Qualität nach von dem verschieden ist, was durch den Einfluß der sie erweckenden Ursache in sie hineingeleget war. Und eben hieran verräth es sich, daß selbst in ihrem Jnnern eine Realität vorhanden ist, die wir Ver- mögen nennen, die ihr nicht gegeben ward und die nun, nachdem die Reizung hinzu gekommen ist, das wahre Princip oder die Quelle ihrer Aktion und ihrer Wirkung ausmacht. Besäße z. B. die Feder keine Elasticität, so würde sie wie ein weicher Thon zwar von einem Druck gebogen werden, aber nicht wieder herauswirken. Die Wirkung des äußern Drucks bringet eine Veränderung ihrer Figur hervor; und mit dieser empfangenen Mo- difikation würde sie widerstehen, und einem andern Kör- per seine Kraft benehmen können, der sie vom neuen um- ändern wollte. Aber sie würde keine bewegende Kraft äußern können, wie sie wirklich thut.
Ziehen wir noch einmal das Allgemeine, das in den angeführten und vielen andern ihnen ähnlichen Beyspie- len enthalten ist, die wir anfangs nur aus der Körper- welt nehmen mögen, vor uns herauf, und vergleichen diese verschiedenen Abstraktionen mit einander, so zeiget sich uns das Wesentliche in der Selbstthätigkeit, und der Grund und das Maß derselben.
Jst es nur Ein Wesen, welches wirket, denn die- sen einfachsten Fall kann man am leichtesten übersehen, und doch in der That aus ihm alles Licht haben, das man gebraucht, so ist seine Aktion eine Folge seiner innern dermaligen Beschaffenheit, seiner thätigen Vermögen und Kräfte. Dieß in ihm vorhandene ma- chet das innere thätige Princip, den innern zurei- chenden Grund von der Aktion aus, in welcher die Kraft hervorgeht und sich äußert. Dieß wirkende We- sen wirket also selbst und allein, und seine Aktion geht also dermalen aus ihm selbst hervor, und ist in so weit eine selbstthätige Handlung.
Ohne
XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
Qualitaͤt nach von dem verſchieden iſt, was durch den Einfluß der ſie erweckenden Urſache in ſie hineingeleget war. Und eben hieran verraͤth es ſich, daß ſelbſt in ihrem Jnnern eine Realitaͤt vorhanden iſt, die wir Ver- moͤgen nennen, die ihr nicht gegeben ward und die nun, nachdem die Reizung hinzu gekommen iſt, das wahre Princip oder die Quelle ihrer Aktion und ihrer Wirkung ausmacht. Beſaͤße z. B. die Feder keine Elaſticitaͤt, ſo wuͤrde ſie wie ein weicher Thon zwar von einem Druck gebogen werden, aber nicht wieder herauswirken. Die Wirkung des aͤußern Drucks bringet eine Veraͤnderung ihrer Figur hervor; und mit dieſer empfangenen Mo- difikation wuͤrde ſie widerſtehen, und einem andern Koͤr- per ſeine Kraft benehmen koͤnnen, der ſie vom neuen um- aͤndern wollte. Aber ſie wuͤrde keine bewegende Kraft aͤußern koͤnnen, wie ſie wirklich thut.
Ziehen wir noch einmal das Allgemeine, das in den angefuͤhrten und vielen andern ihnen aͤhnlichen Beyſpie- len enthalten iſt, die wir anfangs nur aus der Koͤrper- welt nehmen moͤgen, vor uns herauf, und vergleichen dieſe verſchiedenen Abſtraktionen mit einander, ſo zeiget ſich uns das Weſentliche in der Selbſtthaͤtigkeit, und der Grund und das Maß derſelben.
Jſt es nur Ein Weſen, welches wirket, denn die- ſen einfachſten Fall kann man am leichteſten uͤberſehen, und doch in der That aus ihm alles Licht haben, das man gebraucht, ſo iſt ſeine Aktion eine Folge ſeiner innern dermaligen Beſchaffenheit, ſeiner thaͤtigen Vermoͤgen und Kraͤfte. Dieß in ihm vorhandene ma- chet das innere thaͤtige Princip, den innern zurei- chenden Grund von der Aktion aus, in welcher die Kraft hervorgeht und ſich aͤußert. Dieß wirkende We- ſen wirket alſo ſelbſt und allein, und ſeine Aktion geht alſo dermalen aus ihm ſelbſt hervor, und iſt in ſo weit eine ſelbſtthaͤtige Handlung.
Ohne
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XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
Qualitaͤt nach von dem verſchieden iſt, was durch den
Einfluß der ſie erweckenden Urſache in ſie hineingeleget
war. Und eben hieran verraͤth es ſich, daß ſelbſt in
ihrem Jnnern eine Realitaͤt vorhanden iſt, die wir Ver-
moͤgen nennen, die ihr nicht gegeben ward und die nun,
nachdem die Reizung hinzu gekommen iſt, das wahre
Princip oder die Quelle ihrer Aktion und ihrer Wirkung
ausmacht. Beſaͤße z. B. die Feder keine Elaſticitaͤt,
ſo wuͤrde ſie wie ein weicher Thon zwar von einem Druck
gebogen werden, aber nicht wieder herauswirken. Die
Wirkung des aͤußern Drucks bringet eine Veraͤnderung
ihrer Figur hervor; und mit dieſer empfangenen Mo-
difikation wuͤrde ſie widerſtehen, und einem andern Koͤr-
per ſeine Kraft benehmen koͤnnen, der ſie vom neuen um-
aͤndern wollte. Aber ſie wuͤrde keine bewegende Kraft
aͤußern koͤnnen, wie ſie wirklich thut.
Ziehen wir noch einmal das Allgemeine, das in den
angefuͤhrten und vielen andern ihnen aͤhnlichen Beyſpie-
len enthalten iſt, die wir anfangs nur aus der Koͤrper-
welt nehmen moͤgen, vor uns herauf, und vergleichen
dieſe verſchiedenen Abſtraktionen mit einander, ſo zeiget
ſich uns das Weſentliche in der Selbſtthaͤtigkeit, und der
Grund und das Maß derſelben.
Jſt es nur Ein Weſen, welches wirket, denn die-
ſen einfachſten Fall kann man am leichteſten uͤberſehen,
und doch in der That aus ihm alles Licht haben, das
man gebraucht, ſo iſt ſeine Aktion eine Folge ſeiner
innern dermaligen Beſchaffenheit, ſeiner thaͤtigen
Vermoͤgen und Kraͤfte. Dieß in ihm vorhandene ma-
chet das innere thaͤtige Princip, den innern zurei-
chenden Grund von der Aktion aus, in welcher die
Kraft hervorgeht und ſich aͤußert. Dieß wirkende We-
ſen wirket alſo ſelbſt und allein, und ſeine Aktion geht
alſo dermalen aus ihm ſelbſt hervor, und iſt in ſo weit
eine ſelbſtthaͤtige Handlung.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/82>, abgerufen am 22.11.2024.
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