beete, die sonst den Hauptertrag liefern, auswin-
terten und gar nichts trugen.

Daß die Ernte dabei nicht so leicht von Statten gehen könne, und daß man sie
mit so wenigen Menschen nicht ausführen könne, wie auf ebenen Feldern, hat mei-
nes Erachtens keinen Zweifel. Die gewöhnliche Sense, die so viel beschafft, die
Häuf- oder Hungerharke findet dabei nicht statt. Man bedient sich deshalb,
wo sie eingeführt sind, auch hauptsächlich der Hausense (Hennegausche Sense,
Siget) oder der Sichel, und legt das Getreide in Gelegen, welches aber auf die-
sen hohen Beeten ohne Zweifel mit großer Sorgfalt geschehen muß. Auch in die-
ser Hinsicht ist also eine starke ländliche Bevölkerung erforderlich.


Die Arbeit der Beackerung.

Ein großer Vorzug dieſer ſchmalen Beete iſt, bei ſo fleißigen Ackerbauern und
bei einer ſo großen laͤndlichen Population, wie in Belgien, die Erleichterung des
Jaͤtens und Bearbeitens der Fruͤchte. Wo dieſes aber nicht ſtatt finden kann, wird
an den Kanten und in den Furchen ſich um ſo mehr Unkraut erzeugen, und die Ernte
verunreinigen. Bei dieſen ſchmalen Beeten ſcheint mir Tulls Drillmethode
vorzuͤglich anwendbar, indem er den Saamen in zwei oder drei Reihen auf der Mitte
dieſer Beete mit ſeiner Maſchine ſaͤete, die Furchen und Kanten aber durch wechſels-
weiſes Ab- und Anpfluͤgen lockerte und reinigte, und ſo den ganzen Ackerboden die
atmoſphaͤriſche Einwirkung um ſo mehr zuſtroͤmen ließ.

Zur Ableitung der Feuchtigkeit bedarf es der vielen Beetfurchen nicht, ſondern
man kann folches weit zweckmaͤßiger durch Waſſerfurchen, die nach jeder Richtung
hingezogen werden koͤnnen, bewirken, wenn anders das Feld eine gehoͤrige Ebnung
und nicht moldenfoͤrmige Vertiefungen hat. In dem Falle, wo dem Waſſer kein
Gefaͤlle gegeben werden kann, werden die hohen Beete zwar einige, aber doch ſehr
unvollſtaͤndige Huͤlfe leiſten, und nur bei einer maͤßigen Feuchtigkeit die Fruͤchte gegen
den nachtheiligen Einfluß derſelben ſchuͤtzen.

Ob nicht zuweilen beim Aufthauen des Schnees im Fruͤhjahr von der Sonne
und ſcharfen Froͤſten in der Nacht die wahrſcheinlich mehr entbloͤßten hohen Beete
weit mehr, wie ein ebenes Feld leiden, wage ich nicht zu beſtimmen. Es ſcheint mir
aber ſo, indem in ſolchen Fruͤhjahren, wie z. B. das von 1804 war, gerade die er-
hobenen Mittelruͤcken der breiten Beete, die ſonſt den Hauptertrag liefern, auswin-
terten und gar nichts trugen.

Daß die Ernte dabei nicht ſo leicht von Statten gehen koͤnne, und daß man ſie
mit ſo wenigen Menſchen nicht ausfuͤhren koͤnne, wie auf ebenen Feldern, hat mei-
nes Erachtens keinen Zweifel. Die gewoͤhnliche Senſe, die ſo viel beſchafft, die
Haͤuf- oder Hungerharke findet dabei nicht ſtatt. Man bedient ſich deshalb,
wo ſie eingefuͤhrt ſind, auch hauptſaͤchlich der Hauſenſe (Hennegauſche Senſe,
Siget) oder der Sichel, und legt das Getreide in Gelegen, welches aber auf die-
ſen hohen Beeten ohne Zweifel mit großer Sorgfalt geſchehen muß. Auch in die-
ſer Hinſicht iſt alſo eine ſtarke laͤndliche Bevoͤlkerung erforderlich.


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[79/0101] Die Arbeit der Beackerung. Ein großer Vorzug dieſer ſchmalen Beete iſt, bei ſo fleißigen Ackerbauern und bei einer ſo großen laͤndlichen Population, wie in Belgien, die Erleichterung des Jaͤtens und Bearbeitens der Fruͤchte. Wo dieſes aber nicht ſtatt finden kann, wird an den Kanten und in den Furchen ſich um ſo mehr Unkraut erzeugen, und die Ernte verunreinigen. Bei dieſen ſchmalen Beeten ſcheint mir Tulls Drillmethode vorzuͤglich anwendbar, indem er den Saamen in zwei oder drei Reihen auf der Mitte dieſer Beete mit ſeiner Maſchine ſaͤete, die Furchen und Kanten aber durch wechſels- weiſes Ab- und Anpfluͤgen lockerte und reinigte, und ſo den ganzen Ackerboden die atmoſphaͤriſche Einwirkung um ſo mehr zuſtroͤmen ließ. Zur Ableitung der Feuchtigkeit bedarf es der vielen Beetfurchen nicht, ſondern man kann folches weit zweckmaͤßiger durch Waſſerfurchen, die nach jeder Richtung hingezogen werden koͤnnen, bewirken, wenn anders das Feld eine gehoͤrige Ebnung und nicht moldenfoͤrmige Vertiefungen hat. In dem Falle, wo dem Waſſer kein Gefaͤlle gegeben werden kann, werden die hohen Beete zwar einige, aber doch ſehr unvollſtaͤndige Huͤlfe leiſten, und nur bei einer maͤßigen Feuchtigkeit die Fruͤchte gegen den nachtheiligen Einfluß derſelben ſchuͤtzen. Ob nicht zuweilen beim Aufthauen des Schnees im Fruͤhjahr von der Sonne und ſcharfen Froͤſten in der Nacht die wahrſcheinlich mehr entbloͤßten hohen Beete weit mehr, wie ein ebenes Feld leiden, wage ich nicht zu beſtimmen. Es ſcheint mir aber ſo, indem in ſolchen Fruͤhjahren, wie z. B. das von 1804 war, gerade die er- hobenen Mittelruͤcken der breiten Beete, die ſonſt den Hauptertrag liefern, auswin- terten und gar nichts trugen. Daß die Ernte dabei nicht ſo leicht von Statten gehen koͤnne, und daß man ſie mit ſo wenigen Menſchen nicht ausfuͤhren koͤnne, wie auf ebenen Feldern, hat mei- nes Erachtens keinen Zweifel. Die gewoͤhnliche Senſe, die ſo viel beſchafft, die Haͤuf- oder Hungerharke findet dabei nicht ſtatt. Man bedient ſich deshalb, wo ſie eingefuͤhrt ſind, auch hauptſaͤchlich der Hauſenſe (Hennegauſche Senſe, Siget) oder der Sichel, und legt das Getreide in Gelegen, welches aber auf die- ſen hohen Beeten ohne Zweifel mit großer Sorgfalt geſchehen muß. Auch in die- ſer Hinſicht iſt alſo eine ſtarke laͤndliche Bevoͤlkerung erforderlich.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/101>, abgerufen am 30.04.2024.