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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Stallfutterungssystem.
tem Boden bei dieser Rotation erwarten, und dann doch nur unter der Bedingung,
daß er nur im neunten Jahre wieder auf dieselbe Stelle komme. Die große Miß-
lichkeit seines Gerathens und die Unzulänglichkeit seiner Ernten in Wirthschaften,
denen es an Wiesen fehlt, um das Vieh Winter und Sommer hindurch in gleichmä-
ßiger Futterung zu erhalten, hat sich hier so häufig gezeigt, daß dieses System außer
einigen glücklichen Distrikten keinen Fortgang gewinnen konnte, vielmehr wieder auf-
gegeben werden mußte, und mit demselben dann zugleich die Stallfutterung selbst.
Bei einem zufälligen einjährigen Mißrathen halfen sich industriöse Wirthe durch die
Aussaat von Wicken oder anderem Futtergemenge, durch Abfutterung der Erb-
sen wohl durch. Wenn dieses aber öfterer kam, und nicht vom Zufalle abzu-
hängen, sondern klar genug in der Sache selbst zu liegen schien, so sah man
sich genöthigt, davon abzustehen, wenn gleich manche, die es durchzusetzen sich
zu lange bestrebten, bis zur gänzlichen Verwilderung ihrer Felder dabei verharrten.

§. 393.

Das dritte, unter den bisher versuchten, einzig glückliche System, worauf
bei der Einführung der Stallfutterung mit Sicherheit zu rechnen, ist das des
Fruchtwechsels, wo der Klee jedesmal in stark und tief bearbeitetes Land,
welches noch die volle Kraft des Düngers hat, gebaut wird, und wo mehren-
theils zu demselben Behuf auch andere Futtergewächse ihm im Sommer zu
Hülfe kommen, und wieder andere im Herbste und Winter folgen; so daß das
Vieh durch alle Perioden des Jahres mit einer reichlichen und saftigen Futte-
rung versorgt ist. Wir haben die Gründe, worauf dieses System beruht, oben
ausführlich auseinandergesetzt, und werden das Uebrige, wo von dem Bau
dieser einzelnen Gewächse und von der Futterung des Viehes selbst die Rede
seyn wird, anführen; so daß wir hier nichts weiter darüber zu sagen brauchen.

§. 394.

Deshalb wollen wir hier nur diejenigen Rotationen angeben, welche nach
der verschiedenen Zahl der Schläge zu wählen sind, um mit mindest möglicher
Aufopferung der verkäuflichen Früchte den höchsten Futter- und Düngergewinn
zu verschaffen. Wir setzen dabei einen lehmigen Boden voraus, der mindestens

Erster Theil. B b b

Stallfutterungsſyſtem.
tem Boden bei dieſer Rotation erwarten, und dann doch nur unter der Bedingung,
daß er nur im neunten Jahre wieder auf dieſelbe Stelle komme. Die große Miß-
lichkeit ſeines Gerathens und die Unzulaͤnglichkeit ſeiner Ernten in Wirthſchaften,
denen es an Wieſen fehlt, um das Vieh Winter und Sommer hindurch in gleichmaͤ-
ßiger Futterung zu erhalten, hat ſich hier ſo haͤufig gezeigt, daß dieſes Syſtem außer
einigen gluͤcklichen Diſtrikten keinen Fortgang gewinnen konnte, vielmehr wieder auf-
gegeben werden mußte, und mit demſelben dann zugleich die Stallfutterung ſelbſt.
Bei einem zufaͤlligen einjaͤhrigen Mißrathen halfen ſich induſtrioͤſe Wirthe durch die
Ausſaat von Wicken oder anderem Futtergemenge, durch Abfutterung der Erb-
ſen wohl durch. Wenn dieſes aber oͤfterer kam, und nicht vom Zufalle abzu-
haͤngen, ſondern klar genug in der Sache ſelbſt zu liegen ſchien, ſo ſah man
ſich genoͤthigt, davon abzuſtehen, wenn gleich manche, die es durchzuſetzen ſich
zu lange beſtrebten, bis zur gaͤnzlichen Verwilderung ihrer Felder dabei verharrten.

§. 393.

