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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Arbeit im Allgemeinen.
diese Witterung da ist. Hier muß man mit jeder Minute geizig seyn. Werden
sie durch eine veränderte Witterung gestört, so ist es gegen die im vorigen §. an-
gegebene Regel, zu einer andern großen Arbeit überzugehen, wenn anders nicht
besondere Gründe und vielleicht die wahrscheinliche lange Dauer der zu jener Ver-
richtung ungünstigen Witterung es rathsam machen. Besser ist es, in solchen
Zwischenzeiten kleine Arbeiten, die immer auch nothwendig sind, vorzunehmen,
deren jede bald zu vollenden ist; weil man sich's zur Regel machen muß, nicht
leicht eine angefangene Arbeit unvollendet zu lassen, welches man bei größeren Ar-
beiten würde thun müssen, wenn für die erste Arbeit die Witterung wieder
günstig würde.

§. 155.

Die auf den abgelegendsten Flächen nöthigen Arbeiten müssen besonders mit
allen Kräften zugleich angegriffen werden, um sie schnell zu vollführen, weil die
Aufsicht dabei schwierig ist, und bei den Wegen viele Zeit verloren geht. Insbe-
sondere ist dies der Fall, wenn ein häufiger Wechsel der Werkzeuge und deren In-
standsetzung dabei nöthig ist. Oeftere Abwechselung der Werkzeuge ist überhaupt
möglichst zu vermeiden, und die mit jedem auszuführende Arbeit nacheinander zu
verrichten: auch um deswillen, weil Menschen und Vieh damit immer geschickter
arbeiten, wenn sie in die Gewohnheit gekommen sind.

§. 156.

Eine nothwendige oder einmal beschlossene Arbeit wird nie vortheilhaft auf-
geschoben, sobald man die dazu nöthigen Kräfte bei einander haben kann, wenn
sie gleich in dem gegenwärtigen Zeitpunkte etwas theurer zu stehen kommen sollte,
als man sie in einem andern zu bestreiten hoffen dürfte. Man denkt oft, es werde
sich noch wohl Zeit finden, sie mit wohlfeilerem Arbeitslohn auszuführen. Allein
eine Ersparung wiegt selten den Nachtheil eines Versäumnisses auf, und was ge-
schehen soll, wird immer je früher desto besser ausgeführt.

Es ist deshalb immer gut, einen Ueberfluß von arbeitenden Kräften zu seiner
Disposition zu haben, und wenn man diesen Ueberfluß auch nicht immer mit so
großem Vortheil wie die nothwendigsten gebrauchen könnte: so wird es doch dem
klugen Landwirthe nicht leicht an Gelegenheit fehlen, sie zu jeder Zeit so zu ge-
brauchen, daß sie sich wenigstens bezahlen. Daß dies jedoch seine Gränzen habe,

Die Arbeit im Allgemeinen.
dieſe Witterung da iſt. Hier muß man mit jeder Minute geizig ſeyn. Werden
ſie durch eine veraͤnderte Witterung geſtoͤrt, ſo iſt es gegen die im vorigen §. an-
gegebene Regel, zu einer andern großen Arbeit uͤberzugehen, wenn anders nicht
beſondere Gruͤnde und vielleicht die wahrſcheinliche lange Dauer der zu jener Ver-
richtung unguͤnſtigen Witterung es rathſam machen. Beſſer iſt es, in ſolchen
Zwiſchenzeiten kleine Arbeiten, die immer auch nothwendig ſind, vorzunehmen,
deren jede bald zu vollenden iſt; weil man ſich’s zur Regel machen muß, nicht
leicht eine angefangene Arbeit unvollendet zu laſſen, welches man bei groͤßeren Ar-
beiten wuͤrde thun muͤſſen, wenn fuͤr die erſte Arbeit die Witterung wieder
guͤnſtig wuͤrde.

§. 155.

Die auf den abgelegendſten Flaͤchen noͤthigen Arbeiten muͤſſen beſonders mit
allen Kraͤften zugleich angegriffen werden, um ſie ſchnell zu vollfuͤhren, weil die
Aufſicht dabei ſchwierig iſt, und bei den Wegen viele Zeit verloren geht. Insbe-
ſondere iſt dies der Fall, wenn ein haͤufiger Wechſel der Werkzeuge und deren In-
ſtandſetzung dabei noͤthig iſt. Oeftere Abwechſelung der Werkzeuge iſt uͤberhaupt
moͤglichſt zu vermeiden, und die mit jedem auszufuͤhrende Arbeit nacheinander zu
verrichten: auch um deswillen, weil Menſchen und Vieh damit immer geſchickter
arbeiten, wenn ſie in die Gewohnheit gekommen ſind.

