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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Arbeit des Gespanns.
gewöhnliche Jahre eine oder die andere verkürzen, und man muß dann seine Maaß-
regeln zur Betreibung der Arbeit weise zu wählen wissen. Den Anfang des Früh-
jahres kann man im Durchschnitt in der Mitte des Märzes annehmen, auf kalt-
gründigem, zähem Thonboden und bei einer nördlich abhangenden Lage der Felder
erst zwei oder drei Wochen später, welches einen so beträchtlichen Unterschied macht,
daß schon in dieser Hinsicht, wenn der Boden allgemein dieser Art ist, eine andere
Wirthschaftseinrichtung, als auf wärmerem Boden erforderlich wird. Wo man nur
Hafer und große Gerste säet, schließt der Urbanustag oder der 25ste Mai diese Pe-
riode nach der gewöhnlichen Meinung; wird aber auch kleine Gerste und Buchweizen
gebauet, so dehnt sie sich bis zum 15ten Junius aus. Man muß wohl bemerken,
daß in dieser Periode viele Feiertage zu fallen pflegen. Sie ist die schwierigste unter
allen, und man kann sicher annehmen, daß, wenn in dieser Periode alles gehörig
mit dem Gespann ausgeführt wird, was geschehen soll, man zu andern Zeiten voll-
kommen ausreichen werde. Dazu kommt noch, daß man vom Gespanne in dieser
Zeit keine sehr starke Anstrengung fordern kann, weil die Pferde jetzt häufig zu
drusen pflegen, und die Ochsen in vielen Wirthschaften nicht kraftvoll aus dem Win-
ter kommen. Deshalb ist die Erleichterung und Abkürzung der Arbeiten durch die
erwähnten Werkzeuge in dieser Periode von so vorzüglicher Wichtigkeit. In der
Herbstperiode wird der vorsichtige Landwirth alle Arbeiten, die der eintretende Frost
beendet, möglichst zu beeilen suchen.

Die Winterperiode kann langer oder kürzer seyn, und oft kann man in dersel-
ben im Herbste nicht vollführte Arbeiten nachholen oder dem Frühjahre vorarbeiten.
Die Düngerausfuhr, wozu diese Periode bei ebenen Feldern vorzüglich geeignet ist,
findet jedoch nicht bei allen Wirthschaftseinrichtungen Statt, sondern kann bei den
meisten existirenden nur mitten im Sommer, zum großen Nachtheil anderer Arbei-
ten, betrieben werden.

§. 188.

Allgemeiner
Ueberschlag.
Man pflegt wohl einen ungefähren und mehrentheils zutreffenden Ueberschlag,
wie viel man Gespann brauche, zu machen, wenn man berechnet, oder es auch aus
der Erfahrung abnimmt, wie viel man in der eigentlichen Frühjahrs- oder Herbst-
bestellungszeit gebrauche, um diese Bestellung in 4 Wochen oder 24 Arbeitstagen
ganz und gehörig zu vollenden.

Wenn ein zweispänniger Pflug täglich 2 1/3 Morgen zur Saat pflügt, und vier
Pferde täglich 16 Morgen eggen, so können etwa 90 Morgen mit einem Vierge-
spann in 4 Wochen bestellt werden. Pflügen sie aber wegen des schwerern Bodens

Arbeit des Geſpanns.
gewoͤhnliche Jahre eine oder die andere verkuͤrzen, und man muß dann ſeine Maaß-
regeln zur Betreibung der Arbeit weiſe zu waͤhlen wiſſen. Den Anfang des Fruͤh-
jahres kann man im Durchſchnitt in der Mitte des Maͤrzes annehmen, auf kalt-
gruͤndigem, zaͤhem Thonboden und bei einer noͤrdlich abhangenden Lage der Felder
erſt zwei oder drei Wochen ſpaͤter, welches einen ſo betraͤchtlichen Unterſchied macht,
daß ſchon in dieſer Hinſicht, wenn der Boden allgemein dieſer Art iſt, eine andere
Wirthſchaftseinrichtung, als auf waͤrmerem Boden erforderlich wird. Wo man nur
Hafer und große Gerſte ſaͤet, ſchließt der Urbanustag oder der 25ſte Mai dieſe Pe-
riode nach der gewoͤhnlichen Meinung; wird aber auch kleine Gerſte und Buchweizen
gebauet, ſo dehnt ſie ſich bis zum 15ten Junius aus. Man muß wohl bemerken,
daß in dieſer Periode viele Feiertage zu fallen pflegen. Sie iſt die ſchwierigſte unter
allen, und man kann ſicher annehmen, daß, wenn in dieſer Periode alles gehoͤrig
mit dem Geſpann ausgefuͤhrt wird, was geſchehen ſoll, man zu andern Zeiten voll-
kommen ausreichen werde. Dazu kommt noch, daß man vom Geſpanne in dieſer
Zeit keine ſehr ſtarke Anſtrengung fordern kann, weil die Pferde jetzt haͤufig zu
druſen pflegen, und die Ochſen in vielen Wirthſchaften nicht kraftvoll aus dem Win-
ter kommen. Deshalb iſt die Erleichterung und Abkuͤrzung der Arbeiten durch die
erwaͤhnten Werkzeuge in dieſer Periode von ſo vorzuͤglicher Wichtigkeit. In der
Herbſtperiode wird der vorſichtige Landwirth alle Arbeiten, die der eintretende Froſt
beendet, moͤglichſt zu beeilen ſuchen.

