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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Arbeit des Gespanns.
eingeführt werden kann, so würde die Sache zwischen Ochsen und Pferden vielleicht
anders zu stehen kommen. Es versteht sich aber, daß die Pferde dabei in derselben
vollen Kraft wie beim Korne bleiben müssen. Denn bei derjenigen schlechten Hal-
tung, welche man den Gras- und Spreupferden mehrentheils angedeihen läßt, stehen
diese Pferde den Ochsen offenbar weit nach, und es ist ein großer Verlust für das all-
gemeine Beste gewesen, daß der Bauer in manchen Gegenden gezwungen war, solche
elende Pferde zu der Frohne, zum Vorspann und zu Kriegesfuhren zu halten.

§. 165.

Wechsel-Och-
sen-Gespann.
Wenn man mit Ochsen dieselbe Tagesarbeit, wie mit Pferden, ohne mehrere
Menschen verrichten will, so muß man die bekannte Einrichtung mit Doppel- oder
Wechselgespannen treffen. Sie besteht darin, daß jeder Ochse nur eine Zeit des Ta-
ges arbeitet, dann aber von einem andern abgelös't wird und ruht. Diese Wechse-
lung geschieht zwei- oder dreimal des Tages. Selten und nur bei elenden Ochsen
wird indessen ein dreifaches Gespann gehalten, sondern wenn dreimal gewechselt wird,
so kommt derselbe Ochse, welcher des Morgens früh angespannt, dann aber abgelös't
war, in der letzten Tagesperiode wieder daran; am folgenden Tage wird er dagegen
nur einmal angespannt.

Ein solches Wechselgespann von vier Ochsen kann bei solchen Arbeiten, die über-
haupt für Ochsen geeignet sind, etwas mehr ausrichten, wie zwei Pferde, wenn an-
ders der Treiber, der nicht gewechselt wird, sondern dem man die Ochsen in der Re-
gel durch den Hirten oder einen Jungen zuführen läßt, die gehörige Ausdauer hat.
Es ist zwar gewiß, daß eine gleiche Anzahl Ochsen, die nicht wechseln, sondern nur
des Mittags eine Pause machen, mehr ausrichten können, als bei dieser Wechselein-
richtung geschieht. Sie müssen jedoch besser genähret und gehalten werden, und wer-
den dennoch auf die Dauer, wenn ihre Arbeit täglich fortgehen soll, zu stark ange-
griffen. So viele Arbeit thun zwei fortarbeitende Ochsen aber auf keinen Fall, wie
vier wechselnde Ochsen, und folglich thut auch ihr Treiber weniger. Man kann das
Verhältniß der Arbeit eines Wechselochsens gegen die eines fortarbeitenden wie 3 zu 4
annehmen. Dieses wird wenigstens zum Theil durch die mehrere Arbeit des Wechsel-
ochsentreibers kompensirt. Auch ist anzunehmen, daß man auf sechs fortarbeitenden
Ochsen einen überzähligen halten müsse. Deshalb findet man sich da, wo man die
Thätigkeit der Wechselgespanne kennt, bewogen, nicht davon abzugehen. Wenn

Arbeit des Geſpanns.
eingefuͤhrt werden kann, ſo wuͤrde die Sache zwiſchen Ochſen und Pferden vielleicht
anders zu ſtehen kommen. Es verſteht ſich aber, daß die Pferde dabei in derſelben
vollen Kraft wie beim Korne bleiben muͤſſen. Denn bei derjenigen ſchlechten Hal-
tung, welche man den Gras- und Spreupferden mehrentheils angedeihen laͤßt, ſtehen
dieſe Pferde den Ochſen offenbar weit nach, und es iſt ein großer Verluſt fuͤr das all-
gemeine Beſte geweſen, daß der Bauer in manchen Gegenden gezwungen war, ſolche
elende Pferde zu der Frohne, zum Vorſpann und zu Kriegesfuhren zu halten.

§. 165.

Wechſel-Och-
ſen-Geſpann.
Wenn man mit Ochſen dieſelbe Tagesarbeit, wie mit Pferden, ohne mehrere
Menſchen verrichten will, ſo muß man die bekannte Einrichtung mit Doppel- oder
Wechſelgeſpannen treffen. Sie beſteht darin, daß jeder Ochſe nur eine Zeit des Ta-
ges arbeitet, dann aber von einem andern abgeloͤſ’t wird und ruht. Dieſe Wechſe-
lung geſchieht zwei- oder dreimal des Tages. Selten und nur bei elenden Ochſen
wird indeſſen ein dreifaches Geſpann gehalten, ſondern wenn dreimal gewechſelt wird,
ſo kommt derſelbe Ochſe, welcher des Morgens fruͤh angeſpannt, dann aber abgeloͤſ’t
war, in der letzten Tagesperiode wieder daran; am folgenden Tage wird er dagegen
nur einmal angeſpannt.

