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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
ten Ernten in unserem Klima und in größern mit keinen überflüßigen arbeitenden
Kräften versorgten Wirthschaften nicht so allgemein anwendbar, als manche behaup-
tet haben. Der Bau der Rüben in die Stoppel der Winterung geräth zwar auch bei
uns zuweilen sehr gut, aber ihre Einsaat muß in der geschäftvollen Erntezeit schnell
vollführt werden. Die neuerlichst gerühmte Methode, Möhren im Frühjahre unter
die Winterung zu säen, kenne ich nicht aus der Erfahrung, und finde ihrer auch bei
den Engländern, welche sonst diese doppelten Ernten häufig zu gewinnen suchen, nicht
erwähnt. Wo nach meiner Erfahrung noch ohne Beschwerde eine doppelte Ernte statt
findet, ist auf einem gedrillten und gepferdehackten Bohnen- oder Mais Felde, wo
zwischen den Reihen nach vollendeter Bearbeitung sehr vortheilhaft Rüben gesäet wer-
den können. Das Wickenfeld trägt erst grüne Wicken, und nach denselben ebenfalls
grün abzumähenden Buchweizen, der mehrentheils ganz vortrefflich geräth, oder aber
Wasserrüben, die früh genug gesäet werden können, und die Bearbeitung reichlich
bezahlen. Auch hat man zweimal Wicken zum grünen Abmähen eingesäet.

7) Wenn in längern Rotationen zweimal gedüngt werden soll, so kommt der
zweite Dünger nie zu einer Getreidefrucht, sondern unter eine andere, am besten unter
die grün abzumähenden, weil deren Wuchs nie zu üppig werden kann, theils auch weil
er hier das Unkraut auf eine unschädliche Weise hervortreibt, solches aber nicht zur
Reife kommt. Er wird hier durch schnellen Umbruch der grünen Stoppel mit dem
Boden gemengt und innig vereinigt, und verliert doch seine erste Geilheit, welche die
junge Getreidepflanze zu stark treibt, und vor allem Lagerkorn erzeugt.

8) Es ist keine wesentliche Bedingung, daß die Hälfte des Ackers zur Vieh-
futterung bestimmt werde, wohl aber, wie aus dem Gesagten erhellet, daß nur die
Hälfte eigentliches Getreide trage. Von verkäuflichen Früchten überhaupt kann,
wenn man will, weit mehreres, und zwar, sobald ein hinlänglicher Düngervorrath
gesammelt ist, das einträglichste unter allen gebauet werden. Nur ist es, um zu die-
sem Ueberfluß von Dünger zu gelangen, der hier mit der vollkommenen Bearbeitung
verbunden so erstaunliche Wirkung thut, mehrentheils nöthig, in der ersten Ro-
tation sich mit der Hälfte der verkäuflichen Früchte zu begnügen, um des Fut-
ters vollkommen genug zu bauen.


Der Fruchtwechſel.
ten Ernten in unſerem Klima und in groͤßern mit keinen uͤberfluͤßigen arbeitenden
Kraͤften verſorgten Wirthſchaften nicht ſo allgemein anwendbar, als manche behaup-
tet haben. Der Bau der Ruͤben in die Stoppel der Winterung geraͤth zwar auch bei
uns zuweilen ſehr gut, aber ihre Einſaat muß in der geſchaͤftvollen Erntezeit ſchnell
vollfuͤhrt werden. Die neuerlichſt geruͤhmte Methode, Moͤhren im Fruͤhjahre unter
die Winterung zu ſaͤen, kenne ich nicht aus der Erfahrung, und finde ihrer auch bei
den Englaͤndern, welche ſonſt dieſe doppelten Ernten haͤufig zu gewinnen ſuchen, nicht
erwaͤhnt. Wo nach meiner Erfahrung noch ohne Beſchwerde eine doppelte Ernte ſtatt
findet, iſt auf einem gedrillten und gepferdehackten Bohnen- oder Mais Felde, wo
zwiſchen den Reihen nach vollendeter Bearbeitung ſehr vortheilhaft Ruͤben geſaͤet wer-
den koͤnnen. Das Wickenfeld traͤgt erſt gruͤne Wicken, und nach denſelben ebenfalls
gruͤn abzumaͤhenden Buchweizen, der mehrentheils ganz vortrefflich geraͤth, oder aber
Waſſerruͤben, die fruͤh genug geſaͤet werden koͤnnen, und die Bearbeitung reichlich
bezahlen. Auch hat man zweimal Wicken zum gruͤnen Abmaͤhen eingeſaͤet.

