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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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Lebensweise nur allzusehr, und die völlige Straflosigkeit bei schnell
ausgeführtem Raub verleitet den Beduinen und andere Wüsten-
bewohner geradewegs dazu. Dem einzelnen Verfolger ist der
Räuber an und für sich meist überlegen, und vor Übermacht
schützt ihn die Wüste, deren Pfade und Wasserplätze er am besten
kennt, deren drohende Gefahren aber die verfolgenden Feinde zu-
rückschrecken.

Ackerbau zu treiben, hat der Beduine keine Zeit. Er ist in
beständiger Wanderung begriffen, um immer neue Weiden für sein
Vieh aufzusuchen; dies und die Beaufsichtigung seiner Herden nimmt
ihn vollständig in Anspruch. Deshalb kann bei ihm auch von in-
dustrieller Tätigkeit nicht besonders die Rede sein; sie beschränkt
sich auf die Herstellung des für das Leben Notwendigen und geht
über die Grenzen des eigenen Bedarfs nicht hinaus. Auch die Jagd
wird nicht in dem Umfange betrieben, als man nach der Ärmlichkeit
der Lebensweise und dem Vorhandensein des jagdbaren Wildes an-
nehmen zu müssen glaubt. Wohl veranstaltet mitunter ein ganzer
Stamm Treibjagden auf Gazellen, wohl fängt der Beduine den
räuberischen Leoparden in Fallen oder erlegt ihn mit dem Feuer-
gewehr und mit Hilfe der Hunde, aber ein Jäger von Passion ist
der Araber nicht, und in gewinnsüchtiger Absicht liegt er solcher
Jagd nicht ob. In anschaulicher Weise wird die Lebensweise der
Beduinen durch folgendes Gedicht charakterisiert:

In weiter Ebne hauset der Nomade,
Nichts unterbricht um ihn das tiefe Schweigen
Als der Kamele laut Gebrüll bei Tag,
Bei Nacht der Schakal und der Todesvogel.
Sein Haus ist ein Stück Zeug, wohl ausgespannt
Und mit Gebein befestigt in dem Sand.
Erkrankt er, ist Heilmittel ihm Bewegung;
Will er sich selbst bewirten und die Gäste,
Jagt er vorerst den Strauß und die Gazelle.
Die Gräser, die Gott wachsen läßt im Feld,
Sie dienen seinem Vieh zur kargen Weide.
Bei ihm im Zelte weilt sein treuer Hund,
Der es ihm anzeigt, wenn ein Dieb sich naht.
Er hat sein Weib, des ganzer Schmuck besteht,
Aus Münzen, die zum Halsband sind gereiht,
Gewürznäglein und Perlen der Koralle.
Er kennt nicht andren Wohlgeruch als Teer
Und bisamduftenden Gazellenkot.
Und doch ist glücklich dieser Muselmann,

Lebensweise nur allzusehr, und die völlige Straflosigkeit bei schnell
ausgeführtem Raub verleitet den Beduinen und andere Wüsten-
bewohner geradewegs dazu. Dem einzelnen Verfolger ist der
Räuber an und für sich meist überlegen, und vor Übermacht
schützt ihn die Wüste, deren Pfade und Wasserplätze er am besten
kennt, deren drohende Gefahren aber die verfolgenden Feinde zu-
rückschrecken.

Ackerbau zu treiben, hat der Beduine keine Zeit. Er ist in
beständiger Wanderung begriffen, um immer neue Weiden für sein
Vieh aufzusuchen; dies und die Beaufsichtigung seiner Herden nimmt
ihn vollständig in Anspruch. Deshalb kann bei ihm auch von in-
dustrieller Tätigkeit nicht besonders die Rede sein; sie beschränkt
sich auf die Herstellung des für das Leben Notwendigen und geht
über die Grenzen des eigenen Bedarfs nicht hinaus. Auch die Jagd
wird nicht in dem Umfange betrieben, als man nach der Ärmlichkeit
der Lebensweise und dem Vorhandensein des jagdbaren Wildes an-
nehmen zu müssen glaubt. Wohl veranstaltet mitunter ein ganzer
Stamm Treibjagden auf Gazellen, wohl fängt der Beduine den
räuberischen Leoparden in Fallen oder erlegt ihn mit dem Feuer-
gewehr und mit Hilfe der Hunde, aber ein Jäger von Passion ist
der Araber nicht, und in gewinnsüchtiger Absicht liegt er solcher
Jagd nicht ob. In anschaulicher Weise wird die Lebensweise der
Beduinen durch folgendes Gedicht charakterisiert:

In weiter Ebne hauset der Nomade,
Nichts unterbricht um ihn das tiefe Schweigen
Als der Kamele laut Gebrüll bei Tag,
Bei Nacht der Schakal und der Todesvogel.
Sein Haus ist ein Stück Zeug, wohl ausgespannt
Und mit Gebein befestigt in dem Sand.
Erkrankt er, ist Heilmittel ihm Bewegung;
Will er sich selbst bewirten und die Gäste,
Jagt er vorerst den Strauß und die Gazelle.
Die Gräser, die Gott wachsen läßt im Feld,
Sie dienen seinem Vieh zur kargen Weide.
Bei ihm im Zelte weilt sein treuer Hund,
Der es ihm anzeigt, wenn ein Dieb sich naht.
Er hat sein Weib, des ganzer Schmuck besteht,
Aus Münzen, die zum Halsband sind gereiht,
Gewürznäglein und Perlen der Koralle.
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Und bisamduftenden Gazellenkot.
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[— 34 —/0038] Lebensweise nur allzusehr, und die völlige Straflosigkeit bei schnell ausgeführtem Raub verleitet den Beduinen und andere Wüsten- bewohner geradewegs dazu. Dem einzelnen Verfolger ist der Räuber an und für sich meist überlegen, und vor Übermacht schützt ihn die Wüste, deren Pfade und Wasserplätze er am besten kennt, deren drohende Gefahren aber die verfolgenden Feinde zu- rückschrecken. Ackerbau zu treiben, hat der Beduine keine Zeit. Er ist in beständiger Wanderung begriffen, um immer neue Weiden für sein Vieh aufzusuchen; dies und die Beaufsichtigung seiner Herden nimmt ihn vollständig in Anspruch. Deshalb kann bei ihm auch von in- dustrieller Tätigkeit nicht besonders die Rede sein; sie beschränkt sich auf die Herstellung des für das Leben Notwendigen und geht über die Grenzen des eigenen Bedarfs nicht hinaus. Auch die Jagd wird nicht in dem Umfange betrieben, als man nach der Ärmlichkeit der Lebensweise und dem Vorhandensein des jagdbaren Wildes an- nehmen zu müssen glaubt. Wohl veranstaltet mitunter ein ganzer Stamm Treibjagden auf Gazellen, wohl fängt der Beduine den räuberischen Leoparden in Fallen oder erlegt ihn mit dem Feuer- gewehr und mit Hilfe der Hunde, aber ein Jäger von Passion ist der Araber nicht, und in gewinnsüchtiger Absicht liegt er solcher Jagd nicht ob. In anschaulicher Weise wird die Lebensweise der Beduinen durch folgendes Gedicht charakterisiert: In weiter Ebne hauset der Nomade, Nichts unterbricht um ihn das tiefe Schweigen Als der Kamele laut Gebrüll bei Tag, Bei Nacht der Schakal und der Todesvogel. Sein Haus ist ein Stück Zeug, wohl ausgespannt Und mit Gebein befestigt in dem Sand. Erkrankt er, ist Heilmittel ihm Bewegung; Will er sich selbst bewirten und die Gäste, Jagt er vorerst den Strauß und die Gazelle. Die Gräser, die Gott wachsen läßt im Feld, Sie dienen seinem Vieh zur kargen Weide. Bei ihm im Zelte weilt sein treuer Hund, Der es ihm anzeigt, wenn ein Dieb sich naht. Er hat sein Weib, des ganzer Schmuck besteht, Aus Münzen, die zum Halsband sind gereiht, Gewürznäglein und Perlen der Koralle. Er kennt nicht andren Wohlgeruch als Teer Und bisamduftenden Gazellenkot. Und doch ist glücklich dieser Muselmann,

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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 34 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/38>, abgerufen am 25.11.2024.