§. 156.

Eine nothwendige oder einmal beſchloſſene Arbeit wird nie vortheilhaft auf-
geſchoben, ſobald man die dazu noͤthigen Kraͤfte bei einander haben kann, wenn
ſie gleich in dem gegenwaͤrtigen Zeitpunkte etwas theurer zu ſtehen kommen ſollte,
als man ſie in einem andern zu beſtreiten hoffen duͤrfte. Man denkt oft, es werde
ſich noch wohl Zeit finden, ſie mit wohlfeilerem Arbeitslohn auszufuͤhren. Allein
eine Erſparung wiegt ſelten den Nachtheil eines Verſaͤumniſſes auf, und was ge-
ſchehen ſoll, wird immer je fruͤher deſto beſſer ausgefuͤhrt.

Es iſt deshalb immer gut, einen Ueberfluß von arbeitenden Kraͤften zu ſeiner
Dispoſition zu haben, und wenn man dieſen Ueberfluß auch nicht immer mit ſo
großem Vortheil wie die nothwendigſten gebrauchen koͤnnte: ſo wird es doch dem
klugen Landwirthe nicht leicht an Gelegenheit fehlen, ſie zu jeder Zeit ſo zu ge-
brauchen, daß ſie ſich wenigſtens bezahlen. Daß dies jedoch ſeine Graͤnzen habe,

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[109/0139] Die Arbeit im Allgemeinen. dieſe Witterung da iſt. Hier muß man mit jeder Minute geizig ſeyn. Werden ſie durch eine veraͤnderte Witterung geſtoͤrt, ſo iſt es gegen die im vorigen §. an- gegebene Regel, zu einer andern großen Arbeit uͤberzugehen, wenn anders nicht beſondere Gruͤnde und vielleicht die wahrſcheinliche lange Dauer der zu jener Ver- richtung unguͤnſtigen Witterung es rathſam machen. Beſſer iſt es, in ſolchen Zwiſchenzeiten kleine Arbeiten, die immer auch nothwendig ſind, vorzunehmen, deren jede bald zu vollenden iſt; weil man ſich’s zur Regel machen muß, nicht leicht eine angefangene Arbeit unvollendet zu laſſen, welches man bei groͤßeren Ar- beiten wuͤrde thun muͤſſen, wenn fuͤr die erſte Arbeit die Witterung wieder guͤnſtig wuͤrde. §. 155. Die auf den abgelegendſten Flaͤchen noͤthigen Arbeiten muͤſſen beſonders mit allen Kraͤften zugleich angegriffen werden, um ſie ſchnell zu vollfuͤhren, weil die Aufſicht dabei ſchwierig iſt, und bei den Wegen viele Zeit verloren geht. Insbe- ſondere iſt dies der Fall, wenn ein haͤufiger Wechſel der Werkzeuge und deren In- ſtandſetzung dabei noͤthig iſt. Oeftere Abwechſelung der Werkzeuge iſt uͤberhaupt moͤglichſt zu vermeiden, und die mit jedem auszufuͤhrende Arbeit nacheinander zu verrichten: auch um deswillen, weil Menſchen und Vieh damit immer geſchickter arbeiten, wenn ſie in die Gewohnheit gekommen ſind. §. 156. Eine nothwendige oder einmal beſchloſſene Arbeit wird nie vortheilhaft auf- geſchoben, ſobald man die dazu noͤthigen Kraͤfte bei einander haben kann, wenn ſie gleich in dem gegenwaͤrtigen Zeitpunkte etwas theurer zu ſtehen kommen ſollte, als man ſie in einem andern zu beſtreiten hoffen duͤrfte. Man denkt oft, es werde ſich noch wohl Zeit finden, ſie mit wohlfeilerem Arbeitslohn auszufuͤhren. Allein eine Erſparung wiegt ſelten den Nachtheil eines Verſaͤumniſſes auf, und was ge- ſchehen ſoll, wird immer je fruͤher deſto beſſer ausgefuͤhrt. Es iſt deshalb immer gut, einen Ueberfluß von arbeitenden Kraͤften zu ſeiner Dispoſition zu haben, und wenn man dieſen Ueberfluß auch nicht immer mit ſo großem Vortheil wie die nothwendigſten gebrauchen koͤnnte: ſo wird es doch dem klugen Landwirthe nicht leicht an Gelegenheit fehlen, ſie zu jeder Zeit ſo zu ge- brauchen, daß ſie ſich wenigſtens bezahlen. Daß dies jedoch ſeine Graͤnzen habe,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/139>, abgerufen am 28.03.2024.