Ein ſolches Wechſelgeſpann von vier Ochſen kann bei ſolchen Arbeiten, die uͤber-
haupt fuͤr Ochſen geeignet ſind, etwas mehr ausrichten, wie zwei Pferde, wenn an-
ders der Treiber, der nicht gewechſelt wird, ſondern dem man die Ochſen in der Re-
gel durch den Hirten oder einen Jungen zufuͤhren laͤßt, die gehoͤrige Ausdauer hat.
Es iſt zwar gewiß, daß eine gleiche Anzahl Ochſen, die nicht wechſeln, ſondern nur
des Mittags eine Pauſe machen, mehr ausrichten koͤnnen, als bei dieſer Wechſelein-
richtung geſchieht. Sie muͤſſen jedoch beſſer genaͤhret und gehalten werden, und wer-
den dennoch auf die Dauer, wenn ihre Arbeit taͤglich fortgehen ſoll, zu ſtark ange-
griffen. So viele Arbeit thun zwei fortarbeitende Ochſen aber auf keinen Fall, wie
vier wechſelnde Ochſen, und folglich thut auch ihr Treiber weniger. Man kann das
Verhaͤltniß der Arbeit eines Wechſelochſens gegen die eines fortarbeitenden wie 3 zu 4
annehmen. Dieſes wird wenigſtens zum Theil durch die mehrere Arbeit des Wechſel-
ochſentreibers kompenſirt. Auch iſt anzunehmen, daß man auf ſechs fortarbeitenden
Ochſen einen uͤberzaͤhligen halten muͤſſe. Deshalb findet man ſich da, wo man die
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[116/0146] Arbeit des Geſpanns. eingefuͤhrt werden kann, ſo wuͤrde die Sache zwiſchen Ochſen und Pferden vielleicht anders zu ſtehen kommen. Es verſteht ſich aber, daß die Pferde dabei in derſelben vollen Kraft wie beim Korne bleiben muͤſſen. Denn bei derjenigen ſchlechten Hal- tung, welche man den Gras- und Spreupferden mehrentheils angedeihen laͤßt, ſtehen dieſe Pferde den Ochſen offenbar weit nach, und es iſt ein großer Verluſt fuͤr das all- gemeine Beſte geweſen, daß der Bauer in manchen Gegenden gezwungen war, ſolche elende Pferde zu der Frohne, zum Vorſpann und zu Kriegesfuhren zu halten. §. 165. Wenn man mit Ochſen dieſelbe Tagesarbeit, wie mit Pferden, ohne mehrere Menſchen verrichten will, ſo muß man die bekannte Einrichtung mit Doppel- oder Wechſelgeſpannen treffen. Sie beſteht darin, daß jeder Ochſe nur eine Zeit des Ta- ges arbeitet, dann aber von einem andern abgeloͤſ’t wird und ruht. Dieſe Wechſe- lung geſchieht zwei- oder dreimal des Tages. Selten und nur bei elenden Ochſen wird indeſſen ein dreifaches Geſpann gehalten, ſondern wenn dreimal gewechſelt wird, ſo kommt derſelbe Ochſe, welcher des Morgens fruͤh angeſpannt, dann aber abgeloͤſ’t war, in der letzten Tagesperiode wieder daran; am folgenden Tage wird er dagegen nur einmal angeſpannt. Wechſel-Och- ſen-Geſpann. Ein ſolches Wechſelgeſpann von vier Ochſen kann bei ſolchen Arbeiten, die uͤber- haupt fuͤr Ochſen geeignet ſind, etwas mehr ausrichten, wie zwei Pferde, wenn an- ders der Treiber, der nicht gewechſelt wird, ſondern dem man die Ochſen in der Re- gel durch den Hirten oder einen Jungen zufuͤhren laͤßt, die gehoͤrige Ausdauer hat. Es iſt zwar gewiß, daß eine gleiche Anzahl Ochſen, die nicht wechſeln, ſondern nur des Mittags eine Pauſe machen, mehr ausrichten koͤnnen, als bei dieſer Wechſelein- richtung geſchieht. Sie muͤſſen jedoch beſſer genaͤhret und gehalten werden, und wer- den dennoch auf die Dauer, wenn ihre Arbeit taͤglich fortgehen ſoll, zu ſtark ange- griffen. So viele Arbeit thun zwei fortarbeitende Ochſen aber auf keinen Fall, wie vier wechſelnde Ochſen, und folglich thut auch ihr Treiber weniger. Man kann das Verhaͤltniß der Arbeit eines Wechſelochſens gegen die eines fortarbeitenden wie 3 zu 4 annehmen. Dieſes wird wenigſtens zum Theil durch die mehrere Arbeit des Wechſel- ochſentreibers kompenſirt. Auch iſt anzunehmen, daß man auf ſechs fortarbeitenden Ochſen einen uͤberzaͤhligen halten muͤſſe. Deshalb findet man ſich da, wo man die Thaͤtigkeit der Wechſelgeſpanne kennt, bewogen, nicht davon abzugehen. Wenn

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/146>, abgerufen am 29.03.2024.