7) Wenn in laͤngern Rotationen zweimal geduͤngt werden ſoll, ſo kommt der
zweite Duͤnger nie zu einer Getreidefrucht, ſondern unter eine andere, am beſten unter
die gruͤn abzumaͤhenden, weil deren Wuchs nie zu uͤppig werden kann, theils auch weil
er hier das Unkraut auf eine unſchaͤdliche Weiſe hervortreibt, ſolches aber nicht zur
Reife kommt. Er wird hier durch ſchnellen Umbruch der gruͤnen Stoppel mit dem
Boden gemengt und innig vereinigt, und verliert doch ſeine erſte Geilheit, welche die
junge Getreidepflanze zu ſtark treibt, und vor allem Lagerkorn erzeugt.

8) Es iſt keine weſentliche Bedingung, daß die Haͤlfte des Ackers zur Vieh-
futterung beſtimmt werde, wohl aber, wie aus dem Geſagten erhellet, daß nur die
Haͤlfte eigentliches Getreide trage. Von verkaͤuflichen Fruͤchten uͤberhaupt kann,
wenn man will, weit mehreres, und zwar, ſobald ein hinlaͤnglicher Duͤngervorrath
geſammelt iſt, das eintraͤglichſte unter allen gebauet werden. Nur iſt es, um zu die-
ſem Ueberfluß von Duͤnger zu gelangen, der hier mit der vollkommenen Bearbeitung
verbunden ſo erſtaunliche Wirkung thut, mehrentheils noͤthig, in der erſten Ro-
tation ſich mit der Haͤlfte der verkaͤuflichen Fruͤchte zu begnuͤgen, um des Fut-
ters vollkommen genug zu bauen.


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[356/0402] Der Fruchtwechſel. ten Ernten in unſerem Klima und in groͤßern mit keinen uͤberfluͤßigen arbeitenden Kraͤften verſorgten Wirthſchaften nicht ſo allgemein anwendbar, als manche behaup- tet haben. Der Bau der Ruͤben in die Stoppel der Winterung geraͤth zwar auch bei uns zuweilen ſehr gut, aber ihre Einſaat muß in der geſchaͤftvollen Erntezeit ſchnell vollfuͤhrt werden. Die neuerlichſt geruͤhmte Methode, Moͤhren im Fruͤhjahre unter die Winterung zu ſaͤen, kenne ich nicht aus der Erfahrung, und finde ihrer auch bei den Englaͤndern, welche ſonſt dieſe doppelten Ernten haͤufig zu gewinnen ſuchen, nicht erwaͤhnt. Wo nach meiner Erfahrung noch ohne Beſchwerde eine doppelte Ernte ſtatt findet, iſt auf einem gedrillten und gepferdehackten Bohnen- oder Mais Felde, wo zwiſchen den Reihen nach vollendeter Bearbeitung ſehr vortheilhaft Ruͤben geſaͤet wer- den koͤnnen. Das Wickenfeld traͤgt erſt gruͤne Wicken, und nach denſelben ebenfalls gruͤn abzumaͤhenden Buchweizen, der mehrentheils ganz vortrefflich geraͤth, oder aber Waſſerruͤben, die fruͤh genug geſaͤet werden koͤnnen, und die Bearbeitung reichlich bezahlen. Auch hat man zweimal Wicken zum gruͤnen Abmaͤhen eingeſaͤet. 7) Wenn in laͤngern Rotationen zweimal geduͤngt werden ſoll, ſo kommt der zweite Duͤnger nie zu einer Getreidefrucht, ſondern unter eine andere, am beſten unter die gruͤn abzumaͤhenden, weil deren Wuchs nie zu uͤppig werden kann, theils auch weil er hier das Unkraut auf eine unſchaͤdliche Weiſe hervortreibt, ſolches aber nicht zur Reife kommt. Er wird hier durch ſchnellen Umbruch der gruͤnen Stoppel mit dem Boden gemengt und innig vereinigt, und verliert doch ſeine erſte Geilheit, welche die junge Getreidepflanze zu ſtark treibt, und vor allem Lagerkorn erzeugt. 8) Es iſt keine weſentliche Bedingung, daß die Haͤlfte des Ackers zur Vieh- futterung beſtimmt werde, wohl aber, wie aus dem Geſagten erhellet, daß nur die Haͤlfte eigentliches Getreide trage. Von verkaͤuflichen Fruͤchten uͤberhaupt kann, wenn man will, weit mehreres, und zwar, ſobald ein hinlaͤnglicher Duͤngervorrath geſammelt iſt, das eintraͤglichſte unter allen gebauet werden. Nur iſt es, um zu die- ſem Ueberfluß von Duͤnger zu gelangen, der hier mit der vollkommenen Bearbeitung verbunden ſo erſtaunliche Wirkung thut, mehrentheils noͤthig, in der erſten Ro- tation ſich mit der Haͤlfte der verkaͤuflichen Fruͤchte zu begnuͤgen, um des Fut- ters vollkommen genug zu bauen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/402>, abgerufen am 29.03.2024.