Die Winterperiode kann langer oder kuͤrzer ſeyn, und oft kann man in derſel-
ben im Herbſte nicht vollfuͤhrte Arbeiten nachholen oder dem Fruͤhjahre vorarbeiten.
Die Duͤngerausfuhr, wozu dieſe Periode bei ebenen Feldern vorzuͤglich geeignet iſt,
findet jedoch nicht bei allen Wirthſchaftseinrichtungen Statt, ſondern kann bei den
meiſten exiſtirenden nur mitten im Sommer, zum großen Nachtheil anderer Arbei-
ten, betrieben werden.

§. 188.

Allgemeiner
Ueberſchlag.
Man pflegt wohl einen ungefaͤhren und mehrentheils zutreffenden Ueberſchlag,
wie viel man Geſpann brauche, zu machen, wenn man berechnet, oder es auch aus
der Erfahrung abnimmt, wie viel man in der eigentlichen Fruͤhjahrs- oder Herbſt-
beſtellungszeit gebrauche, um dieſe Beſtellung in 4 Wochen oder 24 Arbeitstagen
ganz und gehoͤrig zu vollenden.

Wenn ein zweiſpaͤnniger Pflug taͤglich 2⅓ Morgen zur Saat pfluͤgt, und vier
Pferde taͤglich 16 Morgen eggen, ſo koͤnnen etwa 90 Morgen mit einem Vierge-
ſpann in 4 Wochen beſtellt werden. Pfluͤgen ſie aber wegen des ſchwerern Bodens

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[140/0170] Arbeit des Geſpanns. gewoͤhnliche Jahre eine oder die andere verkuͤrzen, und man muß dann ſeine Maaß- regeln zur Betreibung der Arbeit weiſe zu waͤhlen wiſſen. Den Anfang des Fruͤh- jahres kann man im Durchſchnitt in der Mitte des Maͤrzes annehmen, auf kalt- gruͤndigem, zaͤhem Thonboden und bei einer noͤrdlich abhangenden Lage der Felder erſt zwei oder drei Wochen ſpaͤter, welches einen ſo betraͤchtlichen Unterſchied macht, daß ſchon in dieſer Hinſicht, wenn der Boden allgemein dieſer Art iſt, eine andere Wirthſchaftseinrichtung, als auf waͤrmerem Boden erforderlich wird. Wo man nur Hafer und große Gerſte ſaͤet, ſchließt der Urbanustag oder der 25ſte Mai dieſe Pe- riode nach der gewoͤhnlichen Meinung; wird aber auch kleine Gerſte und Buchweizen gebauet, ſo dehnt ſie ſich bis zum 15ten Junius aus. Man muß wohl bemerken, daß in dieſer Periode viele Feiertage zu fallen pflegen. Sie iſt die ſchwierigſte unter allen, und man kann ſicher annehmen, daß, wenn in dieſer Periode alles gehoͤrig mit dem Geſpann ausgefuͤhrt wird, was geſchehen ſoll, man zu andern Zeiten voll- kommen ausreichen werde. Dazu kommt noch, daß man vom Geſpanne in dieſer Zeit keine ſehr ſtarke Anſtrengung fordern kann, weil die Pferde jetzt haͤufig zu druſen pflegen, und die Ochſen in vielen Wirthſchaften nicht kraftvoll aus dem Win- ter kommen. Deshalb iſt die Erleichterung und Abkuͤrzung der Arbeiten durch die erwaͤhnten Werkzeuge in dieſer Periode von ſo vorzuͤglicher Wichtigkeit. In der Herbſtperiode wird der vorſichtige Landwirth alle Arbeiten, die der eintretende Froſt beendet, moͤglichſt zu beeilen ſuchen. Die Winterperiode kann langer oder kuͤrzer ſeyn, und oft kann man in derſel- ben im Herbſte nicht vollfuͤhrte Arbeiten nachholen oder dem Fruͤhjahre vorarbeiten. Die Duͤngerausfuhr, wozu dieſe Periode bei ebenen Feldern vorzuͤglich geeignet iſt, findet jedoch nicht bei allen Wirthſchaftseinrichtungen Statt, ſondern kann bei den meiſten exiſtirenden nur mitten im Sommer, zum großen Nachtheil anderer Arbei- ten, betrieben werden. §. 188. Man pflegt wohl einen ungefaͤhren und mehrentheils zutreffenden Ueberſchlag, wie viel man Geſpann brauche, zu machen, wenn man berechnet, oder es auch aus der Erfahrung abnimmt, wie viel man in der eigentlichen Fruͤhjahrs- oder Herbſt- beſtellungszeit gebrauche, um dieſe Beſtellung in 4 Wochen oder 24 Arbeitstagen ganz und gehoͤrig zu vollenden. Allgemeiner Ueberſchlag. Wenn ein zweiſpaͤnniger Pflug taͤglich 2⅓ Morgen zur Saat pfluͤgt, und vier Pferde taͤglich 16 Morgen eggen, ſo koͤnnen etwa 90 Morgen mit einem Vierge- ſpann in 4 Wochen beſtellt werden. Pfluͤgen ſie aber wegen des ſchwerern Bodens

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/170>, abgerufen am 28.03.2024.