Das dritte, unter den bisher verſuchten, einzig gluͤckliche Syſtem, worauf
bei der Einfuͤhrung der Stallfutterung mit Sicherheit zu rechnen, iſt das des
Fruchtwechſels, wo der Klee jedesmal in ſtark und tief bearbeitetes Land,
welches noch die volle Kraft des Duͤngers hat, gebaut wird, und wo mehren-
theils zu demſelben Behuf auch andere Futtergewaͤchſe ihm im Sommer zu
Huͤlfe kommen, und wieder andere im Herbſte und Winter folgen; ſo daß das
Vieh durch alle Perioden des Jahres mit einer reichlichen und ſaftigen Futte-
rung verſorgt iſt. Wir haben die Gruͤnde, worauf dieſes Syſtem beruht, oben
ausfuͤhrlich auseinandergeſetzt, und werden das Uebrige, wo von dem Bau
dieſer einzelnen Gewaͤchſe und von der Futterung des Viehes ſelbſt die Rede
ſeyn wird, anfuͤhren; ſo daß wir hier nichts weiter daruͤber zu ſagen brauchen.

§. 394.

Deshalb wollen wir hier nur diejenigen Rotationen angeben, welche nach
der verſchiedenen Zahl der Schlaͤge zu waͤhlen ſind, um mit mindeſt moͤglicher
Aufopferung der verkaͤuflichen Fruͤchte den hoͤchſten Futter- und Duͤngergewinn
zu verſchaffen. Wir ſetzen dabei einen lehmigen Boden voraus, der mindeſtens

Erſter Theil. B b b
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[377/0423] Stallfutterungsſyſtem. tem Boden bei dieſer Rotation erwarten, und dann doch nur unter der Bedingung, daß er nur im neunten Jahre wieder auf dieſelbe Stelle komme. Die große Miß- lichkeit ſeines Gerathens und die Unzulaͤnglichkeit ſeiner Ernten in Wirthſchaften, denen es an Wieſen fehlt, um das Vieh Winter und Sommer hindurch in gleichmaͤ- ßiger Futterung zu erhalten, hat ſich hier ſo haͤufig gezeigt, daß dieſes Syſtem außer einigen gluͤcklichen Diſtrikten keinen Fortgang gewinnen konnte, vielmehr wieder auf- gegeben werden mußte, und mit demſelben dann zugleich die Stallfutterung ſelbſt. Bei einem zufaͤlligen einjaͤhrigen Mißrathen halfen ſich induſtrioͤſe Wirthe durch die Ausſaat von Wicken oder anderem Futtergemenge, durch Abfutterung der Erb- ſen wohl durch. Wenn dieſes aber oͤfterer kam, und nicht vom Zufalle abzu- haͤngen, ſondern klar genug in der Sache ſelbſt zu liegen ſchien, ſo ſah man ſich genoͤthigt, davon abzuſtehen, wenn gleich manche, die es durchzuſetzen ſich zu lange beſtrebten, bis zur gaͤnzlichen Verwilderung ihrer Felder dabei verharrten. §. 393. Das dritte, unter den bisher verſuchten, einzig gluͤckliche Syſtem, worauf bei der Einfuͤhrung der Stallfutterung mit Sicherheit zu rechnen, iſt das des Fruchtwechſels, wo der Klee jedesmal in ſtark und tief bearbeitetes Land, welches noch die volle Kraft des Duͤngers hat, gebaut wird, und wo mehren- theils zu demſelben Behuf auch andere Futtergewaͤchſe ihm im Sommer zu Huͤlfe kommen, und wieder andere im Herbſte und Winter folgen; ſo daß das Vieh durch alle Perioden des Jahres mit einer reichlichen und ſaftigen Futte- rung verſorgt iſt. Wir haben die Gruͤnde, worauf dieſes Syſtem beruht, oben ausfuͤhrlich auseinandergeſetzt, und werden das Uebrige, wo von dem Bau dieſer einzelnen Gewaͤchſe und von der Futterung des Viehes ſelbſt die Rede ſeyn wird, anfuͤhren; ſo daß wir hier nichts weiter daruͤber zu ſagen brauchen. §. 394. Deshalb wollen wir hier nur diejenigen Rotationen angeben, welche nach der verſchiedenen Zahl der Schlaͤge zu waͤhlen ſind, um mit mindeſt moͤglicher Aufopferung der verkaͤuflichen Fruͤchte den hoͤchſten Futter- und Duͤngergewinn zu verſchaffen. Wir ſetzen dabei einen lehmigen Boden voraus, der mindeſtens Erſter Theil. B b b

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/423>, abgerufen am 29.03.2024.